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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Holz und die Mesusa in der Türfassung. Und wer beschützt Euch?
***
    »Seht Ihr dort unten die Burg?« Der Ordensritter zeigte auf einen Felsensporn, der in das Tal ragte, das unter ihnen lag. Ein massiger runder Turm überragte die Burganlage, obenauf flatterte eine Fahne im Morgenwind.
    Rebekka fröstelte beim Anblick der wehrhaften Mauern. »Wie wollt Ihr mit einem Dutzend Männer eine Burg einnehmen?«
    Von der Hardenburg lachte. »Wieso mit einem Dutzend? Drei reichen vollkommen aus: Bohumir, Tadeusz und ich. Pilger auf der Reise.« Er grinste. »Ach ja, und das Banner des Königs. Das ist in diesen Zeiten manchmal so viel wert wie eine ganze Armee. Morgen wird es über Burg Mesenice wehen.«
    »Aber wie …?« Rebekka verstand diese Männerwelt nicht.
    »Wollt Ihr es wirklich wissen? Es trägt nicht dazu dabei, dass Ihr mich besser leiden könnt.«
    Rebekka schaute dem Ordensritter in die Augen.
    »Schon gut, Ihr könnt mich sowieso nicht leiden. Es ist ganz einfach: Der Burgherr ist zwar ein Mörder und Halunke, der im Auftrag des Abtes raubt und tötet, aber er ist ein guter Christ. Also wird er uns Pilgern – und vor allem mir als Ordensritter, der die Weihe abgelegt hat – seine Gastfreundschaft nicht verwehren können. Beim Abendessen in der Halle wird Tadeusz ihm die Kehle durchschneiden, Bohumir und ich töten seine zwei oder drei Leibwächter. Mehr Männer, die ihm bis in den Tod treu ergeben sind, hat er höchstwahrscheinlich nicht. Wir entrollen das Banner des Königs und werfen das Siegel auf den Tisch. Und schon werden die anderen ihr Knie beugen, wenn sie nicht von allen guten Geistern verlassen sind. Tadeusz wird die Verwaltung der Burg übernehmen, bis der König einen neuen Vasallen eingesetzt hat. Abt Remigius wird schäumen vor Wut.« Der Ordensritter grinste bis über beide Ohren.
    »Und die anderen Männer auf der Burg? Die nehmen das einfach so hin?«
    »Sie haben dem König Treue geschworen und werden sich glücklich schätzen, dass sie mit dem Leben davongekommen sind und für ihre Verbrechen nicht einmal bestraft werden. Man muss Gnade im rechten Moment walten lassen. Es wird im ganzen Reich die Runde machen, dass Karl strafen, aber auch verzeihen kann.«
    Rebekka schüttelte fassungslos den Kopf. Warum hatte ihr Rabbi Isaak nichts von diesen Dingen erzählt? Jedes Wort des Ordensritters leuchtete ihr ein. Der Plan war ausgezeichnet, und sie war sicher, dass er aufgehen würde. Wenn aber der König so weise und umsichtig war, warum ließ er es dann zu, dass in seinem Reich die Juden abgeschlachtet wurden? Nicht nur der Ordensritter hatte zwei Gesichter, sondern auch der König. Das erklärte vielleicht, warum Engelbert ein so enger Vertrauter Karls war. Die beiden waren aus dem gleichen Holz geschnitzt.
    »Ihr wartet mit dem Rest der Männer etwa eine Meile von hier in einem sicheren Versteck«, sagte Engelbert. »Sobald das Banner des Königs über Burg Mesenice weht, folgt Ihr uns dorthin. Seht es einmal so: Auf der Burg gibt es heißes Wasser, warmes Essen und ein Bett. So können wir das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Und wenn wir gemütlich am Kamin sitzen, mit einem guten Roten im Becher, überlegen wir uns, wie Ihr ein Kloster voller misstrauischer Nonnen übertölpeln könnt. Glaubt mir: Nonnen sind die einzigen Gegner, die mir wirklich Angst einflößen.« Von der Hardenburg lachte rau und rief seine beiden Begleiter zu sich.
    Er gab einige letzte Anweisungen, dann brachen er, Bohumir und Tadeusz auf. Bevor der Wald sie verschluckte, wandte Bohumir sich noch einmal um und sah Rebekka an.
    Sie lächelte ihm zu und ertappte sich bei dem Wunsch, ihn am nächsten Tag wohlbehalten in der Burg wiederzusehen.
    Bald darauf machte sich der Rest des Zuges auf in das Versteck, von dem der Ordensritter gesprochen hatte. Sie folgten einem Bachlauf bis zu seiner Quelle, die in einer tiefen Schlucht lag. Es war kalt, die Luft roch nach Schnee. Nach einer Weile mussten sie absitzen, so eng schoben sich die Wände der Schlucht zusammen, die der Bach in den Berg gegraben hatte. Rebekka rief sich die Karte ins Gedächtnis, die sie am Vortag heimlich neu aufgezeichnet hatte. Bald musste eine Stelle kommen, die mit einem Dreieck gekennzeichnet war, das Symbol für einen sicheren Ort, wie Engelbert ihr erklärt hatte.
    Immer wenn Rebekka dachte, dass es nicht mehr weitergehen konnte, fanden sie einen Spalt im Fels, durch den sie hindurchschlüpfen konnten. Gegen Mittag öffnete sich nach

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