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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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das passieren?«
    »Ich glaube, sie ist mir beim ersten Angriff aus der Hand gefallen. Vielleicht hat sie ein Windstoß gepackt und in den Wildbach geweht.« Der Ordensritter ließ die Arme fallen. »Ohne Karte sind wir verloren.«
    Bohumir fuhr sich durch das lange blonde Haar. »Wir könnten auf der Landstraße weiterziehen.«
    »Wir können uns auch gleich als lebende Zielscheiben vor eine Horde Bogenschützen platzieren. Wir müssen unentdeckt reisen, und dafür brauchen wir die Karte mit den geheimen Lagerplätzen und Vorratsverstecken.« Von der Hardenburg schlug mit der Faust gegen einen Baum. »Es ist meine Schuld. Ich übernehme die volle Verantwortung.«
    »Das weist Euch als Ehrenmann aus, aber es hilft uns jetzt nicht. Karl wird mich ebenso zur Rechenschaft ziehen. Aber da es Gottes Wille ist, will ich nicht klagen«, sagte Bohumir. Er erhob die Stimme. »Auf, Männer. Wir kehren um!«
    Murrend begaben sich die Männer zu ihren Pferden. Niemand protestierte, doch allen war anzusehen, wie schmachvoll sie es fanden, mit leeren Händen nach Prag zurückzukehren.
    Der Ordensritter ließ den Kopf hängen. »Ich habe schmählich versagt!«
    Noch nie hatte Rebekka Engelbert von der Hardenburg so entmutigt gesehen, so hilflos, so schwach. Mit gedungenen Mördern hatte er es ohne Zögern aufgenommen, beim König ging er ein und aus, aber dieses kleine Stück Pergament brachte seine Pläne zum Scheitern.
    Sie trat neben Engelbert und Bohumir. »Vielleicht kann ich Euch helfen. Schließlich habt Ihr mich nicht nur in der Nacht gewärmt, sondern auch mein Leben mit dem Euren geschützt. Es ist an der Zeit, dass ich einen Teil meiner Schuld abtrage.«
    »Euer Eifer in Ehren. Aber wie wollt Ihr uns helfen?«, fragte Bohumir. »Ihr kennt weder den Böhmerwald noch die unwegsamen Hügel Mährens. Ihr habt keine Ahnung, in welchen Windungen die zahlreichen Flüsse das Land durchziehen, wo sichere Furten die Überquerung ermöglichen. Wo besondere Gefahren lauern, und wo man gefahrlos eine Nacht lagern kann.«
    »Doch, ich weiß all das. Vertraut mir, so wie ich Euch vertraut habe.« Sie schloss die Augen, rief sich die Karte ins Gedächtnis, suchte den Ort, an dem sie jetzt sein mussten. Da! Die Brücke, die die Wegelagerer in ihrer grenzenlosen Dummheit eingerissen hatten. Sie sah die Federstriche deutlich vor sich. Langsam folgte sie dem Verlauf des Baches. Etwa einen halben Tagesritt von hier musste es eine aufgelassene Mühle mit einem angestauten See und einem Mühlbach geben. Dort müsste eine Überquerung möglich sein. »Der Bach macht einen großen Bogen und durcheilt eine enge Schlucht«, sagte sie. »Wir können ihm nicht folgen. Aber einen halben Tagesritt in Richtung der untergehenden Sonne gibt es eine alte Mühle. Dorthin müssen wir reiten.« Sie lächelte Bohumir an. »Und wenn wir dort glücklich den Bach überquert haben, zeichne ich Euch eine neue Karte.«
    »Aber wie …?« Bohumir brach ab, schüttelte ungläubig den Kopf.
    Die Miene des Ordensritters hatte einen seltsamen Ausdruck angenommen. »Ich wusste, dass der Herrgott Euch nicht ohne Grund zu mir geschickt hat, Amalie.« Er rief die Männer zusammen. »Wir kehren nicht um. Wir reiten weiter. Unser aller Herr im Himmel lenkt unsere Schritte.«
    Die Männer schüttelten ungläubig die Köpfe, doch in ihren Augen blitzte Abenteuerlust. Sie ritten lieber weiter, als umzukehren, egal, unter welcher Führung.
    Engelbert von der Hardenburg beugte sich vor. »Ihr verfügt über eine Gabe, die der Herr nur wenigen verleiht, Amalie. Ist es nicht so, mein Kind?«
    Rebekka nickte. »Wenn ich ein Muster sehe, eine Inschrift, ein Bild, was auch immer, so vergesse ich es nie wieder. Es brennt sich in mein Gedächtnis ein wie ein Brandzeichen in das Fell eines Rindes.« Sie sprach so leise, dass nur der Ordensritter und Bohumir sie verstehen konnten.
    »Zu niemandem ein Wort davon«, raunte Engelbert ihr zu. »Eine solche Gabe könnte Begehrlichkeiten wecken.«
***
    Der Stein war warm, schien zu pulsieren. Johann lockerte den Griff um den Lederbeutel, in dem er den in Samt eingeschlagenen Kiesel verwahrte, den er auf das Grab der Juden gelegt hatte. Er hatte ihn sich zurückgeholt, denn er wollte daran glauben, dass Rebekka noch lebte. Erst wenn er absolute Gewissheit hatte, dass sie tot war, wollte er ihn zu der Stelle im Wald zurückbringen.
    Mit dem bangen Gefühl, dass unangenehme Neuigkeiten auf ihn warteten, ritt Johann durch das Spitaltor in die Stadt.

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