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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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also versuchen, durch die Küche zu entkommen. Dort dürfte zu dieser späten Stunde niemand mehr sein, denn um Lampenöl und Talg einzusparen, mussten die Mägde ihre Arbeit vor Sonnenuntergang beenden.
    So lautlos wie möglich schlich Rebekka durch den Gang. Bevor sie das Zwiebelbrett zur Seite schob, horchte sie. In diesem Teil des Klosters war alles still.
    Rasch kletterte sie durch die Öffnung und schob das Brett zurück an seinen Platz. Als sie sich aufrichtete, legte sich eine Hand von hinten über ihren Mund, ein Arm umfasste ihren Oberkörper und hielt sie so fest, dass sie sich nicht mehr rühren konnte. Sie war gefangen.

D ER FALSCHE F REUND
    D EZEMBER 1349/K ISLEW BIS T EVET 5110
    Im Haus des Freundes angekommen, verfasste Johann eilig einen Brief an seinen Vater, dem er den Vertrag mit Stromer beifügte. Der alte Wallhausen würde sich freuen, denn Johann hatte gute Bedingungen ausgehandelt. Das würde ihn besänftigen, wenn er erfuhr, dass Johann nicht nach Rothenburg zurückkehrte, sondern nach Prag weiterreiste. Er wolle sich die neue Universität ansehen, schrieb er, und nach Möglichkeiten suchen, in Handelsbeziehung mit der Reichshauptstadt zu treten. Als er das Schreiben beendet hatte, packte er seine Sachen.
    Sein Gastgeber versuchte, ihn zu überreden, wenigstens noch für eine Nacht zu bleiben, da es sinnlos sei, zu dieser Stunde aufzubrechen, aber Johann schlug alle guten Ratschläge in den Wind. Lieber lieferte er sich dem Erfrierungstod oder einer mordenden Räuberbande aus, als Zeuge einer Wiederholung der schrecklichen Ereignisse von Rothenburg zu werden.
    Johann kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, was er sich zumuten konnte. Er war kein ritterlicher Held, der sich der Gefahr entgegenstellte und die Juden mit dem Schwert vor dem Mob zu schützen versuchte. Er wusste nicht einmal richtig mit einem Schwert umzugehen. Er hatte zwar den Schwertkampf gelernt, doch bisher hatte er sein Können nie unter Beweis stellen müssen. Vermutlich würde er eine lächerliche Figur abgeben, wenn er es versuchte. Doch das war nicht der Grund, warum er floh. Er war ein Feigling, der nicht mit ansehen wollte, was er nicht verhindern konnte.
    Der Freund versprach ihm, dafür zu sorgen, dass sein Vater den Brief erhielt, dann wünschte er ihm alles Gute für die Reise.
    Johann prüfte noch einmal das Sattelzeug, seine Verpflegung und die Hufeisen des Wechselpferdes. Alles war bestens. Er stopfte sich Wachspfropfen in die Ohren, damit er das Geschrei und Wehklagen, das durch die Gassen wehte, nicht mehr hören musste, und ließ sein Pferd antraben.
    Die Straßen waren wie leer gefegt. Johann wusste, wo die Menschen waren und was sie taten, und er hasste sich dafür, dass er nichts dagegen unternahm. Vor den Toren der Stadt loderten bereits die ersten Scheiterhaufen, Funken stoben in den Nachthimmel, die Todesschreie der Mordopfer drangen selbst durch die Wachspfropfen zu ihm durch. Tränen liefen ihm über die Wangen, er begann zu beten, Fürbitten zu sprechen für die armen Seelen. »Herr im Himmel, nimm alle zu dir, die heute sterben müssen, öffne ihnen die Pforte zum Paradies, denn sie sind Märtyrer, und sie sterben, weil es dein Wille ist.«
    So schnell es ging brachte er die Scheiterhaufen hinter sich. Während er in die mondlose Nacht ritt, in der nur der Schnee ihm den Weg leuchtete, schwor er, so bald wie möglich seine Heimat zu verlassen und irgendwo in der Fremde ein neues Leben anzufangen.
***
    Die Erde versank unter Rebekkas Füßen, sie fiel ins Bodenlose. Ihre Gegner hatten sie ergriffen. Sie hatte alles verloren. Sie spürte nicht einmal mehr Trauer oder Wut, nur Müdigkeit und den Wunsch, es möge schnell vorüber sein.
    »Ganz ruhig, Amalie«, flüsterte eine Stimme.
    Bohumir!
    Grenzenlose Erleichterung durchflutete sie.
    Er ließ sie frei, nahm zuerst die Hand von ihrem Mund, dann den Arm von ihrem Oberkörper. Sie drehte sich um, und wirklich, vor ihr stand einer der Leibgardisten des Königs – in der Ordenstracht der Prämonstratenser.
    Ungläubig sah Rebekka ihn an. So viele Fragen wollten auf einmal aus ihrem Mund quellen, dass sie sich vor ihren Lippen verhedderten und sie stumm blieb.
    Bohumir lächelte sie an und hielt einen Finger an die Lippen.
    Aus dem Schatten lösten sich noch drei Männer. Vojtech und zwei weitere Leibgardisten des Königs, ebenfalls in Ordenstracht.
    Rebekka begriff: das Männerkloster, das an das Frauenkloster grenzte! Ihre Beschützer waren die

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