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Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition)

Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition)

Titel: Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ugo Riccarelli
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sich mit Autos, Leuchtreklamen, Restaurants und Läden gefüllt. Die Menschen erschienen und verschwanden in einem steten Kommen und Gehen, dem er nicht mehr folgen konnte. Das Irrenhaus hatte man endlich geschlossen, und der Pianoro war ein Bauernhof geworden, wo man Ferien machen konnte. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass unter den Feriengästen vor allem Deutsche waren, friedliche, freundliche Menschen, Naturfreunde, die die Harmonie dieser Landschaft liebten und nicht die geringste Ahnung von dem hatten, was zwischen diesen schönen Hügeln geschehen war.
    An Cavanis Tod erinnerte sich niemand mehr. Marzi hatte ihn und Marcella, solange er lebte, jedes Jahr auf den Pianoro begleitet, und gemeinsam waren sie die letzten Meter des Kieswegs bis zum Hof gegangen, um dann eine Weile schweigend an der Stelle stehenzubleiben, wo der deutsche Offizier den Professor erschossen hatte. Dann hatte der Tod das alte Faktotum geholt und später auch Marcella, während ihr Sohn in die Welt hinausgegangen war, um sein Glück zu suchen. Auf ihm selbst lasteten die Jahre als ein allzu schweres Gewicht, das er auf seinen unsicheren Beinen nicht mehr allein bis zur Schlucht und darüber hinaus hätte tragen können.
    Also wahrte er Cavanis Andenken, indem er zu Hause blieb und Homer las oder an die Geschichte vom Pianoro zurückdachte, an das Irrenhaus und an seine Verrückten, eingeschlossen wie sie zwischen den Wänden eines Zimmers, das er fast nie mehr verließ. Er begnügte sich damit, die Tage vor dem Fenster verstreichen zu sehen, auf der Piazza, die sich mit immer mehr Dingen und wachsender Konfusion füllte, mit lauten Geräuschen und fortwährender Bewegung wie ein buntes, rasendes Karussell. Alles wurde auf eine Zukunft zugetrieben, die vergessen hatte, was auf diesen Straßen passiert, was einst dort vorübergefahren war, die Bahngleise überquert hatte und bis hinunter zum Pianoro gelangt war.
    Wieder einmal hatte die Zeit ihren Lauf verlangsamt. In seinem Zimmer verstrich sie träge. Wie das Wasser eines Flusses an der Mündung, kurz bevor es sich ins Meer ergießt und stirbt, dachte er und lächelte vor sich hin. Er bewegte sich, indem er reglos dasaß, beschwert von den Erinnerungen, die er nicht verscheuchen konnte, noch immer an Marcella geklammert, an Foscos zum Himmel gerichteten Blick, an die liebevolle Hingabe, mit der der Junge, einem fliegenden Schwarm hinterherrennend, darin verschwunden war wie ein einzelner Vogel.
    Noch immer sah er ihn auf den Wald zulaufen, auf die Hügel von Prati, während er sein »Wiebeiderliebe« schrie, als wäre es ein Jubel- und Schmerzensschrei gleichzeitig, der verrückte Plan eines Verrückten, der versuchte, mit einem einzigen verstümmelten Wort seine Freiheit zu erhaschen.
    Hunderte von Malen hatte er daran gedacht. Hunderte von Malen hatte er Castellucci und das Hinkebein verflucht, weil es ihm verwehrte, Fosco länger zu folgen als jene wenigen Minuten, die er hinter ihm hatte herlaufen können, bis der Junge zwischen den Bäumen verschwand.
    Er hatte noch stundenlang nach ihm gesucht, immer wieder Foscos Namen gerufen, ebenfalls »Wiebeiderliebe« in den Himmel geschrien, als hoffte er, ihn auf diese Weise zu sich zurückzuholen und könnte so den Gedanken verscheuchen, dass er ihn verloren hatte, dass er das sich selbst und dem Andenken Rattazzis gegebene Versprechen gebrochen hatte, den Jungen zu beschützen und zu heilen wie ein guter Arzt.
    Und als ein paar Tage später zusammen mit den Nachrichten vom entscheidenden Durchbruch der Front auch die Partisanen zum Pianoro zurückgekehrt waren und jemand von ihnen den Namen eines Wiebeiderliebe erwähnte, der an der Bahnlinie gekämpft hatte, da war ihm ein Stich durchs Herz gefahren bei der Vorstellung, sein empfindlicher Albatros werde inmitten von Falken, zwischen Gewehren und Explosionen gefangengenommen. Er hatte sich nur beruhigen können, indem er sich ausmalte, dass Fosco, flink wie ein Vogel, zwischen den Schüssen hindurchsausen, hoch über der Furie des Krieges fliegen und auf irgendeine Weise Liebe bringen würde, wie er es Beniamino versprochen hatte, bevor er entwischt war.
    Dann war zwei Tage später Marzi mit dem Lastwagen angekommen, um zu berichten, dass die Stadt von den Amerikanern eingenommen worden sei, und alle waren auf die Pritsche geklettert und hatten die Straße, auf der sie vor einigen Wochen zwischen den Wiesen des Pianoro Zuflucht vor dem Tod gesucht hatten, nun in umgekehrter

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