Die Rettung von Zei
Napoleon! dachte er bei sich. Wenn die wüssten, wer er in Wirklichkeit war …
Als sie sich dem Sunqar näherten, wuchsen die treibenden Terpahla-Stücke zu immer größeren, immer festeren Schollen zusammen, so dass sich schließlich hier und da ein Ruderblatt in ihnen verhedderte und mit Gewalt wieder herausgezerrt werden musste. Durch ein langes messingnes krishnanisches Teleskop sah Barnevelt, dass das Schiff, das vor dem Eingang zu der Fahrrinne Wache hielt, dasselbe war, das ihnen entgegengekommen war. Es hatte seine vorherige Position wieder eingenommen und war gerade dabei, ein an Ketten befestigtes großes Stück Terpahla in die Mündung der Fahrrinne zu ziehen. Inzwischen ruderte ein Langboot die Fahrrinne hinauf, offenbar um den Piratenführern die Nachricht vom Herannahen der Flotte zu überbringen.
Die Sunqaruma verhielten sich defensiv. Barnevelt ließ die Parole durchgeben: »Plan zwei kommt zur Durchführung!«
Mit viel Signalen und Trompetenstößen änderte die Flotte ihre Formation. Zwei Gruppen von Schiffen – durch Verringerung der Rudereinrichtungen in Truppentransporter verwandelte Kriegsgaleeren – zogen sich auf die Flanken zurück, während Barnevelts Junsar das Geschwader aus Majbur geradewegs gegen den Terpahla-Korken führte, der die Fahrrinne in den Sunqar blockierte.
Die Piratengaleere hielt immer noch Wache in der Fahrrinne. Sie war durch ein Gewirr von Ketten und Seilen mit dem Terpahla-Pfropfen verbunden. Hinter ihr tauchten weitere Schiffe in der Rinne auf.
Barnevelt fragte sich, ob die Sunqaruma es noch einmal mit Verhandlungen versuchen würden, doch dann deutete der Kapitän der Junsar auf die braune Kriegsflagge, die träge am Hauptmasttopp der Piratengaleere flatterte.
»Da habt Ihr die Antwort, Herr«, sagte er.
Im nächsten Moment donnerte ein Katapult. Bleikugel und gefiederte Speere flogen im Bogen über das Wasser. Als die Junsar noch näher herankam, flogen die ersten Bogenpfeile und Armbrustbolzen. Entsprechend den Anweisungen des Kapitäns der Junsar errichteten ein paar Männer der Besatzung ein Bollwerk aus Schilden um den Bug, damit Barnevelt und die anderen aus gesicherter Stellung beobachten konnten.
»Sollen wir das Feuer erwidern?« fragte der Kapitän.
»Nicht, solange sie so freundlich sind und uns das Taxieren der Schussweite abnehmen«, antwortete Barnevelt.
Er schwenkte sein Teleskop und versuchte auszumachen, ob die Geschwader den Plan befolgten. Doch bei dem Dunst, den der heiße Wind mitgebracht hatte, sah er genauso viel oder genauso wenig, wie wenn er mit bloßem Auge geschaut hätte.
Ein Geschoß plumpste genau zwischen der Junsar und ihrer Nachbarin auf der Steuerbordseite ins Wasser. »Jetzt!« rief Barnevelt, und mit lautem Getöse gingen die Bugkatapulte des Majbur-Geschwaders los.
Barnevelt kannte jenes frustrierende Gefühl, das einen Oberbefehlshaber überkommt, sobald er den letzten Befehl, mit dessen präziser Durchführung er rechnen kann, gleich zu Beginn des Kampfes gegeben hat. Man will in letzter Minute noch hier und da Verbesserungen am Plan vornehmen, aber dann ist es schon zu spät, und der weitere Verlauf der Schlacht hängt weitgehend vom Geschick und von der Moral der kämpfenden Truppe ab.
Geschosse prasselten jetzt mit hohlem Dröhnen gegen das Schilderbollwerk. Achtern verkündeten lautes Krachen und Schreie, dass das Feuer der Verteidiger seinen Weg ins Ziel gefunden hatte.
Als Barnevelt vorsichtig über die Brustwehr aus Schilden spähte, sah er, dass ihn nur noch der Stopfen aus Terpahla und ein paar Meter freies Wasser von der Galeere trennten, die den Zugang bewachte. Die Galeere feuerte mit ungeheurer Schnelligkeit. Die Geschosse jagten ihm mit nie nachlassendem Zischen und Pfeifen über den Kopf hinweg. Vier weitere Galeeren aus dem Majbur-Geschwader waren vor dem Stopfen in Stellung gegangen und erwiderten das Feuer, obwohl sie, bedingt durch ihre Lage, nur ihre vorderen Katapulte einsetzen konnten und auf dem Vorderschiff zu wenig Raum für den Einsatz von Bogenschützen hatten.
Vom Bug der angreifenden Schiffe kletterten jetzt mit Haken und Rechen bewaffnete Männer auf die Rammsporne hinunter. Sie schlugen ihre Werkzeuge in die Terpahla-Masse und zerrten dicke Stränge von schleimigem goldbraunen Zeug aus dem Pfropfen heraus und reichten sie an ihre Kameraden oben weiter. Ihre Bemühungen hatten das Ziel, den Pfropfen so weit aufzulockern, dass man ihn schließlich mit vereinten Kräften herausziehen
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