Die Rettung
sie es so will.«
»Sie hat dich vor fünf Jahren auch schon geliebt.«
Er seufzte. »Da gab es noch Cait. Außerdem kannte mich Sarah vor fünf Jahren kaum. Jetzt kennt sie mich, und zwar viel genauer, als Cait mich vor unserer Hochzeit kannte. Sarah kennt mich, und sie liebt mich trotzdem. Meine Kinder brauchen eine Mutter, ihre einen Vater. Sie braucht einen Mann und ich eine Frau. Sie liebt mich, und Gott ist mein Zeuge, dass ich ihre Liebe erwidere. Ich wäre ein Narr, wenn ich es nicht täte.«
Daraufhin herrschte eine Weile Schweigen, und Dylan schloss die Augen, um endlich Schlaf zu finden. Doch da bemerkte Sinann: »Dir ist doch hoffentlich klar, dass du sie möglicherweise nicht unversehrt wiederfindest, mein Freund.« Die Betonung, die sie auf das Wort >unversehrt< legte, verriet Dylan, was sie damit meinte.
»Aye«, flüsterte er. Er hätte gerne behauptet, das spiele keine Rolle, aber das stimmte nicht. Es spielte sogar eine sehr große Rolle, und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Selbst wenn es ihm selbst nicht so viel ausmachte, würde Sarah vermutlich denken, er wolle keine >versehrte< Frau heiraten. Zwischen ihnen gab es ohnehin schon so viele Schwierigkeiten; wenn Sarah jetzt auch noch vergewaltigt worden sein sollte, konnten sie all diese Missverständnisse vielleicht nie mehr ausräumen.
»Würdest du sie trotzdem heiraten?«
»Aye. Wenn sie mich nimmt.«
»Und wenn sie nächstes Jahr im März ein Kind zur Welt bringt?«
Daran wollte Dylan lieber nicht denken. »Warten wir erst einmal ab.« Wenn er ganz ehrlich war, musste er sich insgeheim zugeben, dass er wünschte, sie wäre bei ihrer Entführung bereits schwanger gewesen. Aber damit war die entsetzliche Vorstellung verbunden, sie könne sich schon auf der Spirit befinden und während der Überfahrt nach Singapur ein Kind bekommen. Dieser creach musste unbedingt gelingen, dann erst hatte er Grund, sich irgendwelche Hoffnungen zu machen.
Dylan kannte den alten Robertson-Hof gut; während er für Rob Roy gearbeitet hatte, war er oft gezwungen gewesen, sich auf der Flucht vor den Beamten der Krone in den umliegenden Wäldern zu verstecken. In dem riesigen Gebäude, das dem benachbarten Herrenhaus als Scheune und Lagerhaus diente, hatte er sich allerdings noch nie aufgehalten, genauso wenig wie in dem Herrenhaus selbst, aber das Waldgebiet kannte er wie seine Westentasche. Rob hatte dort oft gestohlenes Vieh vorübergehend in Sicherheit gebracht. Wenn das Land Bedford gehörte, war dieser Umstand ein gut gehütetes Geheimnis, von dem noch nicht einmal seine Geschäftspartner etwas wussten. Dylan erschauerte bei dem Gedanken, wie groß während seiner Zeit als Outlaw die Gefahr gewesen war, ausgerechnet von Bedford entdeckt zu werden.
Die zwanzig Mathesons schlichen vom Wald her auf das Gebäude zu. Dylan kletterte auf einen Felsbrocken unter einer mächtigen Eiche, um sich einen Überblick zu verschaffen. Er spähte durch die Zweige und beobachtete aufmerksam, wer tagsüber die Scheune betrat und verließ. Robin hatte mit ein paar Männern auf der anderen Seite Position bezogen und behielt das Herrenhaus im Auge.
Zu Dylans großer Freude waren die großen Pferche außerhalb der Scheune voller Rinder. Wenn er die Herde genauer inspizierte, würde sich vermutlich herausstellen, dass es sich um eben jene Tiere handelte, die vor zwei Wochen in Glen Ciorram gestohlen worden waren. Und wenn nicht, würde er sie trotzdem mitnehmen, um den Verlust auszugleichen, den der Clan erlitten hatte. Im Geiste begann er schon die Route zu planen, auf der er die Herde nach Ciorram zurücktreiben wollte.
Das Gebäude wurde von zahlreichen mit Musketen und Schwertern bewaffneten Männern bewacht. Sinann flatterte davon, tun sie zu zählen, und erstattete Dylan dann Bericht. »Ich schätze, es sind mehr als dreißig Bewaffnete dort.«
Dylan sog ärgerlich die Luft durch die Zähne. »Verdammt.« Die zwanzig Mathesons waren deutlich in der Minderzahl und zudem schlechter ausgerüstet; nur drei Männer besaßen Musketen, der Rest war mit Schwertern und Dolchen bewaffnet. »Sinann, du musst jetzt so viele Knöpfe durch die Luft fliegen lassen, wie es eben geht.«
Kichernd versprach die Fee, ihr Bestes zu tun.
»Hast du Sarah gefunden?«
Sinann nickte. »Sie wird mit ungefähr einem Dutzend anderer Frauen und ein paar Kindern in einem vergitterten Raum über den Speichern festgehalten. Zum Obergeschoss führen zwei Wege; eine Treppe und eine
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