Die Rettung
betraf, so war sie noch unschlüssig. Sie waren weder sonderlich geschmackvoll noch gut gepflegt, und die Federn des Sofas knarrten schauderhaft, aber sie brachte es nicht fertig, das ganze Apartment neu einzurichten. Eines nach dem anderen, dachte sie.
Der Hausputz erwies sich als anstrengender und zeitraubender, als sie gedacht hatte. Zuerst rückte Barri dem Schmutz mit Glasrein, Möbelpolitur und Staubtüchern zu Leibe, hinterließ dabei aber nur schwarze Schlieren auf allen Flächen. Schließlich füllte sie einen Eimer mit warmem Seifenwasser, wusch die Möbel gründlich ab und putzte die Fenster mit Unmengen von Zeitungspapier. Ein stechender Geruch nach Reinigungsmitteln erfüllte das Apartment. Immer wieder musste sie den Gedanken verdrängen, dass sie gerade den letzten Rest von Dylan beseitigte. Also konzentrierte sie sich auf die Geräusche unten im Studio, wo Ronnie Aufwärmübungen absolvierte, bevor seine Schüler eintrafen.
Plötzlich drang Codys Stimme von unten an ihr Ohr. »Mrs. Matheson?«
»Komm nur herauf, Cody«, erwiderte Barri, ohne mit dem Putzen innezuhalten.
Das Mädchen stieg schwerfällig die Stufen zum Balkon hoch; dabei hielt sie ihren Bauch mit beiden Händen fest umklammert. Barri ahnte, wie ihr zumute war, sie erinnerte sich noch allzu gut an ihre eigene Schwangerschaft. Codys riesige Handtasche baumelte an ihrem Ellbogen und schlug ihr bei jedem Schritt gegen die Knie. Sie war vor Anstrengung ganz außer Atem geraten.
Barri erhob sich. »Komm, setz dich erst mal. Ich hätte herunterkommen sollen, statt zuzusehen, wie du dich die Treppe hochquälst.«
»Nein, nein«, winkte Cody ab. »Ronnie ist unten; in einer Viertelstunde fängt er mit dem Unterricht an, da wären wir nur im Weg. Ich setze mich lieber hier hin.« Seufzend ließ sie sich auf das Sofa sinken. Barri kniete neben ihrem Eimer und fuhr fort, die Regale abzuwischen. Der Fernseher, die Stereolage und all die anderen Dinge, die sie heruntergenommen hatte, standen in wüstem Durcheinander um sie herum.
Cody blickte sich interessiert um. Barri schämte sich zutiefst für all die Unordnung, doch Cody schien sich nicht daran zu stören. Sie richtete sich auf und nahm einen Stapel CDs von dem Kaffeetisch neben der Sofalehne, sah sie durch und las die Namen der Interpreten laut vor.
»Springsteen ... Springsteen ... Springsteen ... Little Steven ... Springsteen ... Springsteen ...« Beide kicherten leise. »Nanu, Dylan, das ist ja ein ziemlich einseitiger Geschmack.«
Dann Legte sie die CDs wieder an ihren Platz, wandte sich an Barri und fragte behutsam: »Und wie geht es Ihnen?«
Barri zuckte die Schultern. »Es geht aufwärts.« Sie blickte sich gleichfalls im Raum um, ließ die Augen über die Besitztümer ihres Sohnes wandern. »Es ist merkwürdig, aber ich komme mir fast so vor, als hätte eine lange schmerzende Wunde endlich zu heilen begonnen.« Sie hielt inne und starrte einen Moment gedankenversunken ins Leere, ehe sie bedächtig hinzufügte: »Und die Putzerei hilft mir, mich abzulenken, so muss ich nicht ständig an Kenneth denken. Alte Gewohnheiten sterben eben nicht.«
»Dylan hat sich gewünscht, dass Sie hier einziehen. Schade, dass er dort, wo er jetzt ist, nichts mehr davon erfährt. Er wäre sicher sehr glücklich darüber.«
Barri musste lächeln, obwohl sich ein dicker Kloß in ihrer Kehle bildete und sie kaum noch Luft bekam. Geistesabwesend tauchte sie den Schwamm in den Eimer, drückte ihn wieder aus und fuhr damit über die Regalbretter, bis der Schmerz nachließ und sie wieder frei atmen konnte. Unten im Studio ertönte Stimmengewirr. Ronnies Schüler fanden sich zum Unterricht ein.
»Geht es Ihnen wirklich gut?«, erkundigte sich Cody besorgt.
Barri nickte. »Dylan ist seit zwei Jahren verschwunden. Höchste Zeit, sich mit den Tatsachen abzufinden.«
»Ich frage nur deshalb«, Cody verlagerte ihr Gewicht auf dem Sofa, »weil ich etwas über diesen Straßenräuber, Black Dylan, herausgefunden habe.«
Wieder tauchte Barri den Schwamm ins Wasser und drückte ihn aus, dann nickte sie. »Das hast du an ... nun, an dem bewussten Abend auch schon gesagt. Aber du wolltest mir nicht verraten, was du entdeckt hast, und da habe ich mich gefragt, ob du das nicht einfach nur so dahingesagt hast.« Es war ja lieb von Cody, sie von ihren Grübeleien über Dylan und Kenneth ablenken zu wollen, aber die alte Geschichte, die Kenneth' Vater immer erzählt hatte, interessierte sie nun wirklich nicht. Das
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