Die Rettung
nur für das Wohlergehen der Kinder interessierte. Das traf nicht zu. Wenn er ganz ehrlich war, hatte er eigentlich in seinem eigenen Interesse gehandelt. Aber er konnte ihr nicht erklären, was er empfand, ihm fielen die richtigen Worte nicht ein. Und alles, was er hätte sagen können, hätte im Widerspruch zu seinen Gefühlen für Cait gestanden.
Statt Gefahr zu laufen, eine Dummheit von sich zu geben, beugte er sich einfach nur zu ihr herunter und küsste sie leicht auf den Mund. Sie reagierte nicht, sagte kein Wort, sondern stand nur wie zur Salzsäule erstarrt da und sah ihn an.
Dylan zupfte hastig sein Plaid zurecht und eilte zur Tür hinaus, ehe sie die Sprache wiederfand.
Er hatte etwas in Ciorram zu erledigen. Sein altes Axtblatt hatte einen Sprung; es war zu gefährlich, noch länger damit zu arbeiten. Er würde es zusammen mit den Eiern gegen ein neues eintauschen. Auf dem Weg ins Dorf setzte ein leichter Nieselregen ein, die Umrisse der Berge verschwammen in der Ferne, der Boden gab unter seinen Füßen leicht nach, und die Luft schien schwerer zu sein als sonst.
Er fand Tormod in mürrischer Stimmung vor. Dylan zog das Axtblatt aus der Tasche, doch der Schmied grunzte nur, als er ihm den Sprung zeigte. Er stand gebeugt in seiner in einem Steinschuppen mit Strohdach untergebrachten Schmiede und schürte das Feuer. Sowie es hell aufloderte, klaubte er mit der Zange ein Eisenstück auf und schob es in den Ofen.
Dylan strich sich das feuchte Haar aus der Stirn. »Ich brauche ein neues Blatt.«
»Hab ich nicht. Ich muss das alte reparieren.« Tormod behielt das Eisenstück im Auge, das aussah wie eine künftige Küchenmesserklinge.
Lange herrschte Schweigen. Dylan wartete geduldig ab. Endlich sagte er: »Du willst einen Sprung reparieren? In einem Axtblatt?«
»Entweder repariere ich es, oder du benutzt es so, wie es ist.«
Dylan sah ihn finster an. »Damit ich mich umbringe, wenn das Ding zerspringt? Wie lange dauert es, bis du mir ein neues machen kannst?«
Tormod zuckte nur schweigend die Schultern und stocherte in seinem Feuer herum. Dylan wartete auf eine Antwort, doch der Schmied schien nicht gewillt, ihm eine zu geben. Irgendetwas nagte an ihm, und Dylan konnte sich nur zu gut vorstellen, was das war.
Müßig ließ er den Blick über die nebelverhangenen Felder rund um Tormods Haus wandern, bevor er leise sagte: »Ich kann ihr nicht vorschreiben, wen sie lieben soll, Tormod.«
Der Schmied schnaubte verächtlich, richtete sich auf und musterte Dylan über seine lange Nase hinweg. »Heirate endlich, dann hört sie auf, sich Hoffnungen zu machen.« Sofort widmete er sich wieder seiner Arbeit.
Dylan seufzte. »Das wird sie nicht, sonst hätte sie sich nach meiner Heirat mit Cait längst jemand anderem zugewandt. Nichts, was ich sage oder tue, wird sie dazu bringen, ihre Meinung zu ändern. Sie ist halsstarrig wie ein Maulesel, Tormod. Man könnte meinen, sie wäre eine geborene Matheson.«
Missmutig hielt Tormod sein Eisenstück ins Feuer. Er wusste, dass Dylan die Wahrheit sprach. Schließlich knurrte er: »Dann solltest du sie heiraten. Mach sie glücklich, wenn ich es nicht kann.«
»Tormod, das ist doch kein Grund für ...«
»A Dhilein!« Der Schmied konnte nicht länger an sich halten. Erbost deutete er mit seiner Zange auf Dylan. »Gönnst du anderen nicht, was du selbst nicht wülst? Sie ist jeden Tag um dich herum, und du siehst nicht, was für ein Juwel du da in deinem Haus hast? Ich beobachte sie immer, wenn du in der Nähe bist, und ich würde alles dafür geben, wenn sie mich nur einmal so anschauen würde wie dich. Es bricht mir das Herz, sie so unglücklich zu sehen. Wenn du sie heiraten würdest, wäre sie glücklich. Mehr will ich ja gar nicht.«
»Ich kann doch nicht...«
»Schande über dich, Dylan Dubh.« Tormod stieß die Zange heftig ins Feuer und würdigte Dylan keines Blickes mehr.
Wieder herrschte lange Zeit Stille. Dylan spürte, wie die altvertraute Wut in ihm aufflammte, aber er beherrschte sich. Verdammter Tormod! Welches Recht hatte er, so mit ihm zu sprechen? Was ging es andere an, wie er sein Leben einrichtete? Er wandte sich ab, um zu verhindern, dass er doch noch auf Tormod losging, und schlenderte eine Weile im Hof herum.
Allmählich beruhigte er sich wieder. Der Regen tropfte aus seinem Haar in seinen Mantelkragen und rann ihm den Rücken hinab. Nachdem er ein paarmal tief durchgeatmet hatte, war er sich seiner wieder sicher. Tormod zog das rot
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