Die Rettung
alles gehörte längst der Vergangenheit an.
Doch der Ernst in Codys Stimme ließ sie aufhorchen. »Ich habe etwas gefunden, was eine Geschichte erhärtet, die ich schon kannte, bevor Dylan nach Schottland fuhr.«
Barri fuhr mit ihrer Arbeit fort, ohne aufzublicken. »Wie meinst du das? Was für eine Geschichte? Ist Dylan vor seiner Abreise etwa hier auf irgendetwas gestoßen, was ihn nach Schottland getrieben hat?«
Ein seltsames Lächeln spielte um Codys Mundwinkel. »So könnte man es nennen.« Sie beugte sich so weit vor, wie es ihr trotz ihres Umfanges möglich war, und sah Barri eindringlich an. »Mrs. Matheson, eines noch, bevor ich Ihnen erzähle, was ich entdeckt habe: Ich bin nicht verrückt, das müssen Sie mir glauben. Und ich werde es Ihnen beweisen.«
Barri ließ den Schwamm in den Eimer fallen und hob den Kopf. Verrückt? »Sprich weiter.« Mühsam richtete sie sich aus ihrer gebückten Haltung auf und erhob sich. Von der Taille abwärts spürte sie ihre Knochen fast nicht mehr. Sie blieb einen Moment stehen und streckte sich, bis ihre Beine zu kribbeln begannen, dann ging sie ins Bad, holte eines der blauen Handtücher und trocknete sich damit die Hände ab, bevor sie am anderen Ende des Sofas Platz nahm und sich gegen ein Kissen lehnte. »Nun spann mich doch nicht so auf die Folter.« Sie konnte sich nicht vorstellen, was Cody ihr zu sagen hatte, aber das Mädchen schien es für ungemein wichtig zu halten.
Cody nagte an ihrer Unterlippe. Sie machte den Eindruck, als müsse sie all ihren Mut aufbringen, um endlich zur Sache zu kommen. »Mrs. Matheson, ich weiß wirklich nicht, wie ich es Ihnen beibringen soll, es hört sich einfach zu verrückt an ...«
»So schlimm wird es schon nicht sein.« Barri lächelte aufmunternd. Sie war von Natur aus ein geduldiger Mensch, aber Codys seltsames Benehmen hatte ihre Neugier geweckt.
»Mrs. Matheson, als Dylan nach Schottland reiste, da ist er zugleich in der Zeit zurückgereist«, stieß Cody hervor.
»Wie bitte?«
Cody schloss kurz die Augen, dann schlug sie sie wieder auf und sah Barri an. »Er ist in die Vergangenheit gereist. Zurück in das achtzehnte Jahrhundert.«
Die Worte ergaben keinen Sinn. Wirres Zeug. Barri runzelte die Stirn, »Ich verstehe nicht ganz ...«
»Erinnern Sie sich noch an die Highland Games? An die schwere Stichverletzung, die er da davontrug?« Barri nickte, obwohl sie überhaupt keinen Zusammenhang zwischen diesem Vorfall und der Geschichte über Black Dylan sah. Cody holte tief Atem und sprach dann so hastig weiter, dass die Worte sich beinahe überschlugen. »Aber er wurde gar nicht während dieses Schaukampfes verwundet, sondern in einer Schlacht im Jahr 1715. Da hatte er schon zwei Jahre in Schottland verbracht, aber dann wurde er nach Hause geschickt, weil er schwer verletzt war, und als es ihm hier wieder besser ging, vermisste er seinen Sohn und die Frau, die er heiraten wollte, so sehr, dass er nach Schottland zurückfuhr, um die Fee zu suchen und sie zu bitten, ihn zurückzuschicken. Zurück in die Vergangenheit, meine ich. Und das hat sie auch getan.«
Barri verstand die Welt nicht mehr. Fee? Schlacht? Dylans Sohn? »Er vermisste seinen Sohn?«
»Er hatte zwei Kinder. Ich war ja selbst dort, im achtzehnten Jahrhundert. Die Fee hat mich vor eineinhalb Jahren in die Vergangenheit mitgenommenen das Jahr 1718, und da habe ich Dylan getroffen. Er war verheiratet. Verwitwet, meine ich. Und er hatte zwei Kinder, ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen.«
Barri lehnte sich erschüttert in die Kissen zurück, als sie begriff, was geschehen sein musste. Die arme Cody hatte aufgrund all der Aufregung der letzten Tage einen Nervenzusammenbruch erlitten. Kein Wunder, in ihrem Zustand war sie wohl den Belastungen nicht gewachsen gewesen. »Ach, Cody ...« Sie sah das Mädchen bekümmert an. Dass sich gerade jetzt die nächste Tragödie anbahnen musste! »Cody, du darfst jetzt nicht...«
Cody beugte sich vor, um nach Barris Hand zu greifen. »Ich bin nicht durchgedreht, ich schwöre es, Mrs. Matheson. Bitte hören Sie mir noch einen Moment zu, und glauben Sie mir dann immer noch nicht, werde ich nie wieder ein Wort über die ganze Geschichte verlieren. Dann tun wir so, als hätte ich nie davon angefangen. Okay?«
Barri zögerte. Sie blickte Cody forschend an. Nur zu gerne würde sie glauben, was sie eben gehört hatte. Der Gedanke, Dylan könne ein ausgefülltes Leben beschieden gewesen sein, eine Frau, Kinder ... er
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