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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Gesichtshaut: Venen, Muskeln, Blut.
    Poch, poch.
    Julie fuhr aus dem Schlaf. Arthur schob seinen Kopf durch die Tür und war allem Anschein nach nicht schockiert, daß David im Bett des jungen Mädchens lag. Er sah seine künstlichen Fühler auf dem Nachttisch und begriff, daß die beiden sie benutzt hatten.
    Während sie sich verschlafen die Augen rieben, fragte er sie, ob die Absolute Kommunikation gut geklappt habe.
    Beide bejahten wie aus einem Munde.
    Arthur begann schallend zu lachen. Sie starrten ihn verständnislos an, bis er ihnen hustend erklärte, daß dieses Gerät nur ein Prototyp sei. Die Bewohner der Pyramide hätten noch nicht die Zeit gehabt, das Projekt zu realisieren.
    »Wahrscheinlich wird es noch Jahrhunderte dauern, bis die Menschen eine Absolute Kommunikation erleben können.«
    »Sie irren sich, es hat großartig geklappt«, widersprach David.
    »Tatsächlich?« Grinsend montierte der alte Mann die Fühler ab und deutete auf einen Leerraum im Gehäuse. »Wie sollte das Gerät ohne Batterien funktionieren? Die olfaktorischen Pumpen brauchen eine Antriebskraft.«
    Das war eine kalte Dusche für die jungen Leute.
    Arthur amüsierte sich großartig. »Ihr habt euch einfach eingeredet, daß es geklappt hat, Kinder, und das ist doch sehr viel. Wenn man an etwas sehr fest glaubt, sogar an etwas Imaginäres, ist es so, als würde es wirklich existieren. Ihr habt euch vorgestellt, daß mit Hilfe dieses Geräts nun endlich auch die Menschen eine AK erleben können, und dadurch wurde euch tatsächlich ein einmaliges Erlebnis zuteil. Viele Religionen sind auf diese Weise entstanden.«
    Arthur verstaute seine Prototypen sorgfältig in der Schachtel.
    »Und selbst wenn diese künstlichen Fühler funktionieren würden – wäre es wünschenswert, sie in Umlauf zu bringen?
    Überlegt doch mal, was passieren könnte, wenn jeder in der Lage wäre, im Geist der anderen zu lesen … Meiner Ansicht nach wäre es eine Katastrophe. Wir sind einfach noch nicht soweit, das verkraften zu können.«
    Er konnte Julie und David ansehen, wie enttäuscht sie waren, und schmunzelte noch auf der Treppe.
    Die beiden Revolutionäre im Bett hatten das Gefühl, sich lächerlich gemacht zu haben; hatten sie doch so fest an ihre AK
    geglaubt …
    »Ich wußte von Anfang an, daß es unmöglich ist«, behauptete David mit schlechtem Gewissen.
    »Ich auch«, versicherte Julie.
    Und dann mußten beide Tränen lachen und rollten eng umschlungen auf dem Bett hin und her. Arthur hatte vielleicht recht. Es genügte, ganz fest an etwas zu glauben, damit es wirklich existierte. David schloß die Tür und kehrte schnell ins Bett zurück. Ihre Lippen fanden sich zu einem langen Kuß.
    Nun waren es nicht mehr künstliche Fühler, die miteinander verschmolzen, sondern lebendige Zungen, schnelle Atemzüge und Schweißpartikel. Julie wußte, daß sie jetzt endlich die körperliche Liebe erleben würde. Schluß mit der Tugendhaftigkeit! Sie ließ sich von David liebkosen, und ihre Neuronen fragten sich, was sie davon halten sollten.
    Die meisten sprachen sich für totale Ungezwungenheit aus.
    Schließlich kannte Julie David gut, und es war unvermeidlich, daß sie eines Tages ihre Jungfräulichkeit verlor. Eine kleine Minderheit behauptete allerdings, das junge Mädchen dürfe nicht seinen wichtigsten Besitz, die Unberührtheit, weggeben.
    Davids Liebkosungen lösten jedoch Ströme von Acethylcholin aus – eines natürlichen Euphorikums –, die jene reaktionären Neuronen zum Schweigen brachten.
    Es war so, als hätte sich eine letzte zentrale Tür endlich aufgetan. Julie hatte das Gefühl, ihren Körper von innen und von außen zugleich zu erleben. Im Innern gab es die keuchende Atmung, das Blut, das in ihren Schläfen pochte, und das Gehirn, das von grellen Blitzen durchzuckt wurde.
    Austausch von Flüssigkeiten.
    Sie war glücklich, am Leben zu sein, sie war glücklich, geboren worden zu sein, sie war glücklich, so zu sein, wie sie jetzt war. Es gab soviel zu lernen, und es gab so viele interessante Menschen, die man kennenlernen mußte. Die Welt war so groß und so herrlich.
    Julie begriff jetzt, warum sie bisher solche Angst vor der Entjungferung gehabt hatte. Die idealen Umstände dafür zu finden – das war ihr sehnlichster Wunsch gewesen.
    Nun wußte sie, daß die Liebe eine geheime Zeremonie war, die in einer unterirdischen Pyramide mit einem Mann namens David vollzogen werden mußte.
     
    560

204. IMMER MEHR GEBRATENES FLEISCH
    Prinz

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