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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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peine wurde. Es ist eine Schande für unsere Justiz.«
    »Dann tut etwas dagegen!«, beschwor ihn Jeremy.
    »Das kann ich nicht. Das Gesetz will es so.«
    Gereizt warf der Jesuit den Kopf in den Nacken und ließ ihn dann langsam nach vorne sinken. Nach kurzem Schweigen sagte er herausfordernd: »Wenn man mich eines Tages vor Gericht stellt, werdet Ihr mich dann auch zu der Strafe verurteilen, die das Gesetz für meinesgleichen vorsieht?«
    Sir Orlando wurde schlagartig blass. Vor seinem inneren Auge entstand jäh eine grausige Vision. Er sah sein Gegenüber, den Mann, der ihm zum Freund geworden war, nackt auf den Brettern des Schafotts liegen, unter dem Messer des Henkers, bei lebendigem Leib zerstückelt … die vom Gesetz dieses Königreichs bestimmte Strafe für katholische Priester, die innerhalb seiner Grenzen aufgegriffen wurden … und für einen Moment spürte Trelawney, wie sich ihm der Magen umdrehte und die Knie unter ihm nachgaben. Mit einem Stöhnen tastete er hinter sich nach einem Halt und ließ sich kraftlos auf den Stuhl sinken, der in Reichweite stand. Seine zitternden Hände klammerten sich an die Armlehnen. »Nein!«, entfuhr es ihm. »Nein, das würde ich nicht zulassen, und Ihr wisst es. Aber es wäre müßig, darüber zu diskutieren, denn auch wenn dieses barbarische Gesetz noch existiert, wird es doch nicht mehr angewandt.« Ein wenig verärgert, weil der Priester ihn dermaßen in die Enge getrieben hatte, fuhr Trelawney fort: »Ich versichere Euch, dass auch die peine forte et dure nicht leichtfertig eingesetzt wird. Der Scharfrichter wird zuerst auf andere, weniger schmerzhafte Mittel zurückgreifen, um den Gefangenen umzustimmen. Erst wenn dieser sich weiterhin weigert, das Gericht anzuerkennen, wird man ihm Gewichte auflegen.«
    »Und seinen Körper darunter zerquetschen. Das ist grausam und unchristlich.«
    »Darf ich Euch daran erinnern, dass die meisten christlichen Länder auf dem Kontinent die Folter als legales Mittel der Wahrheitsfindung ansehen! Wäre Euer Ire dort wegen Mordes verhaftet worden, hätte man ihn von vornherein gefoltert, um ihm ein Geständnis abzupressen, ohne ihm zuvor die Gelegenheit zu geben, sich vor Gericht zu verteidigen. Er hätte nicht einmal das Recht auf einen Prozess, sondern könnte ohne Verfahren inhaftiert und gefangen gehalten werden. Das ist hier in England dank der Magna Charta nicht möglich.« Sir Orlando beugte sich, die Ellbogen auf dem Tisch, ein wenig vor. »Ihr habt Recht, wenn Ihr die peine forte et dure als unmenschlich bezeichnet. Aber niemand wird gezwungen, sich ihr zu unterziehen. McMahon hat seine Wahl selbst getroffen. Er trägt ganz allein die Verantwortung für sein Schicksal. Bringt ihn zur Vernunft, Pater, und ich verspreche Euch, der Befehl wird sofort aufgehoben.«
    Jeremy wandte den Blick ab und fuhr sich mit bebender Hand durchs Haar. Er gab sich geschlagen. »Verzeiht mir, Mylord. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Ich fühle mich so hilflos. Und ich zweifle an meinen Fähigkeiten als Seelsorger, weil es mir nicht gelingt, Zugang zu diesem irischen Dickkopf zu finden. Warum tut er das? Weshalb entscheidet er sich für einen so schrecklichen Tod? Ich verstehe es nicht … und darin liegt mein Versagen.«
    Sir Orlando betrachtete den Jesuiten nachdenklich und entgegnete dann überzeugt: »Habt Ihr schon einmal die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass McMahons Verhalten ein Schuldbekenntnis darstellt?«
    Jeremy schüttelte abwehrend den Kopf. »Nein, ich glaube nach wie vor, dass er unschuldig ist. Es muss einen anderen Grund geben.«
    Seufzend lehnte Trelawney sich in seinem Stuhl zurück. »Nun gut, dann versucht, diesen herauszufinden. Ihr habt freien Zugang zu dem Gefangenen. Redet mit ihm. Überzeugt ihn, dass es besser für ihn ist, mit dem Gericht zusammenzuarbeiten.« Sein Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. »Aber falls es Euch nicht gelingt, ihn umzustimmen, möchte ich Euch noch sagen, dass es von jeher üblich war, den Verwandten oder Freunden des Häftlings zu erlauben, seinem Leiden ein schnelles Ende zu bereiten. Die meisten nehmen diese Gnade in Anspruch.«
    In Jeremys Blick trat Entrüstung. »Das wäre Mord.«
    »Nun, ich weiß, dass es für Euch als Priester nicht in Frage kommt, aber vielleicht gibt es jemand anders, der diese Aufgabe übernehmen will.«
    »Nein! Das werde ich nicht zulassen.«
    »Überlegt es Euch. Es ist ein langsamer und schmerzhafter Tod. Manche Gefangene haben

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