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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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ausgedienten Gesetzes, eines unsinnigen Gesetzes, das schon längst hätte geändert werden müssen. Es ist der Buchstabe, der unserem Recht zur Schande gereicht. Wahrlich eine bittersüße Rache; indem du unser Recht verhöhnst, verhöhnst du auch mich und alles, woran ich glaube. Mehr noch, am Ende wirst du es sein, der gewinnt, mag es dich auch das Leben kosten. Ich aber muss mit der Schuld leben, dich zum Märtyrer gemacht zu haben.
    Sir Orlando starrte den jungen Iren so intensiv an, dass er die verwunderten Blicke seiner Beisitzer nicht bemerkte. Schließlich räusperte sich Richter Tyrrell und ergriff das Wort. »Angeklagter, man hat Euch unterwiesen, welche Worte Ihr zu sprechen habt. Seid vernünftig, sonst stürzt Ihr Euch selbst ins Verderben.«
    Als keine Reaktion erfolgte, fuhr er mahnend fort: »Solltet Ihr Euch auch weiterhin weigern, dieses Gericht anzuerkennen, werdet Ihr dem Henker übergeben, und dieser wird Euch der Folter unterziehen, bis Ihr entweder nachgebt oder Euer Leben aushaucht.«
    Das Gesicht des Gefangenen zeigte auch angesichts dieser fürchterlichen Drohung keinerlei Gemütsregung. Sir Orlando spürte seine Kiefermuskeln zucken, als er grimmig die Zähne aufeinander presste. Er hatte sich nicht getäuscht. McMahon meinte es ernst. Er wusste, was ihn erwartete, und er war entschlossen, diese Wahnsinnstat bis ans bittere Ende zu treiben.
    »Angeklagter«, beharrte Richter Tyrrell, »Ihr wisst nicht, worauf Ihr Euch einlasst. Ihr werdet eines schrecklichen Todes sterben, wenn Ihr weiterhin so verstockt seid. Und Ihr verscherzt Euch jegliche Möglichkeit, Eure Unschuld zu beweisen.«
    Doch seine Argumente prallten wirkungslos an dem jungen Mann ab, der stumm vor ihnen stand und sie herausfordernd ansah.
    »Es hat keinen Sinn«, entschied Trelawney. »Er wird nicht nachgeben.«
    Alan, der den Wortwechsel gespannt verfolgt hatte, wandte sich beunruhigt an seinen Nachbarn. »Was hat das zu bedeuten?«
    George Jeffreys lächelte sarkastisch. »Es bedeutet, dass Euer Ire die englische Justiz zum Stillstand gebracht hat wie einen alten Karren, der im Dreck steckt.«
    »Und was geschieht jetzt?«
    »Euer Freund wird der peine forte et dure unterzogen. Kein angenehmer Tod.«
    Verwirrt über Trelawneys ungewohnte Zögerlichkeit an diesem Morgen, erinnerte Richter Tyrrell ihn schließlich mit gesenkter Stimme: »Ihr müsst die Folter anordnen, Bruder.«
    Sir Orlando seufzte ergeben. »Ihr habt Recht. Ich muss.« Sein Blick streifte erneut den des Iren, dann senkte er die Augen und verkündete die Entscheidung des Gerichts: »Angeklagter, das Gericht verfügt, dass Ihr in den Kerker zurückgeführt werdet, von dem Ihr kamt, in ein dunkles Verlies; dass man Euch mit dem Rücken auf den Boden legt und dass Eure Arme mit einem Seil festgebunden werden und Eure Beine ebenso und dass man auf Euren Leib mehr und mehr Eisengewichte legt. Am ersten Tag erhaltet Ihr drei Bissen Gerstenbrot, und am nächsten dürft Ihr Wasser trinken; und dies wird Eure Strafe sein, bis der Tod Euch erlöst.«
    Im Gerichtshof trat geisterhafte Stille ein. Die peine forte et dure war in London seit Jahren nicht mehr angewendet worden. Ihr letztes Opfer war Major Strangeways gewesen, der wegen Mordes an seinem zukünftigen Schwager vor Gericht gestanden hatte, und sein Tod unter der Folter war den meisten noch gut im Gedächtnis.
    Richter Trelawney gab einem der Gefängnisschließer, die die Häftlinge in den Hof geführt hatten, einen Wink. Der Mann trat vor, packte Breandán, der sich nicht gerührt hatte, am Arm und brachte ihn weg.
    »Heilige Mutter Gottes!«, stieß Alan hervor. »Das können sie doch nicht tun. Das ist unmenschlich.«
    »Er hat es so gewollt, mein Freund«, belehrte ihn George Jeffreys. »Aber vielleicht ist es besser so. Das Gericht erlaubt Freunden oder Verwandten des Angeklagten gewöhnlich, seine Leiden zu verkürzen.«
    »Wie?«
    »Im Fall Strangeways haben sich seine Freunde zusätzlich zu den Gewichten auf seine Brust gestellt. Er starb sehr schnell.«
    Alan starrte seinen Nachbarn entsetzt an. Es dauerte eine Weile, bevor er sich gefangen hatte, doch dann hielt ihn nichts mehr an seinem Platz. Er sprang auf und schob sich energisch zwischen den Zuschauern hindurch, bis er die Tür nach draußen erreicht hatte. Jeremy musste schnellstens von der unerwarteten Wendung in Kenntnis gesetzt werden. Vielleicht gelang es ihm, den Iren zur Vernunft zu bringen, bevor dieser sich freiwillig unter

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