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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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tagelang gelitten.«
    In Jeremys Innern stieg Wut auf. Jetzt war er es, der sich in die Enge getrieben fühlte. War er tatsächlich gezwungen, eine so gottlose Entscheidung zu fällen? Zu bestimmen, ob ein Mann unter furchtbaren Schmerzen starb, oder dabei mitzuhelfen, ihn zu töten? Er könnte weder das eine noch das andere ertragen.

    Man hatte Breandán in eine Einzelzelle gesperrt, damit ihm niemand Nahrung zustecken konnte. Jeremy wurde erst zu ihm hineingelassen, als er den von Richter Trelawney unterschriebenen Passierschein vorzeigte. Man hatte ihn jedoch nicht durchsucht, und so wartete er geduldig, bis der Wächter die Tür hinter ihm wieder verschlossen hatte, holte dann ein Stück Brot und eine Flasche Ale unter seinem Mantel hervor und drückte sie Breandán in die Hand. Wortlos verschlang dieser das Brot und löschte seinen quälenden Durst.
    Jeremy setzte sich zu ihm auf das hölzerne Bettgestell. Das Stroh, mit dem die Unterlage gefüllt war, roch muffig. Durch die schmale, vergitterte Fensteröffnung drang kaum frische Luft und noch weniger Licht. Eine einzelne Talgkerze brannte in einer verbogenen Halterung aus Zinn. Die unruhig flackernde Flamme ließ geisterhafte Schatten auf Breandáns Gesicht tanzen, das dadurch maskenhaft und leblos wirkte.
    Jeremy wollte gerade zum Sprechen ansetzen, als der Ire ihm zuvorkam. »Sagt nichts, Pater. Ich habe mich entschieden und werde meine Meinung nicht ändern.«
    Seufzend ließ Jeremy die Luft, mit der er seine Lungen gefüllt hatte, wieder entweichen und blieb eine Weile stumm. Er wusste, dass dieser verrückte Bursche es ihm nicht leicht machen würde, und entschied, es mit Geduld zu versuchen.
    »Gut, wie Ihr wollt, mein Sohn. Aber denkt Ihr nicht, dass Ihr mir eine Erklärung schuldig seid, weshalb Ihr so leichtfertig Euer Leben wegwerft?«
    Breandán saß vornübergebeugt auf dem Rand der Bettstatt, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und knetete krampfhaft seine Hände. »Weil es keinen Penny mehr wert ist«, entgegnete er abfällig. »Ich sterbe sowieso. Ihr wisst, dass es so ist. Aber ich will nicht wie ein Schaf zum Schlachter geführt werden, mit der Schlinge um den Hals, umgeben von einer grölenden Menge, die mich verhöhnt, mich bespuckt und mich mit Kot bewirft; die sich an dem Schauspiel des Todes ergötzt und nur sehen will, wie ich am Ende eines Strickes baumele und ihnen die Zunge herausstrecke. Nein, Pater, das will ich nicht erleben. Lieber sterbe ich hier in einem dunklen Loch, aber allein, und nicht umgeben von Hass und Verachtung.«
    »Das ist nicht der einzige Grund, nicht wahr? Ihr wollt nicht, dass sie Euch am Galgen sieht«, ergänzte Jeremy sanft.
    Breandán nickte schwach.
    »Sie hat übrigens heute Morgen einen gesunden Jungen zur Welt gebracht«, fügte der Jesuit hinzu.
    Der junge Mann wandte jäh den Kopf und sah ihn mit einem seltsam enttäuschten Ausdruck in den Augen an. »Wie geht es ihr?«
    »Sie hat die Entbindung gut überstanden. Aber sie macht sich große Sorgen um Euch. Ich habe ihr noch nicht gesagt, was Ihr vorhabt, aber sie …«
    Breandán fiel ihm unwirsch ins Wort. »Ihr dürft es ihr nicht sagen. Sie würde es genauso wenig verstehen wie Ihr.«
    »Da habt Ihr zweifellos Recht«, stimmte Jeremy sarkastisch zu. »Aber lasst mich eins absolut klarstellen. Falls Ihr erwartet, dass ich Euch beim Sterben behilflich bin, so habt Ihr Euch getäuscht. Wenn der Scharfrichter Euch morgen früh auf dem Boden ausstreckt und Euch die Gewichte auflegt, werde ich Euch keinen Stein unterlegen, der Euch das Rückgrat bricht, und mich auch nicht auf Eure Brust stellen, damit Euer Herz schneller versagt, auch wenn es so üblich ist. Habt Ihr das verstanden?«
    Breandán starrte den Jesuiten erst entsetzt und dann feindselig an. In seine Augen trat ein zorniges Lodern. »Verfluchter Priester!«, knurrte er. »Ihr wollt lieber meinen Willen gebrochen sehen, als mir die Gnade eines raschen Todes zu gewähren.«
    »Ich will, dass Ihr vor Gericht geht und um Euer Leben kämpft!«
    »Wozu, zum Teufel? Für ein paar Tage mehr, die schlimmsten meines elenden Daseins? Um am Ende doch gehenkt zu werden? Nein, ich will nicht mehr.«
    »Ihr wollt davonlaufen. Seid Ihr jemals aus einer Schlacht davongelaufen, als Ihr noch Soldat wart?«
    Breandán senkte den Kopf und verknotete wieder seine Hände ineinander. »Nein«, sagte er leise. »Aber das ist nicht dasselbe.«
    »Wovor lauft Ihr wirklich weg, mein Sohn? Weshalb wollt Ihr vor Gericht

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