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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Zustand nicht anmerken zu lassen. Sie hatte ihn seit dem Tag seiner Verhaftung nicht mehr gesehen und bemerkte mit einem Blick, dass er abgemagert war, obwohl er bis vor seinem Erscheinen vor Gericht nicht hatte hungern müssen. Sein Gesicht und seine Hände waren blutverschmiert, seine Daumen völlig zerschunden und mit Schorf bedeckt. Auch das Weiße seiner Augen war infolge des Pressens blutunterlaufen. Es gelang ihm nur mühsam und unter Schmerzen, sich aufzusetzen.
    Amoret ließ sich neben ihn auf den Rand der Bettstatt nieder und reichte ihm die Flasche Dünnbier und das mit Brot und kaltem Hühnchen gefüllte Bündel. Breandán fiel darüber her, gedemütigt von seinem quälenden Hunger.
    »Warum bist du gekommen?«, fragte er unbehaglich, dabei ihren Blick vermeidend.
    »Ich wollte sehen, ob es dir wirklich ernst ist, ob du tatsächlich so wenig von mir hältst, dass du mich einfach ohne eine Erklärung verlassen wolltest. Denn das hattest du vor, als du an jenem Morgen weggingst, nicht wahr?«
    »Ja, ich wollte gehen, bevor ich dir lästig gefallen wäre«, entgegnete er mit einem bitteren Unterton.
    »Es ist immer noch dasselbe Misstrauen wie am ersten Tag. Du glaubst, dass ich dich nur einer Laune wegen bei mir behalten habe. Du bist so blind in deinem arroganten Argwohn, dass du nicht siehst, wie sehr ich dich liebe.«
    Sie hatte es ihm nie gesagt, weil sie geglaubt hatte, er wüsste es. Doch jetzt wurde ihr klar, dass er es nicht wissen wollte.
    »Ich würde dir so gerne glauben«, sagte er leise. »Aber wie kann ich das? Ich habe dir nichts zu bieten.«
    »Doch, das hast du«, widersprach sie sanft. »In meinem ganzen Leben war ich noch nie so glücklich wie in der Zeit mit dir. Ich kann dir nicht erklären, warum. Auf diese Frage gibt es keine Antwort. Du musst mir einfach glauben. Es ist eine Sache des Vertrauens. Aber es erfordert Mut, einem anderen Menschen zu vertrauen.«
    Der unterschwellige Vorwurf verletzte Breandáns Stolz, obwohl er wusste, dass er zutraf. Ja, er war aus Feigheit weggelaufen, weil er das Wagnis scheute, sich auf sie einzulassen. Doch nun, da er sie vor sich sah, so nah, dass er nur eine mühelose Bewegung machen brauchte, um ihre Hand zu ergreifen und sie an sich zu ziehen, wünschte er sich nichts sehnlicher, als für immer bei ihr zu bleiben. Die Aussicht, noch an diesem Abend oder am Tag darauf sterben zu müssen, erfüllte ihn plötzlich mit panischem Schrecken. Nein, er wollte nicht sterben, er wollte leben … und wenn nötig dafür kämpfen.
    Sie sah die Zerrissenheit in seinem Blick und sagte aufmunternd: »Du bist nicht mehr allein. Es gibt Menschen, die sich um dich sorgen und denen dein Wohl am Herzen liegt. Weißt du das denn immer noch nicht?«
    Breandán wandte den Kopf in Jeremys Richtung und nickte schließlich. »Doch, ich weiß es.«
    »Dann hab Vertrauen. Lass dir helfen. Ich will dich nicht verlieren!«
    Breandán senkte die Lider. »Aber ich kann nicht vor Gericht gehen. Alles würde bekannt werden …«
    Amoret nahm beschwörend seine Hand. »Es ist doch längst alles bekannt. Überall spricht man über uns, über die Mätresse des Königs und den ehemaligen Landsknecht. Am Hof zerreißt man sich ebenso die Mäuler wie in der Stadt. Dein Opfer wäre völlig sinnlos.«
    »Man wird dich in den Schmutz ziehen.«
    »Auch das tun sie doch schon seit langem. Jede Geliebte des Königs wird von den bigotten Bürgern als Dirne verachtet. Mich nennen sie die französische Hure, weil meine Mutter Französin war. Aber ich habe gelernt, damit zu leben.«
    Breandán war bei ihren offenen Worten zusammengezuckt. Mit einem Mal meinte er wieder Sir John Deanes Stimme zu hören, als er ihm auf dem Strand begegnet war: »… Jeder weiß, dass diese Französin eine verkommene Hure ist, eine läufige Hündin, die zu jedem ins Bett steigt, sei es König oder Stallknecht …« Schmerz und Wut waren so übermächtig geworden, dass Breandán sich nicht mehr hatte beherrschen können. Er hatte den Ratsherrn gepackt und vom Pferd gezerrt, er hatte ihn angeschrien, er solle die Beleidigungen zurücknehmen, sonst würde er ihn zum Duell fordern. Doch Deane hatte nur gelacht und weitere Schmähungen von sich gegeben, die Macht auskostend, seinen alten Feind verletzen und demütigen zu können. Und so war es zum Kampf gekommen.
    »Ich kann vor Gericht nicht wiederholen, was er gesagt hat«, wehrte Breandán ab.
    »Du musst! Nimm keine Rücksicht auf mich. Es ist unbedeutend, wie er

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