Die Richter des Königs (German Edition)
sonst wird es keinen Prozess geben.«
Jack Ketch sah den Gerichtsschreiber unschlüssig an, der nach kurzem Zögern nickte. »Also gut, Seine Lordschaft gab die Anweisung, aufzuhören, wenn der Gefolterte zu sterben droht. Befreit ihn also, Scharfrichter.«
Auf Anweisung seines Meisters entfernte der Henkersknecht die Eisengewichte und das Brett und löste schließlich auch die Hand- und Fußfesseln. Voller Sorge beugte sich Jeremy über Breandán, der von einem gurgelnden Husten geschüttelt wurde und Blut spuckte. Als er versuchte, Luft zu schöpfen, fuhr ein stechender Schmerz durch seinen Rücken und ließ ihn aufstöhnen. Sein ganzer Körper war wie gelähmt, und seine Muskeln gehorchten ihm nicht mehr. Jeremy sah, dass er aus eigener Kraft nicht aufstehen konnte, und legte ihm den Arm um die Schultern, um ihn zu stützen. Doch als Breandán sich mit der Hilfe des Priesters aufsetzte, rasten so qualvolle Schmerzen durch Rücken und Brust, dass er ohnmächtig wurde.
Jeremy ließ ihn wieder zu Boden sinken und rief beunruhigt nach Wasser. Der Henkersknecht brachte einen Krug und spritzte dem Bewusstlosen einen Schwall ins Gesicht. Das brachte ihn wieder zu sich.
»Lasst ihn trinken«, bat Jeremy. »Er ist ganz ausgetrocknet.«
»Nein«, protestierte Jack Ketch. »Er wird nichts trinken. Sonst muss ich später wieder von vorne anfangen.«
Der Gerichtsdiener stimmte ihm zu. »So sieht es das Gesetz vor. Kein Wasser, nur drei Bissen Gerstenbrot. Bringt ihn wieder in seine Zelle. Ihr habt bis heute Abend Zeit, ihn zum Nachgeben zu bewegen. Gelingt es Euch nicht, wird man ihn wieder herbringen und ihn noch einmal pressen.«
Jeremy nickte düster. Dann schlang er sich Breandáns Arm um den Nacken und stützte ihn auf dem Weg zurück in seine Zelle. Der Schließer bestand darauf, dem Gefangenen die Ketten wieder anzulegen, obwohl er nicht einmal in der Lage war, aufzustehen.
»Ich muss Euch für eine kurze Zeit verlassen, Breandán«, erklärte Jeremy bedauernd. »Aber ich komme bald zurück. Bleibt ruhig liegen und bewegt Euch so wenig wie möglich.«
Ihm war mit einem Mal ein Gedanke gekommen. Auf dem Weg zur Anlegestelle von Blackfriars war er so tief in seine Überlegungen versunken, dass er mehrmals andere Passanten anrempelte und dafür mit Verwünschungen überschüttet wurde.
»Dieser Narr, dieser verfluchte Wirrkopf!«, murmelte Jeremy vor sich hin, so dass der Flussschiffer, der ihn aufgenommen hatte, seinen Fahrgast argwöhnisch musterte. »Aber was rede ich, ich bin selbst ein Trottel, dass ich nicht früher darauf gekommen bin.«
Ohne abzuwarten, dass man seinen Besuch ankündigte, platzte er in Lady St. Clairs Schlafgemach. Amoret lag unter der Decke ausgestreckt und nahm gerade ein kleines Frühstück ein. Es war Sitte, dass eine Wöchnerin die ersten vierzehn Tage nach der Niederkunft im Bett blieb und sich wie eine Kranke pflegen ließ.
»Pater, ist etwas passiert?«, fragte Amoret nach einem Blick in sein verschwitztes Gesicht.
»Madam, wie geht es Euch?«, gab er ungeduldig zurück, den Stuhl ignorierend, den sie ihm mit einer Handbewegung anbot.
»Ich versichere Euch, es geht mir gut.«
»Fühlt Ihr Euch stark genug, um das Bett zu verlassen und mich ins Gefängnis zu begleiten?«
»Ins Gefängnis? Ja, natürlich, aber was ist denn los? Ist Breandán etwas zugestoßen?«
»So könnte man es ausdrücken. Ihr müsst ihn daran hindern, sein Leben für Euch zu opfern.«
Einen Moment lang starrte sie ihn voller Entsetzen an. Dann schlug sie die Decke zurück, stieg aus dem Bett und rief energisch nach ihrer Zofe. »Helen, bring mir das graue Bürgersfrauenkleid«, befahl sie dem Mädchen, das verwirrt zu protestieren begann.
»Aber, Mylady, Ihr dürft noch nicht aufstehen.«
»Bring mir das Kleid, sofort!«
Während Helen ihre Herrin mit deutlichem Unbehagen ankleidete, durchbohrte Amoret den Priester mit anklagenden Blicken. »Was habt Ihr mir verschwiegen? Der Prozess wurde nicht einfach so verschoben, nicht wahr? Ihr habt Meister Ridgeway angewiesen, mich zu belügen. Wie konntet Ihr nur?«
»Ich dachte, in Eurem Zustand hättet Ihr die Wahrheit nicht ertragen«, erklärte er ihr. »Ich wollte Euch beschützen. Das war ein Fehler, wie ich jetzt weiß. Derselbe Fehler, den auch Breandán begeht.«
»Nun drückt Euch endlich klarer aus!«
Jeremy erzählte ihr alles, was sich in den vergangenen zwei Tagen ereignet hatte. »Die ganze Zeit über habe ich mich gefragt, weshalb er mir
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