Die Richter des Königs (German Edition)
Großmutter mütterlicherseits aus Wales stammt.«
»Wer ist es?«
»Malory.«
Jeremy presste beunruhigt die Lippen aufeinander, bis sie nur noch zwei blutleere Striche bildeten. »Schläft er immer noch neben Eurem Bett?«
»Ja, mit einer geladenen Pistole.«
»Nur um sicherzugehen, solltet Ihr ihm sagen, dass dies in Zukunft nicht mehr nötig ist. Lasst Euch nichts anmerken. Aber behaltet ihn im Auge.«
»Pater, Malory kann es nicht sein! Er ist mir zutiefst ergeben.«
»So scheint es zumindest. Seid trotzdem auf der Hut. Und vertraut ihm nicht an, was wir über Jeffrey Edwards herausgefunden haben.«
»Meint Ihr nicht, dass George Jeffreys unser Hauptverdächtiger ist?«, wandte Trelawney ein. »Ich werde ihn noch einmal verhören. Vielleicht verrät er sich.«
»Davon würde ich abraten, Mylord«, warnte der Jesuit energisch. »Solange wir keine Beweise haben, könnt Ihr ihn ohnehin nicht festnehmen lassen. Wenn Ihr ihn jetzt verhört, und er ist tatsächlich der Mörder, könnte er in Panik geraten und entweder flüchten oder aber ohne Rücksicht auf seine eigene Sicherheit versuchen, seine Rache zu vollenden. Es ist besser, zu warten und nicht preiszugeben, dass wir jemanden aus Wales verdächtigen. Wir brauchen Zeit.«
»Die haben wir aber nicht«, widersprach Trelawney. »Während wir auf Nachricht warten, plant der Kerl vielleicht seinen nächsten Mord.«
»Mag sein«, gab Jeremy zu. »Aber er ist uns jetzt nicht mehr einen Schritt voraus wie bisher. Wir kennen sein Motiv und wissen, wer als mögliches Opfer in Frage kommt. Es sollte genügen, die restlichen Richter zu warnen, die an dem Prozess beteiligt waren, sowie die zwölf Geschworenen, die Zeugen der Krone und vielleicht noch den Henker, der Edwards hingerichtet hat. Wenn sie die Augen offen halten und kein unnötiges Risiko eingehen, sind sie hoffentlich nicht gefährdet. Aber das geht nur, solange der Mörder sich in Sicherheit wiegt und geduldig auf die nächste Gelegenheit wartet, seinen Rachefeldzug fortzuführen.«
»Also gut, wenn Ihr meint. Warten wir, bis wir Nachricht aus Wales haben.«
Als Jeremy in die Paternoster Row zurückkehrte, erwartete ihn Pater Ó Murchú in der Chirurgenstube. Der Ire hatte Alan gebeten, ihn vorbeugend gegen die Pest zur Ader zu lassen. Doch die Sorge um seine Gesundheit war nicht der eigentliche Grund seines Besuchs. Er kam, um seinem Ordensbruder auszurichten, dass ihr Superior ihn zu sprechen wünsche. Diese Vorladung kam für Jeremy nicht überraschend, er hatte damit gerechnet. Mit einem ergebenen Seufzen verabschiedete er sich von Alan, der ihm noch die Frage nachrief, wann er denn zurückkehren werde. Doch sein Freund konnte nur mit den Schultern zucken. »Vielleicht überhaupt nicht«, erwiderte er unsicher.
Wie er es befürchtet hatte, musste Jeremy eine lange Strafrede über sich ergehen lassen. Es sei nicht zulässig, dass ein Priester die Seelsorge seiner Schutzbefohlenen vernachlässige, um sich mit einem Richter des Königs auf Verbrecherjagd zu begeben oder sich ausschließlich der Rettung eines Verurteilten zu widmen, während viele ihrer Glaubensgenossen an der Pest erkrankt seien und geistlichen Beistand benötigten. Ein derartiges Verhalten schädige den Ruf ihres Ordens. Die Weltgeistlichen bezichtigten die Jesuiten ohnehin der Zurschaustellung ihrer Gelehrsamkeit und warfen ihnen Überheblichkeit und Arroganz vor. Es sei auch so schwer genug, mit den Feinden ihres Ordens innerhalb ihrer eigenen Religion zusammenzuarbeiten, ohne dass sich ein Ordensbruder auch noch in die Rechtsprechung der Protestanten einmische. Schließlich sei es für sie alle gefährlich, zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Jeremy machte keinen Versuch, sich zu verteidigen. Er wusste, dass er seine Pflichten vernachlässigt hatte. Natürlich wäre es ihm lieber gewesen, Breandáns Verteidigung einem anderen zu überlassen, aber es hatte nun einmal niemanden gegeben, der dem zu Unrecht Verurteilten hätte helfen können. Ergeben erwartete er seine Buße, deren Milde ihn schließlich überraschte. Da aufgrund der steigenden Zahl der Pesterkrankungen die katholischen Ärzte mit Arbeit überlastet seien, solle er die beiden Priester begleiten, die von allen Pflichten entbunden worden waren, um allein den Kranken beizustehen und sie mit Almosen zu versorgen, denn als Katholiken erhielten diese kein Armengeld. Obwohl sein Superior es nicht ausdrücklich aussprach, war Jeremy doch klar, dass er weniger die
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