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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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geraten. Sie entschieden sich also, zu bleiben und das Beste zu hoffen. Doch bis auf Mistress Brewster, die ein starkes Pflichtbewusstsein besaß, machten sie alle einen großen Bogen um den Priester und betraten auch seine Kammer nicht mehr.

    Sir Orlando Trelawney war nicht minder entsetzt, als er bei seinem nächsten Besuch hörte, dass der Jesuit Pestkranke pflegte. Er war gekommen, um Jeremy von seiner bevorstehenden Abreise in Kenntnis zu setzen.
    »Die Gerichte machen Ferien, und die Inns of Court sind gestern geschlossen worden. Ich kann meiner Dienerschaft nicht zumuten, länger in London zu bleiben. Morgen werde ich daher auf meinen Landsitz in der Nähe von Sevenoaks in Kent fahren. Der Hof wird nur noch warten, bis die Flotte zurückgekehrt ist, die bei der Schlacht von Lowestoft vor zwei Wochen einen großen Sieg über die Holländer errungen hat. Aber wenn man dem Herzog von York und den anderen Befehlshabern der Flotte die gebührende Ehre erwiesen hat, wird der König Whitehall verlassen und nach Hampton Court übersiedeln. Da Ihr Lady St. Clairs Beichtvater seid, werdet Ihr sie doch sicher begleiten, Pater.«
    Doch Jeremy schüttelte den Kopf. »Lady St. Clair ist mein Beichtkind, das ist wahr, aber meine eigentliche Aufgabe ist die Betreuung der hier in London lebenden Katholiken, besonders jener, die zu arm sind, um sich in Sicherheit zu bringen. Es gibt zu wenig Ärzte. Ich werde hier nötiger gebraucht als am Hof.«
    »Ihr besucht die Kranken also tatsächlich in ihren Häusern?«, fragte Sir Orlando ungläubig.
    »Natürlich. Sie brauchen Pflege und müssen mit Nahrung versorgt werden.«
    »Könnt Ihr sie denn heilen?«, wandte der Richter zweifelnd ein.
    Jeremy schloss für einen Moment die Augen, bevor er antwortete: »Nein, ich wünschte, es wäre anders, aber auch ich kenne kein Heilmittel gegen die Pest. Sie ist unberechenbar. Das eine Mal tötet sie einen Menschen in wenigen Tagen, das andere Mal verschont sie ihn. Die Arzneien, die ich ausprobiert habe, scheinen den einen zu helfen, bei den anderen bleiben sie wirkungslos.«
    »Warum setzt Ihr Euch dann einer solchen Gefahr aus, Pater?«, fragte Trelawney, und in seiner Stimme schwang ein deutlicher Ton der Missbilligung.
    »Mylord, ich bin Priester. Es ist meine Aufgabe, den Menschen, die in Not sind, beizustehen, und ich werde sie nicht vernachlässigen.«
    »Aber Ihr könntet Euch anstecken und sterben! Das ist sogar sehr wahrscheinlich, wenn Ihr Euch ständig in der Nähe von Pestkranken aufhaltet.«
    Jeremy antwortete dem Richter mit der ernsten Ruhe eines Menschen, der sein Schicksal akzeptierte, egal, was es für ihn bereithält. »Mein Leben gehört Gott. Wenn Er mich zu sich rufen will, wird Er es tun, wo immer ich mich aufhalte. Die Kranken brauchen mich. Ich kann sie nicht im Stich lassen.«
    Für einen Moment starrte Sir Orlando den Jesuiten wortlos an, und sein Gesicht gab, ohne dass er sich dessen bewusst war, so deutlich seine Gefühle und Gedanken preis, als hätte er sie laut ausgesprochen: Und was ist mit mir? Ich brauche Euch auch! Und Ihr wollt Euer Leben einfach so fortwerfen!
    Es fiel Jeremy nicht schwer, in den Zügen des Richters zu lesen und seinen betroffenen, zugleich aber vorwurfsvollen Blick zu deuten. Auch ihm war Trelawneys Freundschaft teuer, umso mehr, da er in diesem Moment einen Beweis dafür erhielt, dass sie aufrichtig war.
    »Versprecht mir, auf Euch Acht zu geben«, bat Sir Orlando mit gepresster Stimme. »Ich möchte Euch wohlbehalten wiedersehen.«
    »Ich versichere Euch, dass ich meine Gesundheit nicht leichtfertig aufs Spiel setzen werde«, erklärte Jeremy in einem Ton der Zuversicht, der, wie er selbst bemerkte, unecht klang. »Wann werdet Ihr nach London zurückkehren?«, fügte er hastig hinzu, um sein Unbehagen zu überspielen.
    »Zur Eröffnung der Michaelis-Sitzungsperiode. Es sei denn, die Seuche wütet zu dieser Zeit noch immer in der Stadt. In diesem Fall ist es möglich, dass die Gerichtssitzungen außerhalb Londons stattfinden, wahrscheinlich in Windsor. Ich fürchte, unser Mörder hat durch die Heimsuchung einen bedeutenden Vorteil gewonnen. Wer weiß, wann meine Leute aus Wales zurückkehren und uns die nötigen Einzelheiten über Edwards’ Familie bringen werden. Aber sobald ich etwas erfahre, lasse ich es Euch wissen.«
    »Ihr sagtet eben, dass die Inns of Court geschlossen seien«, erinnerte sich Jeremy. »Wisst Ihr, ob George Jeffreys die Stadt verlassen hat?«
    »Nun ja, das

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