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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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prüfend in die Kammer hinein.
    »Würdet Ihr wohl so tun, als wenn Ihr etwas in die Truhe legt, Madam«, bat er schließlich und beobachtete die Nichte aufmerksam, während sie seiner Forderung nachkam.
    »Danke, das genügt. Ich bin jetzt genauestens im Bilde«, verkündete der Jesuit befriedigt. »Es ist an der Zeit, Seine Lordschaft aufzuklären. Bitte folgt mir, Madam, du auch, Malory!«
    Sir Orlando Trelawney konnte sich nur mit Mühe dazu überwinden, im Bett zu bleiben. Er fragte sich unablässig, ob er die Verfehlungen seines Kammerdieners hätte verhindern können, wenn er seine Pflicht als Hausherr ernster genommen hätte. Schließlich war es seine Aufgabe, über die Moral seiner Bediensteten zu wachen und sie bei Fehltritten zu züchtigen. Vielleicht hatte er in der Vergangenheit zu viel Milde walten lassen. Seine Frau war sehr weichherzig gewesen und hatte es nicht geduldet, dass er einen der Diener mit dem Stock strafte, auch wenn es angebracht war. Und er hatte immer Rücksicht auf ihre Wünsche genommen. Mit einem Seufzen sah er nun ein, dass er seine Dienstboten in Zukunft strenger behandeln musste.
    Als Jeremy mit Esther und Malory sein Schlafgemach betrat, setzte Trelawney sich im Bett auf und sah den Arzt erwartungsvoll an. »Nun, Dr. Fauconer, was soll ich Eurer Ansicht nach mit Malory tun?«
    Jeremys Blick streifte mitleidig das bleiche Gesicht des Kammerdieners.
    »Ihn in Euren Diensten behalten, Sir«, sagte er bestimmt. »Er hat nichts Unrechtes getan.«
    »Aber … ich verstehe nicht …«
    »Es tut mir sehr Leid, Euch das sagen zu müssen, aber Eure Nichte lügt.«
    Esther riss empört die Augen auf. »Wie könnt Ihr es wagen!«
    Der Richter schnitt ihr ungeduldig das Wort ab. »Sprecht weiter, Doktor.«
    »Mylord, Eure Nichte hat sehr genau beschrieben, wie sie Zeuge von Malorys Diebstahl geworden sei. Sie erwähnte möglichst viele Einzelheiten, um ihren Bericht glaubwürdiger zu machen. Aber gerade durch diese Details hat sie sich verraten. Ich zähle sie Euch gerne auf: Erstens behauptete sie, Malory durchs Schlüsselloch beobachtet zu haben, weil er hinter sich abgeschlossen habe und sie die Tür nicht öffnen konnte. Wenn der Schlüssel jedoch von innen steckt, kann man nicht durch das Loch sehen. Und selbst wenn er nicht steckt, so ist es unmöglich, den Kabinettschrank zu erkennen, der an einer Seitenwand steht und nicht gegenüber der Tür. Zweitens sagte sie, dass Malory das gestohlene Geld in seine Truhe legte. Von der Treppe aus kann man zwar in die Kammer sehen, aber die Truhe befindet sich in einer Position, dass sie – von der Tür aus betrachtet – von dem Fußende des Bettes verdeckt wird. Eure Nichte kann also weder gesehen haben, wie der Diener das Geld stahl, noch wie er es versteckte. Vermutlich war der Beutel die ganze Zeit über in der Kassette, und sie hat die Geschichte nur erfunden.«
    Eine Weile war der Richter sprachlos. Sein Blick wanderte nur von einem zum anderen, als müsse er das Gehörte erst verdauen. Auch Esther blieb stumm. Sie hatte begriffen, dass man ihre Lüge durchschaut hatte. Trelawneys Wut war verraucht. Er verspürte nur noch grenzenlose Ernüchterung.
    »Esther, geh hinaus!«, befahl er. »Ich werde mich später mit dir befassen. Jetzt habe ich nicht mehr die Kraft dazu.«
    Sie gehorchte schweigend, doch der Blick, mit dem sie alle drei Männer beim Hinausgehen streifte, war so feindselig, dass der Richter zusammenzuckte.
    »Bei Christi Blut, was ist nur in sie gefahren? Ich verstehe das nicht. Dr. Fauconer, ich bin Euch schon wieder zu Dank verpflichtet. Ihr habt einen Unschuldigen vor unverdienter Strafe gerettet. Malory, es tut mir Leid, dass ich dir nicht geglaubt habe. Ich hätte es besser wissen müssen. Versuche, die nächsten Tage meiner Nichte aus dem Weg zu gehen, damit sie ihre schlechte Laune nicht an dir auslässt.«
    Jeremy griff sich nachdenklich ans Kinn, während er dem erleichterten Malory beim Verlassen des Raumes nachsah. »Ich frage mich, weshalb sie ausgerechnet denjenigen Diener loswerden wollte, der Euch so offensichtlich ergeben ist«, sagte er halblaut.
    Er ließ sich wieder auf den Stuhl an der Seite des Baldachinbettes sinken und blickte den Richter eindringlich an. »Mylord, ich mache mir ernstlich Sorgen um Euch.«
    »Aber ich fühle mich schon viel besser, Doktor.«
    »Das Fieber habt Ihr überstanden, ja, aber ich fürchte, dass Ihr noch immer in Gefahr seid. Jemand will Euch tot sehen! Und er könnte es

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