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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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fortbewegt, desto mehr Hiebe wird er erhalten. Und es gibt nichts, was man dagegen tun kann. Der Gefangene ist dem Henker völlig ausgeliefert. Dieser Deane ist ein herzloses Schwein! Weshalb verfolgt er den armen Burschen nur mit so viel Erbarmungslosigkeit?«
    »Ich denke, er verkraftet es nicht, dass ein ungebildeter, abgerissener Ire ihn und zwei seiner Freunde trotz ihrer Waffen mit bloßen Händen so mühelos überwältigen konnte, wie man einem Kind das Spielzeug wegnimmt«, antwortete Jeremy nachdenklich. »Er hat sie in ihrem Stolz gedemütigt und sie wie hilflose Narren aussehen lassen. Das werden sie nie vergessen.«
    Der Karren setzte sich in Bewegung, und der Henker begann die Peitsche zu schwingen. Die Riemen wirbelten durch die Luft und trafen klatschend auf den entblößten Rücken des Iren, der jäh zusammenzuckte, aber keinen Laut von sich gab. An den Stellen, wo das Leder die Haut berührt hatte, schwoll diese fast augenblicklich an und färbte sich rot. Und als es mehr und mehr Schläge regnete und sich die Striemen überkreuzten, brach die Haut auf, und Blut trat aus den Wunden.
    Breandán biss sich auf die Lippen, um nicht zu schreien, bis auch sein Gesicht blutverschmiert war. Doch irgendwann verließ ihn sein eiserner Wille, und er brüllte bei jedem Peitschenhieb seinen Schmerz und seine Wut hinaus.
    Seine Schreie fuhren Jeremy durch Mark und Bein, während er mit Alan an seiner Seite dem Karren folgte. Nach einer Weile wendeten Sir John Deane und Thomas Masters ihre Pferde, um dem Gedränge zu entkommen. Offenbar hatten sie ihre Rache zur Genüge ausgekostet.
    Der Henker, dem der Arm zu schmerzen begann, nutzte die Gelegenheit, seinen Gehilfen zu größerer Eile anzutreiben, denn es war ein langer Weg bis nach Tyburn, und er hatte für den folgenden Tag noch zwei Hinrichtungen vorzubereiten.
    Breandáns Beine begannen zu zittern, und er konnte dem Karren nur noch mühsam folgen. Sein Körper schwankte kraftlos vorwärts, nur noch aufrecht gehalten durch die Stricke, die seine Hände an die Holzstreben fesselten. Und als endlich der Galgenbaum von Tyburn in Sicht kam, waren sein Rücken und seine Schultern nur noch eine einzige blutende Wunde. Jack Ketch befahl seinem Gehilfen zu halten und löste Breandáns Fesseln. Taumelnd wie ein Betrunkener versuchte der Ire, einen Schritt zu machen, doch im nächsten Moment brach er mit einem dumpfen Stöhnen zusammen.
    Jeremy und Alan, die seine Ohnmacht vorhergesehen hatten, sprangen auf ihn zu und fingen ihn auf. Ohne zu zögern, legten sie sich Breandáns Arme um die Schultern, um ihn fortzubringen, doch der Henker hielt sie zurück. »He, Ihr könnt ihn nicht mitnehmen. Der Kerl geht zurück ins Newgate. Er hat seine Gefängnisgebühren noch nicht bezahlt.«
    »Ihr würdet einen Mann, der seine Strafe längst verbüßt hat, noch monatelang im Kerker verrotten lassen, nur weil er Eure Wucherpreise nicht bezahlen kann!«, schimpfte Alan voller Abscheu. »Wie viel schuldet er Euch?«
    »Dreizehn Shilling vier Pence.«
    »Hier habt Ihr Euer Geld, Halsabschneider!«
    »Ich danke Euch, Sir«, entgegnete Jack Ketch ironisch. »Hoffentlich habt auch Ihr Freunde, die so großzügig für Euch bezahlen, wenn Ihr einmal mein Kunde seid.«
    Die Unverschämtheit des Mannes brachte Alan noch mehr in Wut, doch gleichzeitig spürte er, wie eine eisige Hand nach seinem Herzen griff und es zusammenpresste, als habe der Henker eine Prophezeiung ausgesprochen.
    Nachdem Jeremy dem Iren seinen Mantel umgelegt hatte, luden die Freunde sich den Bewusstlosen wieder auf die Schultern und entfernten sich mit einem Gefühl der Erleichterung von dem dreibeinigen Galgen. Tyburn lag außerhalb von Westminster an der Landstraße nach Oxford inmitten von Wiesen und Feldern. Alan hielt ein mit Heu beladenes Fuhrwerk an, das nach London unterwegs war, und bat den Fahrer, sie mitzunehmen. Breandáns Ohnmacht war so tief, dass er sich die ganze Fahrt über nicht regte. Erst als sie die Paternoster Row erreichten und den Iren von der Ladefläche des Karrens hoben, kam er für einen Moment wieder zu sich. Doch die Schmerzen seiner Wunden schienen über seine ohnehin nicht mehr großen Kräfte zu gehen, denn als sie ihn über die Schwelle der Chirurgenstube trugen, war er bereits wieder in Besinnungslosigkeit zurückgesunken.
    Beim Eintreten sahen Alan und Jeremy, dass es offenbar einer jener Tage war, an denen alles auf einmal kam. Umschwirrt von John und Tim, die ihm aufmunternd

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