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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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gebeten, um Euch mit einigen beunruhigenden Vorkommnissen bekannt zu machen. Die meisten von Euch sind darüber im Bilde, dass ich vor einigen Monaten auf Bitten der Witwe unseres Bruders Baron Thomas Peckham dessen Tod untersucht habe. Bei der Leichenschau stellte sich heraus, dass er vergiftet wurde. Noch am selben Tag wurde ich selbst das Opfer eines Mordanschlags, den ich nur dank Gottes Fügung überlebte. Seitdem haben weitere Nachforschungen Hinweise ans Licht gebracht, dass Sir Thomas und ich nicht die Einzigen waren, auf die es der Mörder abgesehen hatte. Ich bin auf zwei Todesfälle in unseren Reihen gestoßen, bei denen der Verdacht nahe liegt, es könnte sich um Mord handeln. Lord Chief Justice Sir Robert Foster hielt in den westlichen Grafschaften die Assisen ab, als er nach einem Festmahl plötzlich schwer erkrankte. Die Art seines Leidens ähnelte den Beschwerden, die auch Sir Thomas befielen. Zwar habe ich keine Beweise, doch ich bin sicher, dass Sir Robert vergiftet wurde, vermutlich mit Arsenik. Nach meinem Sturz bei der Michaelis-Prozession versuchte man, mich mit dem gleichen Gift umzubringen. Auch diesem Anschlag entging ich nur durch Gottes Eingreifen.«
    Betroffenes Murmeln hatte eingesetzt. Die Richter wandten sich ungläubig ihrem jeweiligen Nachbarn zu und begannen, erregt zu diskutieren. Lord Chief Justice Hyde erhob sich von seinem Stuhl, um für Ruhe zu sorgen.
    »Gibt es Hinweise auf den Täter?«, fragte Richter Kelyng vom Königlichen Gerichtshof.
    »Bisher nicht«, antwortete Sir Orlando. »Ich weiß nur, dass er Gift bevorzugt, weil es am unauffälligsten ist. Aber es ist ihm mindestens ein Mal gelungen, einen Anschlag wie einen Unfall aussehen zu lassen. Ich glaube, dass Sir Michael Rogers das Opfer eines Hinterhalts wurde. Der Mörder lauerte ihm auf, schlug ihn vermutlich nieder und warf ihn in den Fleet-Fluss, so dass er ertrank. Hätte man damals auf die Beteuerungen seiner Witwe gehört, dass Sir Michael nüchtern gewesen sei, und seinen Tod genauer untersucht, hätte man vielleicht Spuren am Tatort gefunden, die uns dem Täter näher bringen könnten.«
    Sir Orlando erwähnte nicht, wem er seine Kenntnisse verdankte. Seine Brüder brauchten nicht zu wissen, dass er mit einem Jesuiten zusammenarbeitete. Sie würden es nicht gutheißen, auch wenn dieser ihnen die entscheidenden Hinweise lieferte, um den Mörder dingfest machen zu können.
    Lord Chief Baron Sir Matthew Hale vom Finanzgericht fasste die Befürchtungen seiner Brüder in Worte: »Haltet Ihr es für möglich, dass es der Täter auch auf uns abgesehen haben könnte?«
    »Durchaus«, bestätigte Sir Orlando. »Wir müssen es in Betracht ziehen. Seit Sir Robert Fosters Tod ist bereits ein Jahr vergangen. Der Täter handelt vorsichtig und wohl überlegt. Er scheint alle Zeit der Welt zu haben. Wir dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen, solange er nicht gefasst ist.«
    »Heißt das, wir müssen fortan in ständiger Angst leben?«, rief Richter Twisden entsetzt.
    »Es bedeutet vor allem, dass wir kein unnötiges Risiko eingehen sollten«, beschwichtigte Trelawney. »Geht also nicht unbewaffnet auf die Straße. Lasst Euch immer von einem Diener begleiten. Esst nicht etwas, dessen Herkunft Ihr nicht kennt. Und seid aufmerksam! Meldet mir alles, was Euch irgendwie verdächtig erscheint.«
    »Vielleicht handelt es sich um eine Verschwörung!«, warf Richter Twisden ein. »Anhänger der gerichteten Königsmörder wollen sich womöglich an denen rächen, die sie verurteilten.«
    »Ich glaube eher, es sind Katholiken, die die etablierte Kirche erschüttern wollen, indem sie diejenigen aus dem Weg räumen, die sie verteidigen«, widersprach Sir Matthew Hale. »Seine Majestät ist zu nachsichtig mit den Papisten. Am Hof wird ihr Einfluss immer größer und damit auch die Gefahr, die von ihnen ausgeht.«
    Die Diskussion zog sich über Stunden hin. Sir Orlando atmete auf, als der Hunger seine Brüder endlich auseinander trieb. Es überraschte ihn nicht, dass sie sich zu den wildesten Mutmaßungen hatten hinreißen lassen. Das war ihre Reaktion auf die Angst, die sie so unvermutet ergriffen hatte – die Angst vor einer unbekannten, tödlichen Gefahr. Ihr bequemes, sicheres Leben war ins Wanken geraten, und sie wussten nicht, wie sie damit fertig werden sollten.

 Dreiundzwanzigstes Kapitel 
    A lan verstand die Welt nicht mehr. Als Breandán Mac Mathúna erst am folgenden Morgen von seinem Auftrag aus Whitehall zurückgekehrt

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