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Die Riesen vom Ganymed

Die Riesen vom Ganymed

Titel: Die Riesen vom Ganymed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James P. Hogan
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Zeitraums, in dem die ganymedischen Experten eine intensivere Begutachtung des Schiffes am Ort durchführten, war es für die beiden Rassen leichter, ungezwungener miteinander zu kommunizieren und sich besser kennenzulernen. Hunt machte das Beste aus der Gelegenheit, um die Außerirdischen aus unmittelbarer Nähe zu beobachten und einen tieferen Einblick in ihre Art und Weise sowie ihr Temperament zu erhalten.
    Was sie in einzigartiger und ins Auge springender Weise von den Erdbewohnern unterschied, war – wie er bereits wußte – ihre völlige Unwissenheit gerade der Vorstellung eines Krieges oder jedweder Form bewußter Gewalttätigkeit gegenüber. Auf Pithead gelangte er allmählich zu der Überzeugung, daß es sich dabei um einen gemeinsamen Faktor handelte, den er in ihnen allen feststellte – ein Umstand, der, wie er erkannte, einen fundamentalen Unterschied in der geistigen Verfassung beider Rassen ausmachte. Nicht ein einziges Mal hatte er eine Spur von Aggressivität in einem Ganymeder feststellen können. Sie schienen sich niemals über etwas zu streiten, Zeichen von Ungeduld zu zeigen oder über irgendwelche heftige Lau-nen zu verfügen, die sie in gereizte Stimmung hätten versetzen können. Das allein überraschte ihn nicht übermäßig; er hätte kaum etwas anderes von einem sehr hochentwik-kelten und zivilisierten Volk erwartet. Was ihn jedoch in Erstaunen versetzte, war das völlige Fehlen von emotionalen Eigenschaften der Art, wie sie gesellschaftlich akzep-

    tiert in kanalisierter Form auftreten. Sie zeigten untereinander keinerlei Konkurrenzverhalten, keine Regungen von Rivalität, nicht einmal in der harmlosen, unterschwelligen, freundschaftlichen Art und Weise, die Menschen als Teil ihres Lebens akzeptieren und bisweilen zu genießen wissen.
    Die Vorstellung, daß man sein Gesicht verlieren konnte, bedeutete einem Ganymeder nichts. Wenn man ihm bei irgendeiner Sache einen Fehler nachgewiesen hatte, sah er bereitwillig seinen Fehler ein, wenn sich seine Ansicht bewahrheitet hatte, fühlte er keinerlei besondere Befriedigung. Er konnte dastehen und zuschauen, wie ein anderer eine Aufgabe verrichtete, von der er wußte, daß er sie besser erledigen konnte, und schweigen – ein Kunststück, das für die meisten Erdbewohner nahezu unmöglich war. In umgekehrter Situation würde er sofort um Hilfe bitten. Er war niemals arrogant, ehrfurchtgebietend oder verachtend, zugleich jedoch niemals auf sichtbare Weise unterwürfig, sklavisch oder demütig. Nichts in seinem Benehmen deutete jemals auf Einschüchterungsabsichten hin, und ebensowenig nahm er auch nur Andeutungen von Einschüchte-rungsversuchen wahr. Es gab einfach nichts, was immer sie sagten und taten oder wie sie es sagten und taten, das irgendeinen instinktiven Wunsch nach Anerkennungs- oder Überlegenheitssuche andeutete. Viele Psychologen waren der Ansicht, daß diese Seite menschlichen Sozialverhaltens eine Reihe von Ersatzritualen konstituierte, durch welche die Freisetzung von unterschwelligen aggressiven Triebregungen gestattet wurde, die ansonsten im Sinne gesellschaftlichen Zusammenlebens unterdrückt werden mußten.
    Wenn dem so war, dann konnte Hunt aus seinen Beobach-

    tungen nur den logischen Schluß ziehen, daß diese unterschwelligen Triebregungen in den Ganymedern einfach nicht bestanden.
    All dies bedeutete jedoch nicht, daß es sich bei den Ganymedern um ein kaltes und gefühlloses Volk handelte.
    Wie ihre Reaktionen auf die Zerstörung Minervas gezeigt hatten, waren sie warm, freundlich und mit starken Gefühlsregungen ausgestattet, bisweilen bis zu einem Grade, den ein Erdbewohner, der eine Erziehung der ›alten Schule‹ genossen hatte, als unziemlich angesehen hätte.
    Und sie verfügten über einen ausgeprägten, obgleich sehr nuancierten und verfeinerten Humor, von dem sich nicht wenig in der grundlegenden Konzeption ZORACs wider-spiegelte. Sie waren zugleich, wie Shilohin zu erkennen gegeben hatte, ein vorsichtiges Volk, vorsichtig nicht im furchtsamen Sinne, sondern in einer Art und Weise, die jeden Zug und jede Handlung im voraus berechnete. Sie taten niemals etwas, ohne daß sie sich genau im klaren über Ziele, Gründe, Wege und Alternativen ihres Handelns gewesen wären. Ein durchschnittlicher Ingenieur der Erde hätte den Fehlschlag des Iscaris-Unternehmens achselzuk-kend als etwas abgetan, das man vergessen oder mit Aussichten auf mehr Glück erneut versuchen konnte – für die Ganymeder war es

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