Die Ringe der Macht
Reiterei hilft – wenn die Pikeniere die Formation halten.«
»Und warum habt Ihr die Armbrustschützen rechts und links von den Pikenträgern postiert, die Bogen aber weiter außerhalb?«
»Armbrustbolzen sind das Einzige in Eurer Bewaffnung, was einen Plattenpanzer durchdringen kann.«
Fabian war froh, in den Rüstungslisten noch hundert alte Armbrüste gefunden zu haben, die sogar fast alle funktionsfähig waren. In den Manövern wurde meist mit Pfeil und Bogen geschossen, die auch für die Jagd auf Hasen und anderes Kleinwild beim Ffolk beliebt waren. So hatte Fabian über Nacht eine Truppe von Freiwilligen in der Bedienung der Armbrüste instruieren lassen, aber er hatte trotz des Anführers der Truppe, Ohm Hinner Penning, der in seiner Jugend einmal ein Armbrustschießen gewonnen hatte, wenig Vertrauen in die Zielsicherheit der Schützen.
»Aber ich habe gelesen, dass in den cardassischen Kriegen auch Bogen gegen Reiterei eingesetzt wurden«, hatte sich Kim zu Wort gemeldet.
»Ein cardassischer Langbogen misst sechs Ffuß in der Länge, und den könnte keiner von euch kleinen Leuten überhaupt spannen. Eure kleinen Jagdbogen dagegen können helfen, uns die Infanterie vom Leibe zu halten.«
Die Bolgs, dachte Kim. Seltsamerweise machte ihm der Gedanke an die Bolgs sehr viel mehr Angst als die Reiter der Dunkelelben, obwohl er wusste, dass Letztere weit gefährlicher waren. Allein ihre Magie würde die Schlacht entscheiden. Aber wenn man selbst nur ein fünf Ffuß großer Ffolksmann ist, hat eine lebende Kampfmaschine, die einen um zwei Köpfe überragt, etwas körperlich Bedrohliches, dem man sich nicht entziehen kann. Die Bolgs würden nur kämpfen; nicht mehr, nicht weniger. Von den schwarzen Rittern dagegen hatte er bislang nur einem ins Gesicht geblickt. Er wusste nicht sicher, was er von ihnen zu erwarten hatte.
Und dennoch. Kim schauderte. Und wenn er in die entschlossenen Gesichter der kleinen Ffolksleute mit ihren langen, eisenbewehrten Stangen blickte, sah er das Gesicht Azanthuls und die gesichtlosen Masken der schwarzen Reiter vor sich, und in seinen Ohren hallte der Nachsatz wider, den Fabian von sich gegeben hatte:
… wenn die Pikeniere die Formation halten.
Es war trotz allem ein tödliches Unterfangen für diese mutigen Ffolksleute.
Spontan ging Kim auf Mart Kreuchauff zu und hielt ihm die Hand hin.
»Gevatter Kreuchauff, ich weiß zwar, dass Ihr nicht gut auf mich zu sprechen seid, aber ich wünsche Euch den Segen des Vaters und der Mutter Gnade für den kommenden Tag.«
Der dicke Kaufmann war so verblüfft, dass er die dargebotene Hand ergriffen hatte, ehe er sich’s versah.
»Ihr habt Euch freiwillig zu dieser Einheit gemeldet? Das finde ich großartig«, fuhr Kim fort.
»Na ja, nicht ganz … ich meine …«, stotterte der Kaufmann. Dann fasste er sich ein Herz. »Nachdem Ihr meinen Ruf so ramponiert habt, Herr Kimberon, blieb mir wohl nicht viel anderes übrig. Aber was macht es jetzt noch für einen Unterschied?«
»Trotzdem«, sagte Kim. »Dazu gehört Mut.«
Als er sich umwandte, um zu Fabian aufzuschließen, hörte er im Gehen noch den Dicken zu seinem Nachbarn sagen:
»Das ist Herr Kimberon Veit, der neue Kustos, Nachfolger des seligen Magisters Lerch. Gar kein so übler Kerl. Er ist befreundet mit dem Prinzen, wisst Ihr, und wir kennen uns schon lange …«
Fast tat er Kim leid, aber das durfte er nicht laut sagen. Bei diesem Kampf würden wohl alle sterben; die einen früher die anderen später, da machte es keinen Unterschied mehr, ob ihm ein Einzelner leidtat.
Kim versuchte hart zu sein, aber es gelang ihm nur nach außen. Innerlich schrie alles in ihm auf, doch er sah keine Möglichkeit, dieses sinnlose Gemetzel zu vermeiden.
Irgendwann in der Nacht – Kim hatte jegliches Zeitgefühl verloren – meldete der Hauptmann der Pioniere sich wieder bei ihnen und verkündete lächelnd, dass eine Maus den Bohlensteg zum Einsturz bringen würde. Für ein oder zwei Reiter würde es in der Frühe verdammt feucht werden.
»Kim, ich bin stolz auf euch. Ihr seid alle so klein, unscheinbar und schwach, aber das, was das Ffolk in den letzten zwölf Stunden geleistet hat, ist meisterhaft. Der schnellste Aufmarsch, den ich je gesehen habe«, erklärte Fabian. »In euch steckt mehr, als man glauben möchte.«
Kim freute sich über das Lob. In der Tat, die Männer der Ffolkswehr hatten alles gegeben. Doch die schwersten Stunden standen ihnen noch bevor. Sobald das Licht des
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