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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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waren in der ganzen Christenheit für ihre Grausamkeit im Krieg bekannt: von den froststarrenden Inseln nördlich der britischen Küsten bis zu den fernen, von der Sonne verwöhnten Landen des griechischen Kaisers, dem angeblich sogar einige der besten dänischen Krieger als Leibgarde dienten. Auch das englische Königreich hatten diese Leute schon mehrfach erobert. Und jetzt planten sie offenbar wieder einmal die Invasion, die wir schon seit einem Jahr erwarteten. Trotzdem hatte eigentlich kaum noch jemand daran geglaubt, dass sie jemals stattfinden würde. Den ganzen Winter über hatten sich die Leute über die Dänen und ihren König Sven lustig gemacht, dessen Drohungen niemand mehr ernst nahm.
    Doch nun schien es so, als ob Sven tatsächlich ernst machte, und ich hatte plötzlich Zweifel daran, ob wir die Dänen würden abwehren können. Jedenfalls war das kaum möglich, solange wir uns noch hier in den Marken mit den Problemen herumschlagen mussten. Und dann gab es natürlich noch hoch oben im Norden den Ætheling, über dessen Absichten wir nur Mutmaßungen anstellen konnten, so wenig hatten wir in letzter Zeit von ihm gehört.
    »Sie werden wahrscheinlich im Süden landen und zuerst versuchen, Lundene einzunehmen, wie wir es damals auch getan haben«, fuhr Fitz Osbern fort. König Guillaume ist bereits aus der Normandie zurückgekehrt und hat sein Lager in Westmynstre aufgeschlagen. Er kann nicht zulassen, dass die Stadt den Dänen in die Hände fällt. Deshalb braucht er jeden kampffähigen Mann, der sich in den südlichen Grafschaften auftreiben lässt: jeden Kettenpanzer und jeden Helm, jede Axt und jede Heugabel, wenn er die Eroberung der Stadt verhindern will.«
    »Dann sollten wir hier dasselbe tun«, sagte ich. »Wir müssen die fyrd aktivieren – aber nicht nur im Grenzgebiet, sondern in ganz Mercia.«
    Die fyrd war das englische Bauernheer, das in höchster Not von den Reeves und Earls in den zahllosen Grafschaften und Ämtern des Königreiches rekrutiert wurde. Daher bestand diese Streitmacht nicht aus Kriegern, sondern aus einfachen Bauern, von denen die meisten kaum das vordere vom hinteren Ende eines Speers unterscheiden konnten; auch im Schildwall war auf diese Leute kein Verlass. Ich wollte die fyrd also nicht etwa wegen ihrer militärischen Fähigkeiten einberufen, sondern einzig wegen ihrer großen Zahl; denn mit beeindruckenden Mannschaftsstärken konnten wir nun wahrlich nicht aufwarten.
    »Wir könnten sie zwar einberufen«, sagte Fitz Osbern, »allerdings bedeutet das noch nicht, dass die Leute auch kommen. Im Übrigen haben wir hier gar nicht genügend Männer, um auch noch welche in die Grafschaften zu entsenden, damit sie sich dort um die Aufstellung der Truppen kümmern; schließlich kann der Feind hier jeden Tag erscheinen. In Wessex dagegen liegen die Dinge völlig anders, weil die Dänen dort verhasst und gefürchtet sind. Dagegen dürften die Mercianer hier in der Gegend kaum bereit sein, gegen ihre eigenen Leute zu kämpfen. Falls sie überhaupt bereit sind, einen Speer in die Hand zu nehmen, werden sie wohl eher dem Beispiel ihrer Landsleute folgen und sich Eadric anschließen.«
    »Und was dann? Wie sollen wir Scrobbesburh denn verteidigen, wenn der König uns keine Männer schickt – von den übrigen Marken ganz zu schweigen?«
    Auf diese Frage gab er keine Antwort. Es war allgemein bekannt, dass er ein enger Freund und Berater des Königs war. Die beiden kannten sich schon aus gemeinsamen Kindertagen am Hofe der normannischen Herzöge. Dass der König selbst seinem ergebensten Diener in höchster Not nicht jene Truppen schicken konnte, die dieser so dringend benötigte, zeigte mehr als deutlich, wie ernst er die Bedrohung durch die Dänen nahm.
    Fitz Osbern setzte sich auf einen Schemel neben dem Tisch. Er vergrub das Gesicht in den Händen und gab einen Laut von sich, der irgendwo zwischen Stöhnen und Seufzen lag.
    »Geht es Euch nicht gut, Mylord?«, fragte ich.
    »Der Feind kommt immer näher, und uns fällt nichts Besseres ein, als uns wie wilde Tiere gegenseitig zu zerfleischen.« Er schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. »Wie verfeindete Wolfsrudel«, murmelte er.
    Mit dieser Bemerkung konnte eigentlich nur eine Person gemeint sein. Und vielleicht war diese Person auch der Grund, weshalb Fitz Osbern so schlecht gelaunt war.
    »Was ist eigentlich mit Earl Hugues?«, fragte ich. »Ich habe gehört, dass er heute früh nach Ceastre abgezogen ist.«
    Fitz Osbern

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