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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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denen glaubt, wieso habt Ihr uns dann aus dem ganzen Grenzland hergerufen? Und was ist mit den marodierenden Haufen, die schon seit Monaten unsere Güter heimsuchen? Wissen Eure Spione zufällig auch, wie viele es davon gibt?«
    Ich rechnete eigentlich schon damit, dass Fitz Osbern jeden Augenblick der Kragen platzen und er seine Leute anweisen würde, den Mann aus der Halle zu werfen, doch es geschah nichts dergleichen.
    »Nein, das wissen sie nicht«, entgegnete er ruhig. »Trotzdem wissen sie viel mehr als Ihr, Berengar. Deshalb könnt Ihr mir getrost glauben. Und noch eins könnt Ihr mir glauben: Wenn Ihr hier noch einmal ungefragt das Wort ergreift, ist es mit meiner Geduld vorbei. Haltet also Eure Zunge besser im Zaum, sonst könnte es passieren, dass man sie Euch herausschneidet.« Er blickte in die Runde. »Darf ich fragen, ob sonst noch jemand etwas zu sagen hat, oder kann ich jetzt fortfahren?«
    Nach meinem Empfinden hatte sich Berengar lediglich im Ton vergriffen. Doch was er gesagt hatte, war völlig richtig. Nur dass Fitz Osbern ihm keine einzige Frage beantwortet hatte. Tatsächlich hätte er uns wohl kaum in diese Halle gebeten, wenn er wirklich davon ausging, dass der Feind lediglich mit fünfzehnhundert Mann gegen uns vorrücken würde.
    »Ja, ich würde gerne sprechen«, hörte ich mich sagen. Ich schob mich durch die Menge nach vorne. Ein paar Männer, die mir Platz machen mussten, fingen an zu schimpfen.
    »Tancred«, sagte Robert und erhob sich warnend halb von seinem Stuhl. Doch ich ließ mich nicht beirren – weder durch ihn noch durch sonst jemanden.
    »Mylord«, sagte ich und wandte mich direkt an Fitz Osbern, obwohl die Leute ringsum immer unruhiger wurden. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Mir schoss das Blut in den Kopf, und ich konnte mein eigenes Herz schlagen hören, trotzdem gab es kein Zurück mehr. »Viele der Lehnsherren hier in diesem Saal besitzen unmittelbar diesseits der Grenze Ländereien. Das heißt, wenn der Feind den Grenzwall überschreitet, wird er zuerst unsere Güter verwüsten. Denn wir können das Grenzland ja unmöglich mit so wenigen Männern auf der ganzen Länge verteidigen.«
    Ringsum wurde es still, doch Fitz Osbern saß nur schweigend da. Auf seinem kahlen Schädel spiegelte sich das Licht der Fackeln. Er sah mich an und legte die hohe Stirn in Falten. »Ich kenne Euch doch. Ich meine, Euer Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor. Wir müssen uns schon einmal begegnet sein.« Er sah Robert an und sagte: »Das ist einer von Euren Vasallen, nicht wahr?«
    »Ja, Mylord«, entgegnete Robert. »Das ist Tancred a Dinant: der Mann, der in Eoferwic mit einem Stoßtrupp in die Stadt eingedrungen ist und uns das Tor geöffnet hat, der sich Eadgar Ætheling auf der Brücke allein zum Kampf gestellt hat und ihn fast getötet hätte.«
    »Tancred«, wiederholte Fitz Osbern und schien kurz nachzudenken. »Der Bretone. Ach ja, natürlich, jetzt weiß ich wieder. Eure Heldentaten sind mir wohlbekannt. Wenn ich mich recht entsinne, wart Ihr Gefolgsmann des Earls von Northumbria, bis ihn im vergangenen Jahr der Tod ereilt hat.«
    »Richtig«, erwiderte ich, obwohl ich nicht recht begriff, weshalb das hier eine Rolle spielte.
    Er hielt inne, als sei er wieder in Gedanken versunken, lehnte sich auf eine seiner glänzenden Armlehnen und stützte das Kinn auf die Faust. »Ihr sagt, dass wir nicht genügend Männer haben, um die Grenze auf ganzer Länge zu verteidigen, und ich glaube, Ihr habt recht. Aber wir sind hier in Scrobbesburh weniger als drei Tagesmärsche von Hereford entfernt und höchstens zwei von Ceastre. Sollte der Feind also irgendwo auf unser Gebiet vordringen, werden wir das sehr bald wissen und können ihn viel früher angreifen, als er es erwartet.«
    »Bevor wir wissen, wo er sich aufhält, hat der Feind längst das Grenzland verwüstet, unsere Gutshäuser angezündet und unser Vieh abgeschlachtet«, entgegnete ich. »Das können wir doch nicht einfach zulassen, während wir hier untätig auf dem Hintern sitzen.«
    Fitz Osbern kniff die Augen zusammen. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr einen besseren Vorschlag habt?«
    Natürlich stand es mir nicht zu, ihn zu belehren, aber er hatte mir immerhin zugehört. Doch ich spürte genau, dass er allmählich genug hatte. Wenn ich noch zu ihm durchdringen wollte, musste ich mich also beeilen.
    »Ja, Mylord«, sagte ich und sah ihn an. »Ich würde sagen: Wir greifen sie an, und zwar sofort.«
    In den folgenden

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