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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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eigentlich eher bei einem Schmied erwartet hätte. Nicht nur sie selbst, auch ihre Männer – ein bunt zusammengewürfelter Haufen – trugen das Haar kurz geschnitten. Einige der Männer waren noch jung und großgewachsen, andere schon älter und eher gedrungen, manche schlank, andere korpulent. Und so vielfältig war auch ihre Bewaffnung: Einige besaßen offenbar nichts als ihr Messer, andere einen Jagdbogen oder ein Beil, wieder andere trugen einen Speer oder ein Schwert. Ein bunter Haufen in der Tat, doch die entscheidende Frage war natürlich, wie sie sich in der Hitze der Schlacht bewähren würden, und das ließ sich nicht vorhersagen. Doch ich hatte den Eindruck, dass man sich im Feld auf sie würde verlassen können, und das war mehr, als ich erwartet hatte.
    Kurz vor unserem Abmarsch kam Lord Robert noch vorbei, um mir Glück zu wünschen. Er hatte bereits seinen Kettenpanzer und die Beinlinge angelegt, um unter dem Banner des Wolfs in die Schlacht zu ziehen. Jedes einzelne Glied seines Panzers war frisch poliert und blinkte in der Morgensonne. Doch trotz seiner perfekten Ausrüstung wirkte er irgendwie bedrückt. Denn obwohl er das Waffenhandwerk perfekt beherrschte, war er von seinem Naturell her eigentlich kein Soldat. Vielmehr war ihm die Kampflust eines Mannes, der wie ich seinen Lebensunterhalt mit dem Schwert verdiente, völlig fremd, und das wussten wir beide.
    »Ich hoffe, Ihr wisst, worauf Ihr Euch da einlasst«, sagte er. »Dass Beatrice Eure Entscheidung ›dumm‹ findet, kann ich nur zu gut nachvollziehen. Dabei hat Euch doch kein Mensch dazu gedrängt, Euch für diese schwierige Aufgabe zu melden.«
    »Warum habt Ihr mich dann nicht davon abgehalten?« Tatsächlich hätte er als mein Lehnsherr dazu das Recht gehabt. Dass er von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht hatte, deutete ich als Zeichen seiner Wertschätzung.
    »Natürlich möchte ich weder Euch noch einen anderen Vasallen verlieren«, sagte er. »Andererseits will ich Euch diese Chance nicht verbauen. Von jetzt an tragt Ihr allerdings ganz allein die Verantwortung für Euer Schicksal. Und vergesst nicht: Ihr habt es hier nicht nur mit einer Räuberbande zu tun, die Ihr über die Grenze verfolgt. Diesen Kampf werden wir nur siegreich beenden, wenn wir uns voll und ganz auf Euch verlassen können: der Wolf, Fitz Osbern und ich.«
    »Darüber bin ich mir völlig im Klaren.«
    »Hoffentlich.« Er machte ein ernstes Gesicht. »Und noch eins: Seid auf der Hut vor den Prinzen Ithel und Maredudd. Die beiden sind nur so lange loyal, wie sie sich davon einen Vorteil versprechen. Sie fühlen sich durch keinen Eid gebunden. Behaltet sie also im Auge und bringt ihnen nur so viel Vertrauen entgegen, wie unbedingt nötig.«
    »Verstanden, Mylord.«
    »Und hütet Euch davor, den Feind zu unterschätzen. Die Waliser sind viel schlauer, als Fitz Osbern glaubt. Seit sie mit Eadric dem Wilden und den englischen Rebellen verbündet sind, fühlen sie sich noch stärker.«
    Falls er glaubte, dass er mir damit etwas Neues sagte, hatte er sich getäuscht; trotzdem hörte ich ihm geduldig zu. Im Übrigen wirkte er fast ein wenig verängstigt. So kannte ich ihn gar nicht. Ob seine Nervosität mit mir zusammenhing oder mit den Prüfungen, die ihn selbst erwarteten, vermochte ich nicht zu sagen. Ein Schauder überlief mich. Erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, was für eine gewaltige Verantwortung ich mir da aufgebürdet hatte.
    »Gott schütze Euch, Tancred«, sagte Robert.
    »Euch ebenso, Mylord.«
    Wir verabschiedeten uns voneinander, und er ritt über die Brücke und begab sich drüben auf der anderen Flussseite zu der Stelle, wo Earl Hugues gerade seine Truppen um sich scharte. Robert hatte mir nicht nur einen Conroi seiner Ritter, sondern auch Wace und Eudo überlassen. Da ich schon seit Längerem nicht mehr mit den beiden in den Krieg gezogen war, freute ich mich jetzt umso mehr, sie bei mir zu wissen. Kurz darauf verging mir die gute Laune allerdings schon wieder. Denn als ich mich umdrehte, sah ich Berengar, der mit einem guten Dutzend seiner Männer näher kam. Ein Reiter trug das waagerecht rot-blau gestreifte Banner seines Hauses voran. Der beleibte Ritter brachte sein schnaubendes Streitross direkt vor mir zum Stehen, hielt es aber nicht für nötig abzusteigen.
    »Was macht Ihr denn hier?«, fragte ich überrascht.
    »Jedenfalls bin ich nicht freiwillig hergekommen, falls Ihr das meint«, erwiderte Berengar abweisend. »Fitz Osbern hat in seiner

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