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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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– passend zur Farbe des Abendhimmels – in den herrlichsten Rosatönen blühte. Vor uns bis zum Horizont eine endlose Abfolge von Tälern. Hier und da brachen nackte Felsformationen aus der wogenden Heidelandschaft hervor. Als es dunkel wurde, schlugen wir im Windschatten einer solchen Formation das Lager auf, jedoch nicht etwa, weil wir dort Schutz suchten, sondern weil wir keinen besseren Platz gefunden hatten und zudem in der Umgebung die Pferde grasen konnten. Die Hochebene auf der anderen Seite des Grats war noch ein ganzes Stück entfernt, und ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass sich unsere Pferde während des heiklen Abstiegs in der Dunkelheit den Hals brachen. Immerhin boten uns die Felsen an dieser Stelle einen gewissen Schutz vor dem Wind, der in heftigen Böen von Westen her über das Land peitschte: ein sicheres Zeichen für einen Wetterumschwung.
    Offen gestanden hatte ich schon besser geschlafen als in der folgenden Nacht. Der Boden war hart und mit Bruchsteinen übersät; es war daher fast unmöglich, sich ein bequemes Plätzchen zu schaffen. Außerdem boten die Felsen nicht so viel Schutz vor den Elementen, wie ich gehofft hatte. Einigen der Männer kamen sogar die Zelte abhanden, und sie mussten bei Kameraden Unterschlupf suchen, sodass sich vier oder fünf Mann ein Zelt teilten; entsprechend übellaunig waren sie am nächsten Morgen.
    Zwischen den walisischen und den französischen Einheiten unseres Kampfverbandes hatte es schon kurz nach dem Aufbruch in Scrobbesburh erstmals Streit gegeben, da die beiden Nationalitäten nicht in einer Formation marschieren wollten. Je länger wir unterwegs waren, umso öfter kam es zu Handgreiflichkeiten. Genau wie ich selbst waren aber auch Maredudd und Ithel sehr darauf bedacht, die Feindseligkeiten zwischen beiden Gruppen nicht eskalieren zu lassen. Als wir am nächsten Morgen aufbrachen, setzten wir drei uns deshalb demonstrativ gemeinsam an die Spitze des Verbands. Ich selbst wurde dabei von meinem persönlichen Gefolge und jenen Rittern eskortiert, die Robert meinem Kommando unterstellt hatte. Die beiden Brüder wiederum wurden von ihrem auf Walisisch als teulu bezeichneten Hausgefolge begleitet. Zu dieser Garde gehörten ihre fähigsten und ergebensten Krieger, die sogar dazu bereit waren, in höchster Not das eigene Leben für ihre beiden Lehnsherren aufs Spiel zu setzen. Wir konnten durch unser gutes Vorbild zwar nicht ganz verhindern, dass sich die Männer weiterhin gegenseitig anpöbelten, doch kam es jetzt wenigstens nicht mehr zu offener Gewalt, worüber ich schon sehr froh war. Blieb nur zu hoffen, dass dieser Waffenstillstand eine Weile halten würde.
    »Wenn die Männer erst einmal das Blut des Feindes riechen, kommen sie schon auf andere Gedanken«, versuchte mich Maredudd zu beruhigen. »Ich vermute, dass der Ärger dann aufhört.«
    Ich sah ihn skeptisch an, sagte aber nichts. Wenn in einem solchen Haufen erst einmal die Blutgier erwacht war, konnte man meist nicht mehr viel machen; das war jedenfalls meine Erfahrung. Ich hatte schon öfter erlebt, dass der Streit um die Beute nach einer siegreichen Schlacht genauso viele Menschenleben gekostet hatte wie das Gefecht selbst.
    Einige Stunden später lag das Gebirge hinter uns, und am späten Vormittag passierten wir schließlich den Grenzwall. Je tiefer wir nach Powys hineinkamen, umso besser wussten die beiden Prinzen Bescheid und umso zügiger kamen wir voran. Sie kannten nicht nur diverse markante Punkte, an denen wir uns orientieren konnten, sondern wussten auch, wo wir die zahlreichen Bäche und Flüsse am besten queren konnten und welche der Wälder, die an den steilen Abhängen wuchsen, wir umgehen mussten. Unterwegs versorgten wir uns selbst mit Verpflegung, füllten unsere Weinschläuche an Quellen und Flüssen mit frischem Wasser, schickten kleine Trupps los, die Wild erlegten oder in den Dörfern und auf den Höfen in der Umgebung Vieh und Schafe stahlen. Gleichzeitig waren wir darauf bedacht, unsere wahre Truppenstärke möglichst zu verheimlichen. In Windeseile würde sich herumsprechen, dass ein Haufen normannischer Plünderer in der Gegend unterwegs war, und genau das war ja auch Fitz Osberns Kalkül. Doch unsere genaue Truppenstärke wollte ich trotzdem geheim halten, damit der Feind uns nicht einschätzen konnte.
    Nicht dass wir viele Feinde zu sehen bekamen, jedenfalls nicht bis zum Nachmittag des folgenden Tages. Die Prinzen und ich hatten unsere schnellsten berittenen

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