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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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zwei Amtszeiten als Magistrat der Stadt), sich an diesem Land zu rächen, indem er Touristen ausnimmt wie Weihnachtsgänse und junge (oder arme) Leute reihenweise einbuchtet.
    Der gute Guido musste staunend mit ansehen, wie der Bürgermeister in seinem Porsche um zehn vor sieben auf den Parkplatz des Cresthaus rollte, und dabei einen Kordon von schweigenden Edwards-Anhängern passieren musste, die darauf warteten, zur Wahl zu gehen. Wir hatten es geschafft, ein halbes Dutzend ausgesucht finstere, nichtsdestotrotz offiziell stimmberechtigte Gestalten aufzutreiben, die nun, als der Bürgermeister auftauchte, anstanden, um von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Hinter ihnen lümmelten mindestens ein Dutzend weitere Gestalten um den Kaffeespender in einem alten VW-Bus herum, die meisten von ihnen groß, breit und bärtig, manche sogar so versessen auf Gewalt, dass sie die ganze Nacht damit zugebracht hatten, aus Fahrradketten Totschläger zu basteln oder mit Unmengen von Speed ihren Wahnsinn am Brodeln zu halten.
    Bugsy war wie vom Donner gerührt. Er hatte langjährige Erfahrungen mit Drogen, doch dies war das erste Mal, dass er sich einer Horde Heads gegenübersah, die alles andere als passiv, nämlich superaggressiv auftraten. Was war nur in sie gefahren? Warum hatten sie so funkelnde Augen? Und warum brüllten sie: »Du bist am Arsch, Bugsy … Wir machen dich alle … Deine Zeiten sind vorbei … Wir treten dich in den Arsch, dass es nur so kracht.«
    Wer waren diese Leute? Alles Fremde? Irgendeine Horde hässlicher Biker aus San Francisco? Natürlich … so musste es sein … dieser Mistsack Edwards hatte einen Haufen Motorradfreaks hier hochgekarrt. Aber dann schaute er genauer hin … und erkannte an der Spitze der Reihe seinen Ex-Trinkkumpan Brad Reed, den Töpfer und notorischen Waffennarr, eins neunzig groß und hundert Kilo schwer, Vollbart und lange schwarze Matte, ein breites Grinsen auf dem Gesicht, ansonsten aber schweigend wie ein Grab …
    Gütiger Gott, die anderen kannte er auch … da war Don Davidson, der Steuerberater, glatt rasiert und einigermaßen normal aussehend in seinem schicken kastanienbraunen Parka, aber nicht mal ansatzweise lächelnd … und wer waren diese beiden Mädchen, diese wohlgeformten blondhaarigen Gestalten, deren Namen er sogar von zufälligen Begegnungen in freundlicheren Zeiten kannte? Was taten sie hier draußen in der Morgendämmerung inmitten dieses bedrohlichen Mobs?
    In der Tat. Was machten sie hier? Er hastete nach drinnen, um sich mit Guido zu beratschlagen, doch stattdessen rannte er Tom Benton in die Arme, dem stark behaarten Künstler und stadtbekannten Radikalen … Benton grinste wie ein Krokodil, schwenkte ein kleines schwarzes Mikrofon und sagte: »Herzlich willkommen, Bugsy. Du bist spät dran. Die Wähler warten schon draußen … Hast du sie gesehen? Waren sie nett? Und falls du dich fragst, was ich hier mache, ich bin Wahlbeobachter für Joe Edwards … und der Grund, warum ich diesen kleinen Apparat habe, ist der, damit ich jedes einzelne Wort von dir aufnehmen und dich vor Gericht zerren kann, sobald du anfängst, unsere Wähler zu schikanieren …«
    Schon wenige Augenblicke später musste der Bürgermeister seine erste Schlappe einstecken. Einer der ersten offensichtlichen Edwards-Wähler war ein blonder Bursche, der aussah, als wäre er gerade mal siebzehn. Bugsy war schon drauf und dran, ihn vollzulabern, als Benton ihm mit dem Mikrofon zu Leibe rückte, um gegebenenfalls zu intervenieren … doch bevor Benton auch nur ein Wort sagen konnte, knurrte der Junge den Bürgermeister an und brüllte: »Fick dich ins Knie, Bugsy! Find selber raus, wie alt ich bin. Ich kenne meine verdammten Rechte. Ich muss dir überhaupt keinen Nachweis für irgendwas zeigen. Deine Tage sind gezählt, Bugsy. Du bist ein toter Mann! Geh mir aus dem Weg! Ich will meine Stimme abgeben!«
    Die nächste unangenehme Begegnung hatte Bugsy mit einem sehr schwergewichtigen jungen Mädchen, dem sämtliche Vorderzähne fehlten und das ein ausgeleiertes T-Shirt ohne BH darunter trug. Irgendwer hatte sie zum Wahllokal gebracht, aber als sie dort ankam, fing sie an zu heulen. Sie schlotterte vor Angst und traute sich nicht hineinzugehen. Wir durften uns dem Eingang nur bis auf dreißig Meter nähern, aber es gelang uns, Benton zu informieren, der herauskam und das Mädchen nach drinnen eskortierte. Sie gab trotz Bugsys Proteste ihre Stimme ab, und als sie wieder herauskam, strahlte sie

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