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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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anderen Wegen fruchtlos geblieben sind.
    Die Umstände von Dr. Thompsons Verschwinden von der öffentlichen Bühne waren in den letzten Monaten ein sorgsam gehütetes Geheimnis. Dr. Thompson ist – im Anschluss an eine merkwürdige Begegnung mit Henry Kissinger während eines »Erholungsurlaubs« in Acapulco – in der letzten Märzwoche bei einem Tauchgang vor der Küste von Yucatán, wo er nach schwar zen Korallen tauchte, beinahe ertrunken, als aus unerklärlichen Gründen die Sauerstoffflaschen seiner Taucherausrüstung in 100 Meter Tiefe versagten. Der anschließende, von Zeugen beobachtete Notaufstieg aus dieser Tiefe führte zu einem akuten Fall von Taucherkrankheit, die es notwendig machte, ein Flugzeug zu chartern und ihn noch in der gleichen Nacht zur nächstgelegenen Dekompressionskammer zu transportieren, die sich in Miami befand.
    Dr. Thompson brachte nahezu drei Wochen in dieser Kammer – einer runden Zelle aus Stahl von etwa vier Metern Durchmesser – im Zustand tiefer Bewusstlosigkeit zu. Als er das Bewusstsein wieder erlangte, beschränkten sich die Möglichkeiten, mit ihm zu kommunizieren, auf eine mit erheblichen Mängeln behaftete Gegensprechanlage beziehungsweise kurze handgeschriebene Notizen, die man vor das Sichtfenster hielt. Auf Dr. Thompsons Drängen wurde unter beträchtlichem Aufwand ein Fernsehgerät in der Kammer installiert, sodass er in der Lage war, die Anhörungen im Fall Watergate zu verfolgen … dennoch war er wegen der gefährlichen Druckunterschiede nicht in der Lage, mehr als ein paar schwer leserliche Mitteilungen an seinen langjährigen Freund und Mitarbeiter Raoul Duke weiterzureichen, der unmittelbar nach dem Unfall auf eigene Kosten nach Miami geflogen war.
    Als sich herauskristallisierte, dass Dr. Thompson auf unbestimmte Zeit in der mit Fernseher und Notizbüchern ausgestatteten Dekompressionskammer würde bleiben müssen – seine Atmung hatte sich mittlerweile normalisiert –, reiste Duke nach Colorado ab und brachte die nächsten drei Monate damit zu, sich um die persönlichen und geschäftlichen Belange Thompsons zu kümmern und dessen für 1974 anvisierte Kandidatur um einen Sitz im Senat in groben Zügen vorzubereiten.
    Diese Rolle war für Duke nichts Neues, denn ihn und Thompson verbindet seit 1968 eine enge Freundschaft und Zusammenarbeit, nachdem Duke zuvor vierzehn Jahre in den Diensten der CIA, des FBI und der Abteilung Staatsschutz der Polizeibehörde von Pittsburgh, Pennsylvania, gestanden hatte. Seit er in den Diensten von Dr. Thompson steht, ist sein Aufgabenspektrum naturgemäß breit gefächert: er wurde (unter anderem) bezeichnet als: »Waffenexperte«, »Ghostwriter«, »Leibwächter«, »Magier« und »brutaler Ausputzer«.
    »Verglichen mit den Sachen, die ich für Dr. Thompson gedreht habe«, erklärt Duke, »sind Gordon Liddy und Howard Hunt die reinsten Waisenknaben.«
    Es geht aus diesem Memo zweifelsfrei hervor, dass Duke einen beträchtlichen Teil seiner Zeit in Colorado damit verbracht hat, die Watergate-Anhörungen im Fernsehen zu verfolgen – doch es wird ebenso unzweifelhaft deutlich, dass die vorsichtigen Schlussfolgerungen, zu denen er gelangt ist, sich ganz erheblich von jenen unterscheiden, die Dr. Thompson an seinem zugegebenermaßen einzigartigen Beobachtungspunkt in einer Dekompressionskammer in Miami entwickelt hat.
    Die Herausgeber des Rolling Stone ziehen es vor, keinen der beiden Standpunkte zu kommentieren, ebenso wie wir lieber keinen Kommentar abgeben, was die abenteuerlich-albtraumhaften Lawinen von Spesenquittungen angeht, die seitens Duke in Verbindung mit diesem Memo eingereicht wurden. Getreu unserer langen Tradition stellen wir jedoch auch dieses Mal wieder das Informationsinteresse der Öffentlichkeit voran und verzichten auf jegliche Gedanken an kleinliche Feilschereien über die Rechnung für ein Frühstück oder Mittagessen.
    Das Folgende ist ein wirres Konglomerat aus Dukes offizieller Kommunikation mit dieser Redaktion und Thompsons (von Duke weitergeleitete) »Anmerkungen zu Watergate« aus der Dekompressionskammer in Miami. Die Chronologie weist an manchen Stellen Ungereimtheiten auf. In Dukes einleitenden Bemerkungen beispielsweise spiegeln sich Besorgnis und Entsetzen über Dr. Thompsons Entschluss, sich, sobald die Ärzte ihm zusichern, dass er unter normalen Druckverhältnissen existieren kann, aus Miami ab- und sich der rauen und politisch explosiven Atmosphäre Washingtons auszusetzen. Ganz anders

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