Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
der (1971er) Liste der »Feinde des Weißen Haus« mehr mit chronolgischen Aspekten zu tun hat und mit Ron Zieglers Weigerung, den Rolling Stone überhaupt zu lesen, als mit der Gültigkeit all dessen, was ich je über diesen üblen Schweinehund gesagt oder geschrieben habe.
Ich war schließlich der einzige akkreditierte Journalist, der im Rahmen der Berichterstattung über den Wahlkampf 1972 Nixon mit Adolf Hitler verglichen hat … ich war der Einzige, der ihn als pathologischen Gewaltverbrecher und als Strippenzieher mit der moralischen Integrität eines Gebrauchtwagenhändlers bezeichnet hat. Und als diese geschmacklosen Exzesse von dem unterwürfigen Pressekorps des Weißen Hauses in einem Akt der Selbstzensur still und heimlich unter den Tisch gekehrt wurden, trieb ich meine Koketterie mit dem schlechten Geschmack noch eine Stufe weiter, indem ich die Korrespondenten aus dem Weißen Haus als eine Bande lahmarschiger Huren bezeichnete und als Schafe, die nicht den Mumm aufbrachten, Ron Ziegler auch nur zu widersprechen – der sie dann nach Nixons verlogener Pfeife tanzen ließ, bis es mit einem Mal plötzlich Mode wurde, ihn als den gekauften Schwindler zu betrachten, der er die ganze Zeit schon gewesen war.
Der Grund meiner hier vorgebrachten Verärgerung ist – außer, dass ich nicht auf der Liste stehe – der Zorn darüber, dass mir (sogar von Ziegler) die Anerkennung für meine Beleidigungen versagt wird, mit denen ich Nixon schon überzogen habe, bevor es mit ihm bergab ging. Dies ist eine Frage journalistischer Ethik – oder vielleicht auch von »sportlicher Fairness« –, und ich reklamiere mit einigem Stolz für mich, dass ich Nixon ans Bein getreten habe, bevor er zu Boden ging. Nicht erst danach – was ich aber auch vorhabe, sobald ich dazu komme.
Und ich habe mit Schuldgefühlen in diesem Zusammenhang genauso wenig Probleme, wie wenn ich eine Rattenfalle in meiner Küche aufstelle, sollte dies einmal notwendig sein – oder wie Richard Nixon sie meines Wissens hätte, wenn es darum ginge, einen Gangster wie Gordon Liddy damit zu beauftragen, mir irgendein Verbrechen anzuhängen, nur weil mein Name auf der Liste steht.
Wenn sie das Scheißding auf den neuesten Stand bringen, will ich auch draufstehen. Mein Anwalt biegt derzeit sogar meine Steuererklärung dergestalt hin, dass daraus eine Kampfansage wird. Wenn die nächste Liste der »Feinde des Weißen Hauses« erscheint, will ich dabei sein. Mein Sohn wird mir – in zehn Jahren – niemals vergeben, wenn ich es nicht schaffe, meinen Namen reinzuwaschen und offiziell in die Gruppe derer aufgenommen zu werden, die Richard Nixon für gefährlich erachtete.
Dick Tuck ergeht es ähnlich. Er saß in meiner Küche und verfolgte die Geschehnisse im Fernsehen, als Sam Donaldson begann, die Liste auf ABC-TV zu verlesen.
»Heilige Scheiße!«, murmelte Tuck. »Wir sind nicht mit drauf.«
»Mach dir keine Sorgen«, erwiderte ich finster. »Das kommt noch.«
»Was können wir unternehmen ?«, fragte er.
»Die Kacke zum Dampfen bringen«, sagte ich. »Mach dir keine Sorgen. Wenn die nächste Liste rauskommt, stehen wir auch drauf . Das garantiere ich dir.«
MEMO
VON:
Raoul Duke, Sportredakteur
AN:
Chefredaktion
C.C.:
Rechtsabteilung, Finanzabteilung, Sicherheitsdienst etc.
BETREFF:
Die bevorstehende Entlassung von Dr. Thompson aus der Dekompressionskammer in Miami und die wahrscheinliche Unfähigkeit der Sportredaktion und sämtlicher übriger Personen, seine Aktionen im Anschluss daran in irgendeiner Weise zu kontrollieren … vor allem in Bezug auf seinen vorschnell gefassten Plan, das Ressort Innenpolitik wieder nach Washington zu verlegen und Ralph Steadman aus England einfliegen zu lassen, um bei den Watergate-Anhörungen Unruhe zu stiften …
ANMERKUNG DER CHEFREDAKTION
Das folgende innerbetriebliche Memo ging hier unmittelbar vor Redaktionsschluss per Mojo Wire aus Colorado ein. Es wurde von den betroffenen Mitarbeitern mit gemischten Gefühlen aufgenommen … und wegen der weitreichenden Konsequenzen, die sich daraus ergeben, empfinden wir eine gewisse Verpflichtung, in letzter Minute noch schnell eine kurze Erklärung abzugeben … die sich in erster Linie an jene richtet, die nie verstanden haben, in welcher Funktion Raoul Duke (dessen offizieller Titel »Sportredakteur« lautet) tatsächlich für uns tätig ist, und an all jene zahlreichen Leser, deren Versuche der Kontaktaufnahme mit Dr. Thompson per Post, Telefon oder auf
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