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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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zurückzubringen. Richard Nixons siebte Krise wird seine letzte sein. Zusammen mit Harding und Grant wird er in die Geschichtsbücher eingehen als einer der Klassiker in der Kategorie »Wahrhaft verkommene Präsidenten dieses Landes«.
    Und haargenau das hat er auch verdient. Und wenn mir das in Ms. Alexanders Augen eine »Aasgeiermentalität« verleiht … nun denn … damit kann ich leben. Meine Großmutter war eine von jenen älteren Damen, die aus allen Wolken fielen und bittere Tränen vergossen, als der Herzog von Windsor 1936 auf den englischen Thron verzichtete, um eine amerikanische Bürgerliche zu heiraten. Dabei kannte sie den Herzog überhaupt nicht und wusste nichts über ihn. Aber sie wusste – ebenso wie Millionen anderer älterer Damen und heimlicher Monarchisten –, dass ein designierter König die Pflicht hatte, seine Rolle zu erfüllen. Sie weinte um ihre zerstörten Illusionen – und aus den gleichen Gründen werden morgen Stewart Alsop und Shana Alexander bittere Tränen vergießen, wenn der US-Senat ein Amtsenthebungsverfahren gegen Richard Nixon einleitet.
    Unsere Kongressabgeordneten werden alles Mögliche tun, um das zu vermeiden, denn auch wenn sie es noch so heftig leugnen oder sich dagegen wehren, empfinden die meisten von ihnen, ein tiefes, instinktives Mitgefühl angesichts der »tragischen Umstände«, die dazu führten, dass Richard Nixon nun, wie Evans und Novak es formulierten, »vor dem Ruin« steht. Und die handzahme Opposition hat sich in diesem endlosen Albtraum ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckert. Selbst Nixons langjährige Hauptwidersacher halten sich zurück und überlassen die Drecksarbeit angeheuerten Anwälten und gesichtslosen Untersuchungsbeauftragten. Die Senatoren Kennedy, McGovern und Fulbright hüllen sich in rätselhaftes Schweigen, während Humphrey sinnloses Gebrabbel absondert und Muskie seine Energie darauf verwendet, den persönlichen Angriffen von Strom Thurmond etwas entgegenzusetzen. Die einzigen Politiker, die in der Öffentlichkeit Aussagen darüber machen, welche fatalen Auswirkungen der Watergate-Eisberg möglicherweise nach sich ziehen wird, sind diejenigen, die sich nicht darum herumdrücken können, nämlich die vier handverlesenen Eunuchen/Demokraten im Senatsuntersuchungsausschuss und eine Handvoll von Panik getriebener Republikaner, die 1974 ihre Ämter in Nachwahlen verteidigen müssen.
    Das wirklich Schlimme an »Watergate«, so zeichnet sich nun ab, ist weniger die Tatsache, dass es am Ende auf die widerwillige Amtsenthebung eines moralisch verkommenen, rachsüchtigen Präsidenten hinausläuft, dessen gesamte politische Karriere ein einziges Monument all jener billiger Maschen und Tricksereien war, für die er nun am Haken hängt, sondern vielmehr, dass wir daraus unter Umständen nicht die geringsten Lehren für die Zukunft ziehen.
    Schon jetzt ist eine ungute Entwicklung zu beobachten – und das Schlimmste kommt wohl erst noch –, nämlich, dass in der öffentlichen Meinung jene Stimmen immer lauter werden, wonach das, was Nixon und seine Bande von Anhängern und Auftragsgangstern abgezogen haben, nicht schlimmer war als das, was Politiker schon seit jeher veranstaltet haben und möglicherweise immer noch tun.
    Jeder, der das glaubt, ist ein dämlicher Narr – aber davon gibt es, wie man leider feststellen muss, eine ganze Menge. Was sich hier abgespielt hat – und was letztendlich nur daran gescheitert ist, dass die Typen, die Nixon in sein Amt gehievt hatten und das Land in seinem Namen regierten, tief in ihren Herzen wussten, dass sie alle nur fiese hohlköpfige Arschgeigen waren, die sich gegenseitig nicht über den Weg trauen konnten –, war der Versuch der Machtübernahme und der totalen Pervertierung des politischen Systems der USA durch eine Bande von kaltblütigen Strippenziehern, deren Fähigkeiten allerdings nicht einmal ausreichten, einen simplen Einbruch sauber über die Bühne zu bringen … was unter anderem eine Erklärung dafür darstellt, warum 25000 junge Amerikaner in Vietnam sterben mussten, während Nixon und seine Gedankenfabrik sich die Köpfe zerbrachen, wie sie den Leuten am besten beibringen konnten, dass die ganze Angelegenheit von Anfang an ein Fehler gewesen war.

Angst und Schrecken im Watergate: Mr. Nixon hat seinen Scheck eingelöst
    27. September 1973
    Ich bin gerade fertig geworden mit einem Bericht für einen Herrn namens Charles L. Roach, dem Schadensgutachter der Avis-Autovermietung Sektion

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