Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Tatsache verdankt, nahezu jedem Druck standhalten zu können – steht derzeit unter größerem Druck, als sich unsereins überhaupt ausmalen kann. Sein ganzes Leben verwandelt sich in einen Haufen Scheiße, just in dem Moment, wo er den Gipfel erreicht hat … und ab und zu, wenn mich in den kühlen Abendstunden eine gewisse Nachdenklichkeit überkommt, komme ich nicht umhin zuzugeben, dass ich eine gewisse, irrationale Sympathie für den Mistsack empfinde. Nicht für den Präsidenten Nixon – der ist nichts weiter als ein mieser kleiner Schläger, der uns alle opfern würde, nur um sich zu retten, wenn er noch immer die Wahl hätte –, sondern dieselbe Art Sympathie, die man für einen verbissenen Linebacker empfindet, der nur billige Tricks draufhat und dessen gesamte Karriere mit einem Mal beendet ist, als ihn ein übereifriger junger Nachwuchsspieler mit einem tief angesetzten Block beide Knie zertrümmert.
    Typen, die nur billige Tricks draufhaben, kommen im Profi-Football nicht allzu weit. Doch jemand mit Absicht zum Krüppel zu machen, verstößt gegen einen ähnlichen Kodex wie die sogenannte »Ganovenehre«.
    Es gibt allerdings mehr Linebacker als Ganoven, die diesen Kodex nach wie vor hochhalten, und wenn es um Politik geht – um eine achtundzwanzig Jahre dauernde Karriere, die nur auf billigen Tricks, Lügen und Gaunereien aufgebaut war –, gibt es niemanden, der das gerade schmerzlicher zu spüren bekommt, als Richard Milhouse Nixon. Er ist ein Paradebeispiel für die althergebrachte Soldatenweisheit: »Man darf nur eines nicht – sich erwischen zu lassen.«
    Dieses ist nicht das erste Mal, dass Nixon sich hat erwischen lassen. Nach seiner gescheiterten Kampagne um das Amt des Gouverneurs von Kalifornien 1962 wurde er – zusammen mit H. R. Haldeman, Maurice Stans, Murray Chotiner, Herb Klein und Herb Kalmbach – wegen genau der gleichen krummen Touren und illegalen Wahlkampfmethoden, die ihm auch heute wieder zur Last gelegt werden, bereits damals offiziell schuldig gesprochen.
    Doch dieses Mal hat er sich, um im Jargon der Sergeants zu bleiben, die militärische Traditionen lebendig erhalten, »bis zum Hals in den Schlamassel geritten« und »sein Arsch ist in den Schredder geraten«.
    Es gibt in der englischen Literatur wenige Leute, die besser schreiben konnten als ein merkwürdiger Pole mit einem eigenwilligen Sinn für Humor, der sich selbst den Namen Joseph Conrad verpasst hat. Und ich bin der festen Meinung, dass er, würde er heute unter uns weilen, dieser Watergate-Story einiges abgewinnen würde. Mr. Kurtz aus Conrads Herz der Finsternis hat sein Ding durchgezogen.
    Genauso wie Mr. Nixon sein Ding durchgezogen hat.
    Und es gilt, ebenso wie für Mr. Kurtz: »Mistah Nixon, er tot.«
    Brief von JSW an HST
    7. März 1973
    Hunter,
    1) Den Text »Das vorläufige Ende der Wahlkampfkarawane« schnellstens noch einmal redigieren, plus einen Einleitungstext von 250 Wörtern Umfang. Abgabetermin spätestens 12. März.
    2) »Dr. Thompsons Einführung in die Welt der Motorräder« – Abgabetermin 23. April. (Denk dran, mir umgehend ein oder zwei mit entsprechenden Markierungen versehene Motorradzeitschriften zuzuschicken, damit ich die entsprechenden Demonstrationen hier in L. A. für dich ansetzen kann, sobald der Yorty-Artikel raus ist.)
    3) »Sam Yorty im Kampf gegen die Mächte des Bösen« (ein erster Blick auf das Rennen um den Bürgermeisterposten in L. A.) Abgabetermin 9. April (als Kolumne für Heft 134, vorraussichtl. Umfang 2500 bis 4000 Wörter).
    4) Das Rennen um den Bürgermeisterposten in L. A. – Reportage, Abgabetermin 4. Juni (138).
    5) Das Rennen um den Bürgermeisterposten in New York (lange Kolumne oder Reportage), Abgabetermin 18. Juni (139).
    Darüber hinaus möchte ich dich bitten, dir über Sonderberichte zu zwei weiteren Themen Gedanken zu machen:
    1)Reverend Ike
    2)Profi-Wrestling
    Außerdem würde ich gern wissen, wann du eventuell Zeit und Lust hättest für einen längeren Artikel (oder eine Serie) über Texas, damit ich mich mit Ralph Steadman über einen Zeitplan verständigen kann. Ich würde den Texas-Artikel gern als Aufmacher für eine oder zwei Ausgaben diesen Herbst verwenden. Bitte bestätigen.
    Jann
    Anmerkung des Herausgebers: Keines dieser Vorhaben wurde in die Tat umgesetzt.

Angst und Schrecken bei der Super Bowl
    28. Februar 1974
    »… Und so jemand nicht gefunden ward geschrieben in dem Buch des Lebens, der ward geworfen in den feurigen Pfuhl