Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
Vom Netzwerk:
veröffentlichten Buchs mit dem Titel The National Football Lottery , der scharfsinnigen Abhandlung eines Laien darüber, wie man die Buchmacher bei Wetten auf Profi-Footballspiele schlägt. Ich hatte gerade ein längeres Gespräch mit Joe Robbie, dem Besitzer der Dolphins, über die nationale Politik, Profi-Football und das tragische Schicksal unseres gemeinsamen Freundes George McGovern geführt, als mich Merchant mit einer Hand auf die Schulter tippte und mir mit der anderen einen 50-Dollar-Schein reichte. Er sagte kein einziges Wort. Er hatte darauf gesetzt, dass Minnesota mit sechseinhalb Punkten Vorsprung gewinnen würde. Am Ende betrug die Differenz siebzehn Punkte zugunsten der Dolphins.
    Ich grinste und steckte den Geldschein in meine Brieftasche. Joe Robbie tat so, als würde er nichts davon mitbekommen. Auf den Ausgang eines Spiels zu wetten ist unter Teambesitzern, Spielern, Trainern und allen anderen Mitgliedern der National Football League strengstens verboten, und in der Öffentlichkeit auch nur in der Nähe einer wie auch immer gearteten Wettaktivität gesehen zu werden ist diesen Leuten sehr unangenehm. Schlimmer als mit einem bekannten Spieler gesehen zu werden ist nur, sich im grellen Licht der Fernsehkameras neben einem berüchtigten Drogenkonsumenten wiederzufinden … und hier stand der Besitzer des Gewinnerteams nur Augenblicke, nachdem ihm die Lombardi-Trophäe überreicht wurde, vor dreihundert Kameras und unterhielt sich scheinbar sehr angeregt – über die Wahrscheinlichkeit, dass Nixon des Amtes enthoben werden würde – mit einer Person, die seit Langem von den Sicherheitskräften der NFL sowohl als notorischer Spieler als auch als Drogenfreak bekannt war.
    Ich hätte fast erwartet, dass Robbie sich den Mantel über den Kopf ziehen und zum Zeltausgang laufen würde, aber er verzog keine Miene. Er sprach einfach weiter über McGoverns Wahlkampf, schüttelte mir noch einmal die Hand und lud mich für den Abend zur Siegesfeier der Dolphins in das Marriott Motor Hotel ein. »Kommen Sie und feiern Sie mit uns«, sagte er. »Das wird bestimmt eine tolle Party.«
    »Warum nicht?«, sagte ich. Hinter mir konnte ich George Kimball hören, der im Wahn eines scheinbar endlosen Acid-Trips herumbrüllte … als ich mich umdrehte, um mich um Kimball zu kümmern, erinnerte ich mich daran, dass Joe Robbie ursprünglich aus der Politik kam – er hatte unter anderem als Kongressabgeordneter für die linksgerichtete Minnesota-Democratic-Farmer-Labor-Party kandidiert. Er hatte eine Aura des Politikverständnisses oder zumindest des politischen Einfühlungsvermögens, die für Männer, die Profi-Footballmannschaften leiten, eher selten ist. Sowohl Robbie als auch sein Trainer Don Shula sind entspannter und haben einen größeren Sinn für Humor als die militaristischen, puritanischen Sportler und PR-Menschen, mit denen man es sonst auf den höheren Machtebenen der NFL zu tun hat. Das war – ganz besonders bei Shula – sowohl nach als auch vor dem Spiel offensichtlich.
    In krassem Gegensatz zu Shula benahm sich Bud Grant, der Trainer der Vikings, in der Super-Woche wie ein Drill Sergeant des Marine Corps mit Hämorrhoiden im Endstadium. Grants öffentliches Auftreten in Houston weckte ungute Erinnerungen an die unbeherrschten Ausbrüche von George Allen, dem Trainer der Redskins, vor dem Spiel letztes Jahr in Los Angeles.
    Diese Parallele konnte man nur schwerlich übersehen, und es war – in beiden Fällen – ziemlich offensichtlich, dass die Einstellung der Trainer diejenige der Spieler entweder widerspiegelte oder stark beeinflusste … und bei wichtigen Treffen zwischen angeblich gleich starken Teams sollte man vor dem Spiel gewisse Faktoren wie etwa Selbstvertrauen, Humor, Stimmungsschwankungen und irre Blicke durchaus in Betracht ziehen, wenn man eine Wette abschließt.
    Mir jedenfalls entging diese Parallele nicht … aber es gibt natürlich auch die andere Seite der Medaille, die nötig ist, damit das Spiel nicht langweilig wird. Unter Spielern gibt es den Begriff der »Flockigkeit«, was man wohl grob mit »mangelnder Teamfähigkeit« übersetzen könnte und sich durch Launenhaftigkeit und eine schon manisch-depressive Unberechenbarkeit sowohl auf als auch abseits des Spielfelds äußert.
    Miami ist kein flockiges Team, sondern fast schon langweilig harmonisch. »Wir sind ein Gewinnerteam«, sagt der Verteidigungsstar Jake Scott. »Wenn etwas getan werden muss, dann tun wir’s auch.« Die

Weitere Kostenlose Bücher