Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Düsternis befreien können …« An dieser Stelle legte Mutter Roberts den Hörer auf.
Erst Montagnachmittag telefonierte ich tatsächlich mit Mutter Roberts, aber die Idee, nach Galveston zu fahren und die gesamte Super-Scene-Story von irgendeinem schäbigen Motel am Kai aus zu machen, war mir fast seit der ersten Stunde durch den Kopf gegangen, als ich mein reserviertes Zimmer im Hyatt Regency bezogen hatte.
Wenn ich so zurückdenke an die dumpfen Geschehnisse, dann tut es mir leid, dass ich es damals nicht getan habe. Fast alles wäre besser gewesen als die nutzlose Woche in Houston, die ich damit verbrachte, auf das Große Spiel zu warten. Der einzige Ort in der Stadt, wo ich mich zu Hause fühlte, war so eine Art Strip-Schuppen, wo es gelegentlich zu Gewalttätigkeiten kam. Er hieß Blue Fox und lag weit draußen vor der Stadt an der South Main. Niemand, mit dem ich in Houston sprach, hatte je von dem Laden gehört, und die einzigen beiden Sportjournalisten, die mit mir da rausfuhren, gerieten auch prompt in einen wilden Krawall, bei dem wir schließlich alle von Zivilbullen der Sitte mit der chemischen Keule behandelt wurden. Die waren gerade zufällig da, als der Trouble losging.
Ach … das ist eine andere Geschichte, und dafür haben wir hier nicht die Zeit. Vielleicht das nächste Mal. Zwei unerzählte Legenden bleiben, die nicht in diese Geschichte passen: die eine hat zu tun mit Big Al’s Cactus Room in Oakland, und die andere betrifft das Blue Fox in Houston.
Und dann ist da auch noch – zumindest haben sie wohl mehr als zwei Dutzend leichtgläubige Sportschreiber bei der Super Bowl geschluckt – die hässliche Geschichte, wie ich drei oder vier Tage lang vor der Super-Woche in einem Motelzimmer für sieben Dollar die Nacht am Kai von Galveston Heroin gedrückt habe.
Ich erinnere mich, dass ich die Geschichte eines Abends im Presseaufenthaltsraum des Hyatt Regency erzählte, und zwar improvisierte ich sie einfach aus schierer Langeweile … Und dann vergaß ich sie absolut, bis einer der lokalen Sportschreiber mich am nächsten Tag oder so ansprach und fragte: »Sagen Sie mal, Mann, ich hab gehört, Sie waren letzte Woche in Galveston?«
»Galveston?«
»Yeah«, sagte er. »Ich hab gehört, Sie haben sich da in ein Motel-Zimmer eingeschlossen und drei Tage lang Heroin gespritzt.«
Ich sah mich um, ob uns jemand zuhörte, grinste dann ziemlich blöd und sagte: »Na ja, sonst lag da ja nichts an, wissen Sie – also warum sich nicht in Galveston vollknallen?«
Er zuckte spastisch und sah herunter auf seinen Old Crow mit Soda. Ich schaute auf meine Armbanduhr und wollte weggehen. »Ist Zeit, mal wieder loszulegen«, sagte ich lächelnd. »Bis später dann, wenn ich wieder normal drauf bin.«
Er nickte, und sein Blick war düster, als ich mich unter die Menge mischte … und obwohl ich ihn während der restlichen Woche drei- oder viermal am Tag sah, sprach er nie wieder ein Wort mit mir.
Die meisten Sportjournalisten sind so unbedarft, was das Drogenthema betrifft, dass man nur mit ihnen darüber sprechen kann, wenn man sich des eigenen Risikos bewusst ist – und deswegen fällt es mir leicht, denn ich fahr drauf ab, wenn ich sehe, wie sie Stielaugen bekommen. Für einen Profi-Footballspieler kann es jedoch katastrophale Folgen haben, wenn er in seiner Lässigkeit den Fehler macht anzunehmen, ein Sportjournalist wisse, worüber er spricht, wenn er ein Wort wie »speed« benutzt. Jeder professionelle Athlet, der sich mit einem Sportjournalisten über »Drogen« unterhält, geht ein sehr großes Risiko ein – auch wenn er die besten und konstruktivsten Absichten hat. Heutzutage bewirkt man definitiv eine gewisse Hysterie, wenn man in Bezug auf Profi-Football von irgendwelchen Drogen spricht, und eine beiläufige Bemerkung – sogar eine bedeutungslose Bemerkung – am Tisch einer Bar am Heimatort kann sehr schnell dazu führen, dass man sich auf dem Zeugenstuhl vor einem Kongresskomitee wiederfindet.
Ah … Drogen – schon wieder das Wort. Es war schwer, im vergangenen Jahr dieses Wort in NFL-Kreisen zu vermeiden – so wie es schwer war, während der 1960er-Kennedy/Nixon-Wahl nicht von »Raketenlücke« zu reden und 1968 nicht von »law and order«.
1973 war kein besonders ergiebiges Pressejahr für Kongressabgeordnete. Das Watergate-Kommittee des Senats schien irgendwie alle Druckerschwärze und alle Sendezeiten per Vorkaufsrecht in Beschlag genommen zu haben … und einer der wenigen
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