Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
Vom Netzwerk:
ist.« Er nickte. »Diesmal warten wir nur auf die Hundesöhne!«
    Und das taten sie. Ich sah ein doppelläufiges Schrotgewehr in der Ecke bei dem Regal stehen, das voll von Öldosen war. Zwei große Jagdhunde schliefen auf dem schmierigen Linoleumfußboden, und die Ketten, die zu ihren Halsbändern führten, waren um den Fuß des Kaugummiautomaten geschlungen. Ein Anflug von Habgier durchschoss mich, als ich die Glaskugel sah, die mit all den roten, weißen, blauen und grünen Kaugummikugeln angefüllt war. Wir hatten fast alles andere weggeschleppt aus dem Laden, und ich fühlte einen Stich von Bedauern, dass wir den Kaugummiautomaten so unberührt zurücklassen mussten: all die Pennys da drin, und keiner, der sie sich durch die Finger rinnen lassen konnte …
    Rückblickend glaube ich, dass mich jener Augenblick auf den Weg der Klugheit brachte. Wir hatten unser Schicksal mit dem Laden weit genug herausgefordert, und die Welt war voll von farbenfrohen Kaugummiautomaten. Es war ein seltsamer und bedrohlicher Ton in der Stimme des Mannes, und ich brauchte lange, bis ich ihn vergessen hatte.
    Wir fuhren in die Stadt, kreuzten eine Weile herum und tranken warmes Bier. Dann raubten wir einen überfüllten Schnapsladen an der Mainstreet aus, indem wir eine Prügelei mit den Verkäufern anfingen und die Kasse ausleerten, während sie Mühe hatte, sich gegen uns zu verteidigen.
    Weniger als 200 Dollar holten wir da raus, wenn ich mich richtig erinnere – ungefähr genauso viel, wie wir in den drei Nächten bei der Tankstelle klargemacht hatten –, und auf dem Weg aus der Stadt dachte ich – daran erinnere ich mich noch –, ich könnte vielleicht etwas Besseres mit meinem Leben anfangen, als Tankstellen und Schnapsläden auszurauben. Nachdem wir verrückt genug gewesen waren, Risiken einzugehen, die uns alle drei für mindestens fünf Jahre hinter Gitter hätten bringen können, hatten wir pro Mann ganze 135 Dollar aufzuweisen, und die Hälfte davon war schon ausgegeben für Benzin, Essen, Bier und Lohn für die Wermutbrüder, die uns Whiskey besorgen mussten, weil wir noch zu jung waren, um bedient zu werden, und die uns dafür das Doppelte abnahmen.
    Jenes verbrecherische Wochenende in Lexington war mein letzter Coup, wie man so schön sagt. Ich gab sogar den normalen Ladendiebstahl auf, und dadurch änderte sich mein Lebensstil für eine Weile ganz erheblich, denn es hatte mich immerhin mehrere Jahre gekostet, die Fähigkeit und die geistige Haltung auszubilden, die man braucht, um in ein Juweliergeschäft zu gehen und mit sechs Armbanduhren wieder herauszukommen oder durch den Vordereingang einer Kneipe zu treten und den Barkeeper so lange mit einem falschen Ausweis kirre zu machen, bis ein Freund mit einer Kiste Old Forester durch die Hintertür entwischt war … Aber als ich die Chose aufgab, da gab ich sie hundertprozentig auf. Und nach fünfzehn Jahren Abstinenz sind meine Fähigkeiten so hoffnungslos verkümmert, dass ich nicht mal mehr in der Lage bin, eine Zeitung von einem offenen Ständer auf der Straße zu stehlen.
    Ach … gütige Blubbermutter Gottes, wie zum Teufel bin ich denn jetzt auf die Straßenkriminalität von Teenagern gekommen? Dies sollte doch eine tiefschürfende, ernsthafte politische Abhandlung über Richard Nixon werden …
    Obwohl es vielleicht gar keine allzu große Abweichung war. Der Ausgangspunkt hatte, glaube ich doch, etwas mit der Straßenbengelmentalität zu tun, die Nixon veranlasste, es so weit zu treiben, dass es schließlich fast unmöglich war, nicht erwischt zu werden. Eine Weile hatte er das Glück und die Arroganz eines halbsmarten Amateurs. Aus ihrem Schlupfwinkel im Weißen Haus behandelten Nixon und die Buchhaltertypen aus L. A., die er mitbrachte, die alteingesessene Machtelite von Washington mit derselben Verachtung, die die offenbar jungen Einbrecher für die Festungen der Reichen und Mächtigen hatten, die sie heimsuchten – oder ich für den armen Schlucker, dem die Tankstelle in Lexington gehörte.
    Professionelle Bullen, Journalisten oder Untersuchungsbeamte tun sich schwer mit so was. Wie Ärzte und Anwälte sind die besten Köpfe der Polizei seit ihrer Pubertät trainiert worden, in Schablonen und Präzedenzfällen zu denken. Jede originelle Handlung wirkt daher auf ihren mechanischen Schnüffeltrieb nur allzu leicht wie eine mutwillig beschädigte Lochkarte, die man in einen Computer füttert. Sofortiges Ergebnis sind Chaos und falsche Schlüsse … Aber

Weitere Kostenlose Bücher