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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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gar nicht nachgedacht hätte, als er an jenem Abend in Manhattan den Flur zu seinem Zimmer im Park Lane Hotel entlangging. Der Champ hatte ihn schon davon überzeugt, dass er tatsächlich der erste Mann in der Geschichte des Schwergewichtsboxens sein werde, der die Dreierkrone gewann – und Pat Patterson stand durchaus nicht allein mit seiner Überzeugung, dass Leon Spinks für einen Muhammad Ali, der sich sowohl geistig wie physisch in bester Verfassung befand, beim nächsten Mal eine leichte Beute sein werde. Spinks war verwundbar; derselbe verrückt-fiese Stil, der ihn gefährlich machte, machte es auch leicht, ihn zu treffen. Seine Hände waren überraschend schnell, aber seine Füße waren so langsam wie die Joe Fraziers, und es war eigentlich nur die überaus geschickte Taktik und Arbeit seines Trainers, des uralten Sam Solomon, die ihm die frühe Fünf-Runden-Führung beschert hatte, die Ali einfach nicht hatte wahrhaben wollen, bis er so weit zurücklag, dass seine einzige Hoffnung darin bestand, in letzter Minute wie ein Wirbelsturm anzugreifen und einen Knock-out oder doch zumindest ein paar Niederschläge zu schaffen. Und dann war er am Ende zu müde, um das durchzuziehen.
    Leon war so gut wie bewegungsunfähig in jener erbarmungslosen fünfzehnten Runde – aber Muhammad Ali ebenfalls, und darum gewann Spinks den Kampf …
    Ja … aber das ist ja kein besonderes Geheimnis, und es wird genug Zeit bleiben, später in dieser Saga die Fragen von Ego und Strategie zu diskutieren, falls wir noch dazu kommen. Die Sonne ist aufgegangen, die Pfaue kreischen vor Lust, und diese Story ist so total raus aus dem Spielplan, dass diesmal wohl keine Hoffnung besteht, sie noch in den Griff zu kriegen – oder zumindest nichts außer einer umfassenden, in allen Punkten unnachsichtigen gerichtlichen Verfügung durch Richter Crater, dessen Telefonnummer aber so geheim ist, dass nicht mal Bob Arum ihn innerhalb kurzer Zeit erreichen kann.
    Also bleiben wir bei dem Anblick von Pat Patterson, der nicht besonders eilig, aber schließlich doch die Tür seines Zimmers Nummer 905 im Park Lane Hotel in Manhattan erreicht – und gerade als er den Zimmerschlüssel aus der Tasche holt und schon den guten Schlaf einer langen Nacht vor Augen sieht, da versteift sich plötzlich sein Körper, denn ihm kommen aus Zimmer Nummer 904 heiseres Gelächter und der Klang von Stimmen ans Ohr.
    Irre Geräusche aus der Suite des Champ … Unmöglich, aber Pat Patterson weiß, dass er stocknüchtern ist und zudem keineswegs taub, und daher lässt er den Schlüssel wieder in seine Tasche gleiten und geht einen Schritt den Flur hinunter, und er lauscht dabei sorgfältig auf die Geräusche, von denen er hofft, dass sie nicht wirklich da sind … Halluzinationen, schlechte Nerven, oder sonst was – nur nicht der Klang einer völlig unbekannten Stimme –, und dazu die Stimme eines »weißen Teufels«, daran kann nicht der geringste Zweifel bestehen – aus dem Zimmer, wo eigentlich Ali und Veronica ganz friedlich schlafen sollten. Bundini und Conrad hatten schon vor mindestens einer Stunde gehen wollen … Aber, nein! Nicht das : nicht Bundini und Conrad und obendrein noch die Stimme eines total Fremden ; zusammen mit dem unverkennbaren Gelächter von Ali und seiner Frau … Aber doch bitte nicht jetzt , wenn die Sache gerade so unerträglich ernst wird.
    Was hatte es zu bedeuten?
    Pat Patterson wusste, was er zu tun hatte: Er stellte sich mit beiden Beinen fest auf die Matte vor Zimmer 904 und klopfte an . Was auch immer dort drinnen vorging, musste auf der Stelle abgestellt werden, und es war sein Job, das Abstellen zu besorgen – auch wenn er sich mit Bundini und Conrad anlegen musste.
    Nun … die nächste Szene ist so seltsam, dass nicht mal die Leute, die dabei waren, sich genau erinnern können, was eigentlich geschah … aber es war ungefähr folgendermaßen:
    Bundini und ich waren soeben aus dem Badezimmer herausgekommen, wo wir eine Strategiekonferenz abgehalten hatten, als wir plötzlich ein Klopfen an der Tür hörten. Bundini winkte uns allen zu, still zu sein, während sich Conrad nervös vor die Wand unter dem großen Fenster hockte, durch das man hinaussehen konnte auf das schneebedeckte Ödland des Central Park; Veronica saß vollständig angezogen auf dem Kingsize-Bett rechts neben Ali, der ausgestreckt und entspannt dalag, die Bettdecke hochgezogen bis zur Taille, und er trug nichts außer … Nun, schauen wir uns die Szenerie

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