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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Finger zeigte er wie mit Satans ureigenem Stachelstock direkt in Pattersons Gesicht.
    Und das, Leute, war ein Augenblick, den ich in meinem Leben nicht noch einmal durchmachen möchte. Ich glaube, wir hatten alle großes Glück, dass Patterson nicht nach seinem Revolver griff und in jenem Augenblick des Wahnsinns, bevor er den Körper unter der Maske erkannte, Muhammad einfach umnietete.
    Es dauerte nur Sekundenbruchteile, aber es hätte leicht höllisch viel länger werden können, und zwar für uns alle, wenn nicht Ali beim Anblick von Pattersons Gesicht in brüllendes Gelächter ausgebrochen wäre … Und obwohl Pat sich rasch wieder fing, war das Lächeln, das schließlich seine Lippen kräuselte, unangenehm dünn.
    Das Problem, glaube ich, war nicht so sehr die Maske selbst, auch nicht der Schreck, den sie ihm versetzt hatte, sondern vielmehr die Frage, warum der Champ das gottverdammte Ding überhaupt trug. Wo hatte er sie her? Und warum? Dies waren ernste Zeiten, und eine Szene wie diese konnte schicksalsschwere Folgen für die Zukunft haben – besonders, da Ali so begeistert war von seinem neuen Spielzeug, dass er es die nächsten zehn oder fünfzehn Minuten auf dem Kopf behielt, im Zimmer umherstarrte und mit einem amüsierten Unterton sagte, er werde sie auf jeden Fall bei seinem Auftritt in der Dick Cavett Show am nächsten Tag tragen. »Das ist mein neues Ich «, eröffnete er uns. »Ich werde das Ding morgen im Fernsehen tragen und Cavett erzählen, dass ich Veronica versprochen habe, es nicht mehr abzusetzen, bis ich meinen Titel zurückgewonnen habe. Ich werde dieses hässliche Ding überall tragen, wo ich hingehe – sogar, wenn ich das nächste Mal mit Spinks in den Ring steige.« Er lachte wild und teilte vor dem Spiegel ein paar Schläge aus. »Ja, genau!«, gluckste er. »Die haben immer gedacht, ich bin verrückt, aber sie können sich noch auf einiges mehr gefasst machen.«
    Mittlerweile kam es mir vor, als sei auch ich ein bisschen irre geworden – und Pattersons anklagende Gegenwart machte uns bald klar, dass es Zeit war zu gehen.
    »Okay, Boss«, sagte Ali zu mir, als ich hinausging. »Morgen machen wir Ernst, ja? Morgen früh neun Uhr. Wir frühstücken, und dann werden wir bitter ernst.«
    »Mir recht«, sagte ich und ging dann hinauf in mein Zimmer, um etwas von dem ganz Guten zu rauchen.
    Am nächsten Tag war ich um 8 Uhr 30 auf den Beinen, aber als ich in Alis Suite anrief, sagte mir Veronica, er sei schon seit sieben auf und »irgendwo unten im Erdgeschoss«.
    Ich fand ihn im Restaurant, wo er am Ende eines Tisches saß, der beladen war mit geschliffenem Glas und Silber. Er trug einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug, in dem er fast so förmlich wirkte wie der Geschäftsführer des Lokals, und war mitten in einer Besprechung mit einer Gruppe von Freunden und schwarzen Geschäftsleuten, die sehr gediegen wirkten und genauso angezogen waren wie er. Er war ein vollkommen anderer Mann als der, mit dem ich am Abend zuvor meinen Strauß ausgefochten und gelacht hatte. Die Unterhaltung am Tisch reichte von einer gerade erhaltenen Einladung, ein neues Land in Afrika zu besuchen, über eine verwirrende Vielfalt von Angeboten, sich für alles Mögliche mit seinem Namen einzusetzen, bis zu Buchverträgen, Immobiliengeschäften und der Molekularstruktur von Krebsfleisch.
    Es ging schon auf Mittag zu, als wir endlich nach oben in seine Suite gingen, um »Ernst zu machen« … Und was jetzt folgt, ist eine zu 99 Prozent wörtliche Abschrift der Unterhaltung, die wir in den nächsten beiden Stunden führten. Muhammad lag ausgestreckt auf dem Bett, trug noch immer seinen »Senatorenanzug« und balancierte meinen Kassettenrekorder auf dem Bauch, während er sprach. Ich saß im Schneidersitz direkt neben ihm auf dem Bett, eine Flasche Heineken in der einen Hand, eine Zigarette in der anderen und meine Schuhe auf dem Fußboden neben mir.
    Ständig kamen und gingen Menschen mit Nachrichten, mit Gepäck, mit Mahnungen, nur ja rechtzeitig zur Dick Cavett Show zu kommen …, und sehr wachsam behielt man auch mich im Auge und wollte sehen, was ich wohl vorhatte. Die Maske war weit und breit nicht zu sehen, dafür aber Pat Patterson, der zusammen mit drei oder vier weiteren schwarzen Gentlemen sehr konzentriert auf jedes Wort hörte, das wir sprachen. Einer von ihnen kniete neben dem Bett auf dem Fußboden und hatte während der gesamten Zeit, in der wir uns unterhielten, sein Ohr höchstens dreißig

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