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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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hysterisch und mit Blut bedeckt.
    Er sah aus wie ein kleiner schwarzer Gentleman, der einen Regenmantel gegen den Nebel Londons trug und wie ein Verrückter meine Aufmerksamkeit erwecken wollte. Die ganze Szenerie war so grauenhaft, dass mein Gehirn sich weigerte, sie zu akzeptieren … Keine Panik, dachte ich. Das ist nur ein Acid-Flashback. Beruhig dich wieder. Das da passiert nicht wirklich.
    Ich fuhr jetzt nur noch 35 oder 30, als ich an dem Mann in seinem Regenmantel vorbeiglitt und einem zappelnden Schaf den Kopf zertrümmerte, was dazu führte, dass sich meine Geschwindigkeit nochmals verringerte, und plötzlich befand sich der Wagen wieder in der Luft und kam zitternd zum Stillstand, bevor ich in den rauchenden, umgedrehten Koloss einschlug, der nach einer weißen Cadillac-Limousine aussah, in der immer noch Leute saßen. Es war ein Albtraum. Irgendwelche Verrückten waren mit Höchstgeschwindigkeit in eine Schafsherde gekracht und durch die Wüste gesäbelt wie ein Hubschrauber.
    Später konnten wir darüber lachen, aber es dauerte etwas, bis wir uns beruhigt hatten. Teufel noch mal. Es war nur ein Unfall. Der Richter hatte ein paar Weidetiere umgebracht.
    Was soll’s. Nur ein rassistischer Irrer würde um diese nächtliche Zeit bei diesem Sturm Schafe auf dem Highway herumlaufen lassen. »Zur Hölle mit diesen Leuten«, schnarrte er, als ich nach Elko abrauschte, zusammen mit ihm und seinen beiden Begleiterinnen, die sicher in meinem Wagen untergebracht waren, der jetzt einige größere Schönheitsfehler aufwies, aber keinen ernsthaften Schaden erlitten hatte. »Mit dieser groben Fahrlässigkeit werden sie nicht weit kommen!«, meinte er. »Die machen wir vor Gericht fertig. Das kannst du mir glauben. Wir sind auf dem besten Weg, Miteigentümer einer riesigen Schafranch in Nevada zu werden.«
    Wunderbar, dachte ich. In der Zwischenzeit hatten wir die Szenerie zurückgelassen – ein ziemlich verdächtig wirkendes Wrack, das auf jeden Fall bis zum nächsten Morgen entdeckt werden würde; und der ganze Vorderteil meines Wagens war mit Wolle und Schafsblut verklebt. Es war unmöglich, ihn auf der Straße in Elko zu parken, wo ich ursprünglich die Nacht über bleiben wollte (oder in diesem Fall auch zwei oder drei Nächte), um ein paar alte Freunde zu besuchen, die eine Art Appalachen-Kongress für Pornofilm-Vertriebsleute im legendären Commmercial Hotel besuchten …
    Egal, dachte ich. Die Dinge haben sich verändert. Plötzlich war ich das Opfer einer Tragödie geworden – verletzt und auf der Flucht, weit draußen mitten in Sheep Country – tausend Meilen von zu Hause weg, in einem Auto voller offensichtlich krimineller Tramper, die mit Blut besudelt waren und wütend übereinander fluchten, während wir durch den Monsun glitten, der jede Sicht unmöglich machte.
    Meine Güte, dachte ich. Wer sind diese Leute?
    Wer nun also? Sie schienen mich nicht weiter zu bemerken. Die beiden Frauen, die auf dem Rücksitz miteinander stritten, waren Nutten. Da gab es keinen Zweifel. Ich hatte sie schon im Licht meines Scheinwerfers gesehen, als sie im Wrack des Cadillac kämpften, der um die sechzig Schafe totgefahren hatte. Verzweifelt vor Angst und Verwirrung krochen sie wild zwischen den Schafen herum … Die eine war ein großes schwarzes Mädchen in einem weißen Minikleid – und jetzt schrie sie auf die andere ein, eine junge Blondine. Beide waren betrunken. Geräusche von Kampf drangen vom Rücksitz nach vorne. »Nimm deine Hände weg von mir, Bitch !« Dann schrie eine Stimme: » Hilf mir, Richter! Hilfe! Sie bringt mich um!«
    Was, dachte ich. Richter? Dann wiederholte sie es noch einmal, und ich schauderte … Richter? Nein. Das geht zu weit. Unannehmbar.
    Er beugte sich über den Sitz nach hinten und schlug ihre Köpfe zusammen. »Schnauze halten!«, schrie er. »Habt ihr keinen gottverdammten Anstand ?«
    Wieder griff er nach hinten und packte eine der beiden an den Haaren. »Gott verdammt «, rief er. »Beleidige diesen Mann nicht. Er hat uns das Leben gerettet. Wir schulden ihm Anerkennung – statt diesem gottverdammtem Herumgekreische wie die Nutten.«
    Ein Schaudern durchlief mich, aber ich hielt das Lenkrad fest und starrte geradeaus und versuchte, diese plötzliche Freakshow in meinem Wagen nicht zu beachten. Ich zündete eine Zigarette an, aber ich konnte mich nicht beruhigen. Vom Rücksitz waren Schluchzer zu hören und das Geräusch reißender Kleidung. Der Mann, den sie den Richter nannten,

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