Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Der Pate , und doch waren sie die Männer, denen Nixon am meisten vertraute. Zusammen definierten sie seine Präsidentschaft.
Es wäre leicht, zu vergessen und Henry Kissinger seine Verbrechen zu vergeben, so wie er Nixon vergab. Ja, das könnten wir tun – aber es wäre falsch. Kissinger ist ein aalglatter kleiner Teufel, ein Ganeff von Weltklasse mit einem schlimmen deutschen Akzent und einem überaus scharfen Blick für die Schwachstellen auf der höchsten Ebene der Machtstruktur. Nixon war eine davon, und Super K nutzte ihn bis zum bitteren Ende gnadenlos aus.
Kissinger vervollständigte die Viererbande: Agnew, Hoover, Kissinger und Nixon. Ein Gruppenfoto dieser Perverslinge würde uns alles sagen, was wir über die Nixon-Ära wissen müssen.
Der Geist Nixons wird für den Rest des Lebens bei uns sein – ob nun bei mir oder Bill Clinton oder dir oder Kurt Cobain oder Bischof Tutu oder Keith Richards oder Amy Fisher oder Boris Jelzins Tochter oder dem 16-jährigen bierseligen Bruder deiner Verlobten mit seinem geflochtenen Ziegenbart und dem ganzen Leben wie eine Gewitterwolke vor sich. Das hier ist nicht auf eine bestimmte Generation bezogen. Man braucht nicht einmal zu wissen, wer Richard Nixon war, um seiner üblen Nazigesinnung zum Opfer zu fallen.
Er hat den Brunnen auf alle Zeit vergiftet. Nixon wird als der klassische Fall eines smarten Mannes im Gedächtnis bleiben, der in sein eigenes Nest geschissen hat. Aber er hat auch in unsere Nester geschissen, und das war eine Schandtat, mit der die Geschichte jede Erinnerung an ihn brandmarken wird. Indem er das Ansehen der Präsidentschaft der Vereinigten Staaten schändete und entwürdigte, hat Richard Nixon das Herz des amerikanischen Traums gebrochen.
Gatsby-Country
Es war in der Nähe von Aspen, irgendwann in den späten Achtzigern. Hunter hatte sich Hals über Kopf in eine Frau verliebt, die Paula Baxt hieß (sie war verheiratet) und Polo spielte. Als Hunter ihr vorschlug, alles liegen und stehen zu lassen, um mit ihm abzuhauen, meinte sie spontan, dass sie das nicht könne: »Polo ist mein Leben.« Hunter kam von diesem Satz und der Welt, die er beschwor, nicht mehr los und begann einen Roman zu schreiben, der für ihn so etwas wie Der große Gatsby werden sollte; er arbeitete daran beständig über viele Jahre hinweg und nahm immer wieder neue Anläufe. 1994 reiste er zu den U.S. Open auf Long Island, um Polo-Luft zu schnuppern und Material zu sammeln. »Polo ist mein Leben: Angst und Schrecken in Horse Country« war als zweiteilige Story angelegt, wenn auch Teil zwei hinfällig geworden war, nachdem es Hunter auf knapp 40000 Dollar Spesen gebracht hatte (auf einer Hotelrechnung fand sich unter anderem der Posten »eingeäschertes Sofa«, Kostenpunkt 7500 Dollar).
Der erste Teil jedenfalls wurde – neben »Angst und Schrecken in Elko« – seine letzte lange atmosphärische Reportage; eine surreale, von Gimlets befeuerte Innenschau der Kultur eines Sports, der, wie er es formulierte, »den schmutzigen, aggressiven Reichen« gehörte. Gastauftritte gibt es von dem Gespenst des Averell Harriman und von Belinda, jener »allwissenden und zügellosen Schlampe von einem Pferd«, der mythischen vieräugigen Gottheit dieses Sports.
Brief von HST an JSW
Woody Creek
ROD & GUN CLUB
HUNTER STOCKTON THOMPSON, VORSITZENDER
13. Juli ’94
Lieber Jann,
hier kommt ein schnelles Memo zu den Ideen für die Storys, über die wir gestern am Telefon gesprochen haben. (Was nicht heißen soll, dass mein Konzept, ausgedehnte BEURTEILUNGEN DER PERFORMANCE einiger der Besten Motorräder auf amerikanischen Straßen in den Neunzigern zu schreiben, eine lausige, gescheiterte Idee wäre … Da sind einige garantierte Spaßfaktoren eingebaut, als da wären: 1.) ELEGANTE MOTORRÄDER, direkt aus der Fabrik und leihweise für Testfahrten den ganzen Sommer lang, und 2.) Darüber zu schreiben wird ebenso ein Spaß sein, wie das Ganze zu lesen, und 3.) RS (oder MJ ) wird sich als Quelle für State-of-the-Art-MOTORRAD-TESTBERICHTE profilieren – durch mich und andere hochrangige Experten.)
Und für dieses Honorar würde ich es machen.
Genau. Und jetzt zurück zu POLO und MINDESTSTRAFENREGELUNG – beides ist ohne riesige Kosten oder endlose Scherereien machbar .
Ich werde auf dich zählen, was die Unterstützung bei der Recherche der M/S-Geschichte angeht, und die POLO-Nummer sehe ich als eine Art Abenteuerreportage: WIE ICH MEINE SOMMERFERIEN VERBRACHT HABE ETC. … RALPH
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