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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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es hat niemand mit ihm geredet). Jedenfalls würde ich Crouse gerne auf solche Geschichten ansetzen. Aber darüber müssen wir ebenfalls noch einmal reden.
    Brief von HST an JSW
    18. Nov. ’71
    Jann …
    Ich sitze eigentlich gerade an VORTEX/Washington Nr. 1, lege aber eine kurze Pause ein, um diverse Dinge kurz abzuklären: Zeitplan, Abgabetermine, Prioritäten usw. … Was ich bisher geschrieben habe, ist ein Haufen halb gares Geschwafel ohne richtiges Thema, und mit einem Mal stellt sich bei mir die Auffassung ein, dass ich lieber eine Ausgabe auslassen würde, als etwas zu schicken, das nichts taugt und/oder völlig nutzlos ist.
    Ich hätte nie gedacht, dass so viele Medienleute in Washington wissen, wer ich bin. Heute zum Beispiel war ich in der Lokalredaktion des Wash/Star , um einen Scheck einzulösen (meine Schecks sind hier absolut wertlos, und ich habe kein Bargeld), und plötzlich stellte man mir alle möglichen Fragen, die sich schließlich zu einem regulären Interview auswuchsen. Sie wollen es für eine Interview-Serie zum Thema »Intellektuelle und Sport« verwenden. Keiner von den Anwesenden hatte den Vegas-Kram gelesen, was mich in ihren Augen interessant machte, war das HA-Buch und zwei Artikel in Scanlan’s . Wie sich bei dieser Gelegenheit herausstellte, war der Sportredakteur gerade erst vor Kurzem vom SF Examiner zum Star gewechselt, & er ist nun dabei, seinen gesamten Mitarbeiterstab mit Freaks zu besetzen. (Siehe auch das beigef. Memo betr. 2 Gratisabos.) Er hat mir angeboten, seine Räumlichkeiten und Einrichtung (Telefon, Schreibmaschine etc.) zu nutzen, wann immer ich will, sodass ich jetzt sogar ein zweites Büro habe.
    Hier passiert so viel, dass ich kaum noch schlafen kann. Der Kontrast zu Woody Creek versetzt mir permanente Adrenalinschübe – es ist schon nicht mehr schön. Dazu kommt, dass ich fast wie ein Star behandelt werde, und angesichts dieser Exponiertheit rechne ich damit, dass das Rolling Stone -»Büro«, dessen schiere Existenz hier für einigen Wirbel sorgt, in nicht allzu langer Zeit eher als eine Lobby-Organisation betrachtet werden wird und weniger als eine reguläre Zeitschriftenredaktion … zumal ich meine Rolle hier eher so interpretiere, dass ich einerseits meine Kolumne schreibe und andererseits eine massive Anti-Nixon-Bewegung unter den Jungwählern zusammentrommele. Ich kann nicht dagegen an, meine Vergangenheit ist in der Öffentlichkeit zu präsent – also machen wir uns in Gottes Namen dran und mobilisieren diesen Wählerblock. Gerade unter den jungen Heads in den Medien genießen wir eine immense, wenn auch latente Sympathie, aus der man riesige Energien ziehen kann. Es herrscht allenthalben großes Staunen darüber, dass der Rolling Stone »jetzt in Politik macht«, doch wie es scheint, sind sie alle begeistert davon. Heilige Scheiße, heute ist sogar schon die erste Bewerbung bei mir eingetrudelt – ich schicke sie dir, sobald ich sie fotokopiert habe. Ich schätze mal, dass wir in etwa einem Monat einen extra Raum im Büro von Tony Prisendorf, dem New York Post -Reporter, brauchen werden – allerdings eher als Hauptquartier für die politische Arbeit und weniger für journalistische Aufgaben. Jetzt, wo ich genauer darüber nachdenke, komme ich zu dem Schluss, dass wir uns vorerst doch noch ein wenig bedeckt halten sollten, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass es eine Unmenge Leute gibt, die mir anscheinend »helfen« wollen. Eigentlich sogar zu viele, wenn ich es recht bedenke, aber zu diesem Zeitpunkt will ich niemanden verprellen.
    Was die konkreteren Belange angeht, sitze ich derzeit an VORTEX/Washington Nr. 2 unter dem Titel »Der wahre Nixon« (erst mal nur ein provisorischer Titel, der mir gerade so eingefallen ist & eventuell noch geändert wird, aber vorerst sollten wir dabei bleiben, da er eine gewisse bedeutungsschwangere Scheindramatik impliziert, die gut zu dem Aktivisten-Aspekt meiner Tätigkeit hier passt). Danach wird es allerdings schwierig werden, weiterhin zu behaupten, ich sei lediglich hier, um eine Kolumne zu schreiben.
    Ich bin jedoch der Meinung, dass wir uns von dem Begriff »Jungwähler« schnellstens verabschieden sollten, da ungefähr zwei Drittel der Leute, an die wir uns wenden, sich davon nicht angesprochen fühlen. Idealerweise sollten wir uns etwas einfallen lassen, das »Jungwähler & Freak Power« miteinander verbindet. Irgendwas, mit dem wir sowohl das latente (& zahlenmäßig massive) Potenzial der

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