Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Wähler aus dem Kesey-Lager mit dem der 18- bis 21-Jährigen unter einen Hut bringen.
Und jetzt ein paar wichtige Details:
Ich hatte eine lange Unterhaltung mit dem Manager des Zeitungsladens neben dem National Press Building (siehe beigef. Notiz mit dem Namen des Oberchefs von allen sechs UNIVERSAL NEWS-Läden), und der Mann im Laden Nr. 2 erzählte mir, dass der RS jedes Mal »innerhalb von ein paar Stunden« ausverkauft ist. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nächste Mal, wenn ich vorbeikomme, das Heft im Regal sehen will, und er hat mir daraufhin den Namen »Siebert« genannt, mit dem unser Vertrieb sich mal in Verbindung setzen sollte. So weit, so gut. Ich habe, seit ich hier bin, noch kein einziges Exemplar des RS in den Regalen gesehen – und das macht mir das Leben hier unnötig schwer. Und wo ich gerade darüber nachdenke – es gibt hier einen erstklassigen FM-Radiosender, der ausschließlich Rock spielt und nahezu von allen jungen/an Musik interessierten Leuten gehört wird. Ich werde herausfinden, wie er heißt & die Adresse an euch weiterleiten. Ein paar Werbespots bei denen könnten wahre Wunder bewirken. Ich werde mich auch nach anderen Möglichkeiten umsehen & dir Bescheid geben.
Jetzt muss ich ins Bett. Es ist 6:30 morgens, & ich muss vor Mittag aufstehen, um ein Bett und einen Fernseher zu kaufen. (Heute ist Samstag.) Meine private Telefonnummer wurde gestern freigeschaltet, sie lautet: 726-8161. Gib sie an niemanden weiter; nimm sie nicht mal ins Redaktionsverzeichnis auf. Meine RS -Nummer ist 882-2853. Der Anschluss ist hier in der Wohnung, und das sollte für die normale Kundschaft reichen. Worauf es mir ankommt, ist, ein Telefon zu haben, an das ich immer rangehen kann, ohne befürchten zu müssen, von irgendeinem Spinner vollgelabert zu werden. Sobald das passiert, werde ich meine Privatnummer ändern lassen. Also gib sie niemandem weiter außer Max [Pavelski, Rolling Stone- Finanzier], Stephanie Franklin [Jann Wenners Sekretärin] usw.
Derzeit bin ich in erster Linie damit beschäftigt, mich zurechtzufinden und mit den seltsamen Reaktionen auf meinen Job hier klarzukommen. Merkwürdigerweise besteht das Hauptproblem darin, dass alles viel besser läuft, als ich erwartet hatte … während ich mich gleichzeitig mit tausend Kleinigkeiten herumschlagen muss. Der Mann von der Telefongesellschaft beispielsweise kam um 10 Uhr hier an, und als er ging, war es 16:30 Uhr. Er ist gerade aus Vietnam zurückgekommen, und aus Gründen, die keiner näheren Erklärung bedürfen, hat er sechs Stunden gebraucht, um diverse Löcher durch den Betonfußboden und die Backsteinwand zu bohren und zwei Telefone im Krisenzentrum anzuschließen. Dann ist er heute Morgen noch mal zurückgekommen (angeblich um die Anschlüsse zu überprüfen, aber in Wirklichkeit wollte er nur Heft 95 abstauben. Allerdings nicht wegen Vegas I, sondern wegen der Story über Sly [Stone].) »Ich hab mich immer schon gefragt, warum der Kerl die Leute immer warten lässt«, meinte er und fügte hinzu, dass er »den Stone« während seiner zwei Jahre in Nam regelmäßig gelesen hatte. Ich nehme an, er wird demnächst wieder auftauchen – was ich aber ganz okay finde; in einer Stadt mit einem schwarzen Bevölkerungsanteil von 72 Prozent kann es nicht schaden, einen scharf aussehenden Schwarzen zum Freund zu haben. Der Hut, den er getragen hat, als er heute hier aufkreuzte, hätte selbst Sly Stone aus der Fassung gebracht.
So, das war’s für heute. Ich hoffe, bis Dienstag eine Kolumne zustande zu bringen – wobei ich nicht allzu zuversichtlich bin, was Kohärenz und Bedeutungsschwere angeht. Wenn es schlecht aussieht, lasse ich es einfach bleiben und suche mir ein anderes Thema. Mach dir deswegen keine Sorgen. Der Job hier wird richtig gut und mit jeder Menge Staubaufwirbeln verbunden sein. Erst mal muss ich allerdings die Füße auf den Boden kriegen. (Ich gehe – aufgrund des Zeitplans, den du mir geschickt hast – derzeit davon aus, dass der Abgabetermin für VORTEX 1 der 1. Dezember ist und nicht Dienstag, der 22. 11. Liege ich da richtig?)
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HST
Undatierter Brief von HST an JSW
Jann/
Kannst du mich auf die Bemusterungsliste setzen und dafür sorgen, dass mir sämtliche neuen Schallplatten (an die Adresse: Zimmer 1369) zugeschickt werden? Das würde mir den Umgang mit Prisendorf erleichtern, der sich bereit erklärt hat, mir für eine LP pro Tag ein richtiges Büro zu überlassen, samt Schreibtisch und
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