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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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an ernst. Humphrey ist bei den Buchmachern in Wisconsin Favorit, und sein Sieg würde für Muskie den Garaus bedeuten und Hubert bis zu den Vorwahlen in Oregon und Kalifornien Anfang Juni zum Spitzenreiter machen.
    Das »andere« Rennen in Wisconsin findet zwischen McGovern und Lindsay statt, und für den Fall, dass die Hohlköpfe an der Spitze der Demokratischen Partei tatsächlich einen von beiden nominieren, könnte darin mächtig Zunder stecken. Es besteht definitiv die Möglichkeit, dass es in diesem Jahr beim Nominierungskonvent der Demokraten zum großen Knall kommt: Die neuen Regeln für die Auswahl der Delegierten machen es reaktionären Bossen wie Bürgermeister Daley so gut wie unmöglich, Delegierte wie Schafe zu behandeln, die man zum Scheren zusammentreibt.
    Käme es auf dem Parteitag zu einer Pattsituation, könnte ein Kandidat wie Lindsay oder McGovern verdammt viel Staub aufwirbeln, aber es ist damit zu rechnen, dass Hubert seinen Arsch jedem andienen wird, der mal reinkriechen möchte, und die Nominierung bereits im Sack hat, wenn er in Miami ankommt, wo Nixon bereits darauf wartet, sich auf ihn zu stürzen.
    Noch ein Nixon/Humphrey-Horror hätte fast sicher das Aufkommen einer »Vierten Partei« zur Folge, würde damit Nixons Wiederwahl besiegeln – und mit sich bringen, dass während der nächsten vier langen Jahre die Höllenhunde über eine ganze Reihe von Menschen herfallen.
    Ich persönlich neige dazu, dieses Risiko einzugehen. Hubert Humphrey ist ein heimtückischer und feiger alter Stimmviehfänger, den man in eine gottverdammte Flasche stecken und der japanischen Meeresdrift überlassen sollte. Die Vorstellung, dass Humphrey nochmals antritt, um Präsident zu werden, spricht derart vielen Dingen Hohn, dass ich niemals die Zeit fände, sie alle aufzuzählen oder gar zu erläutern. Und Hubert Humphrey würde eh nicht verstehen, wovon ich rede. Er war schon 68 ein Sauhund und ist inzwischen noch schlimmer geworden. Wenn die Demokratische Partei Humphrey 72 abermals nominiert, wird sie bekommen, was sie verdient.

Schlechte Nachrichten aus dem Bleak House: Völlige Niederlage in Milwaukee … einige kurze Anmerkungen zum überraschenden Sieg der beiden Georges
    27. April 1972
    In Zeiten wie diesen versagt man sehr schnell. Nach acht Tagen in einem Luxusgefängnis von Hotel kommt mir der Gedanke, in meinem Job kläglich und total zu versagen, logisch vor. Es wäre das passende Ende für diesen Auftritt – nicht nur für mich, sondern für alle, die hier in der Falle gesessen haben, besonders die Journalisten.
    Die Vorwahlen von Wisconsin sind vorbei. Sie endeten vor ein paar Stunden mit einem Paukenschlag, als die Ergebnisse von George McGovern und George Wallace einschlugen wie Blitze aus heiterem Himmel.
    Sie versetzten jedem gesunden Menschenverstand einen derartigen Schock, dass es jetzt – da ein kaltes Morgengrauen sich aus dem Lake Michigan bläht und Hubert Humphrey in seinem Zimmer direkt über uns trotz der vielen Beruhigungspillen im Schlaf laut greint – in ganz Milwaukee niemanden gibt, der auch nur ansatzweise erklären könnte, was sich da gestern Abend abgespielt hat. McGoverns Braintrust wird es zwar weit von sich weisen, aber unbestreitbare Wahrheit bleibt, dass man noch vor weniger als 24 Stunden im Hauptquartier McGoverns niemals eine Eins-zu-eins-Wette darauf durchgekriegt hätte, dass ihr Mann die meisten Stimmen bekommt.
    Vor einer Woche wäre es von allen Durchblickern für Wahnsinn gehalten worden, auf mehr als einen respektablen dritten Platz für McGovern zu setzen – aber gegen Ende der Abschlusswoche verbreitete sich die Kunde, dass George Auftrieb bekommen und überraschend in einigen jener Fabrikarbeiter/Bauarbeiter-Wahlbezirken zugelegt hatte, die man eigentlich schon Humphrey oder Muskie zugeschrieben hatte. David Broder von der Washington Post , der auf der diesjährigen Wahlkampftour als der Oberguru gilt, sorgte fünf Tage vor der Wahl für heftige Schockwellen, als er – mit mir zumindest – darauf wetten wollte, dass McGovern mehr als 30 Prozent der Stimmen bekommen würde und Wallace weniger als zehn.
    Er verlor in beiden Fällen, wie sich herausstellte – und ich werde diesen Scheißkerl finden und ihm die Zähne rausreißen, wenn er nicht mit der Kohle rüberkommt –, doch allein die Tatsache, dass Broder so viel Vertrauen in McGovern setzte, wurde von den Politprofis und Journalisten als wichtiges Signal gesehen, hatten sie doch seit geraumer

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