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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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wie ein Hund. Der wahre Grund liegt darin, dass der Mann aus Maine, der vor vielen Monaten vom Establishment der Demokratischen Partei als ihr Kandidat abgenickt worden war, einen so dämlichen und inkompetenten politischen Wahlkampf geführt hat wie niemand mehr, seit Tom Dewey 1948 abkackte und Truman gewählt wurde.
    Wenn ich das geringste persönliche Interesse an der Demokratischen Partei hätte, würde ich alles Erdenkliche tun, um Muskie einweisen zu lassen. Noch so ein Wahldesaster, und er dreht womöglich durch. Und wenn nicht alle anderen demokratischen Kandidaten bis zum 4. April vom Blitz erschlagen werden, wird Muskie in Wisconsin eine weitere schlimme Schlappe hinnehmen müssen.
    Ich bin wahrscheinlich nicht der Einzige, der bereits beschlossen hat, an jedem anderen Ort lieber zu sein als in Big Eds Hauptquartier in Milwaukee, wenn am Wahlabend die Stimmen aus gezählt werden. Die Räume werden menschenleer sein, die Fenster verklebt … Fernsehteams werden Deckung hinter umgestürzten Tischtennisplatten nehmen, in der Hoffnung, den Kandidaten aus sicherer Entfernung filmen zu können, wenn er hereingetobt kommt und lauthals irgendeine unheilige Allianz zwischen der Feministin Ti-Grace Atkinson und dem verschollenen Judge Cra ter dafür verantwortlich macht, dass er nur Sechster geworden ist. Man sollte sich nicht vormachen, dass er dann vor physischer Gewalt zurückschreckt. Nein, da sein Traum geplatzt ist und seine Nervenfasern blank liegen, könnte es durchaus sein, dass er den Leuten an die Gurgel geht.
    Man kann nur hoffen, dass einige seiner Freunde zugegen sind, um den tollwütigen Hund zu bändigen. Der Liste jener Leute, die keinesfalls anwesend sein werden, können wir uns jedoch sicher sein … Senator Harold Hughes zum Beispiel wird nicht dort sein, und Senator John Tunney ebenfalls nicht … genauso wenig einer der anderen Senatoren, Gouverneure, Bürgermeister, Kongressabgeordneten, Gewerkschafter, liberalen Auguren, faschistischen Anwälte, Lobbyisten von der ITT Corporation und äußerst mächtigen Frauen im Bundesparteiausschuss der Demokraten, die sich allesamt offiziell dazu bekannt haben, rückhaltlos zu Big Ed stehen.
    Niemand von ihnen wird da sein, wenn Muskie erste Ergebnisse aus Wisconsin bekommt und spürt, wie ihm der gelbe Eiter ins Hirn schießt und die Ganglien verklebt. Jetzt kann Big Ed sich nur noch auf seine Freunde stützen, denn der Koffer voller Loyalitätsbekundungen, den er mit sich rumgeschleppt hat, ist inzwischen weniger wert als der halbe Dollar, den es kostet, ihn im Schließfach am Busbahnhof zu deponieren.
    Außer vielleicht für Birch Bayh. Der ist mir nicht recht geheuer. Warum sollte sich einer von Ted Kennedys besten Freunden und Gefolgsleuten im Senat plötzlich entscheiden, auf Muskies Wagen aufzuspringen, wo doch alle anderen verzweifelt bemüht sind, möglichst elegant abzuspringen.
    Vielleicht ist Birch ja im Grunde ein netter Typ – einer dieser erdverbundenen und warmherzigen Indiana-Eingeborenen, von denen man so viel hört. Vielleicht sind er und Big Ed schon ihr Leben lang Kumpel. Aber wenn es so wäre, müsste man doch annehmen, dass Bayh sich schon damals, als es noch sinnvoll war, erboten hätte, ihm mit seiner exquisiten politischen Begabung beizuspringen.
    Aber wir leben in verzwickten Zeiten, und jeder muss stets dar auf gefasst sein, dass ihm einer seiner besten Freunde aus heiterem Himmel und aus völlig unverständlichen Gründen einen ruinösen Prozess an den Hals hängt. Fast jeder, dem man dieser Tage über den Weg läuft, reagiert nervös auf den üblen Lauf der Dinge.
    Es wird zum Beispiel immer leichter möglich, dass die Demokraten in diesem Jahr Hubert Humphrey zum Präsidentschaftskandidaten nominieren – was einen weiteren Nixon/Humphrey-Wahlkampf zur Folge hätte. Und eine solche Situation würde für mich zur grausamen Nervenbelastung werden. Besser, die Wahl fiele ganz aus, als dass ich noch mal einen Humphrey-Albtraum erleben müsste. Vor sechs Monaten schien es undenkbar zu sein. Aber jetzt nicht mehr.
    Frank Mankiewicz hatte recht. Seit Monaten hat er allen, die es wissen wollten, vorausgesagt, dass das Rennen der Demokraten nach den ersten paar Vorwahlen auf eine Schlacht zwischen Humphrey und McGovern hinauslaufen würde. Aber niemand nahm ihn ernst. Wir nahmen an, er übertreibe Humphreys Chancen, um Muskie in die Schranken zu weisen und dadurch McGovern im Rennen zu halten.
    Aber offenbar meinte er es von Anfang

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