Die Rose der Highlands
wenn
von auÃen Anforderungen an sie gestellt wurden. Im Gegenteil, in der Schule
nannten die Kollegen sie respektvoll »Miss Ease«, weil sie durch nichts aus der
Ruhe zu bringen war. Und nun muss ich fast dreiÃig werden, um mich wie ein
verliebter Backfisch aufzuführen, schoss ihr durch den Kopf, während sie
versuchte, ruhig zu atmen. Gleichzeitig krallte sie die Finger fest in die
Zeitung, weil sie das Gefühl hatte, dass ihre Hände sonst zittern würden. Das
hatte ihr noch gefehlt. Sie kannte das von dem Direktor ihrer Schule, wenn er
Festreden vor der gesammelten Elternschaft halten musste. Man merkte ihm keine
Unsicherheit an, nur sein Spickzettel zitterte wie ein Bäumchen bei Sturm. Und
nun ging es ihr genauso.
Isobel holte noch einmal tief Luft, als sie hörte, wie sich kräftige
Schritte näherten. Sie riss die Augen auf und vertiefte sich zum Schein in ihre
Zeitung, bis sie feststellte, dass sie die Seite verkehrt herum hielt. Sie
konnte den Inverness Courier aber gerade noch
rechtzeitig beiseite legen, bevor die Tür aufging und Bonnie den Besuch von
Lord Fraser meldete.
Isobel kam sich vor, als könne sie nicht bis drei zählen. So hilflos
hatte sie sich selten gefühlt. Sollte sie sitzenbleiben oder aufstehen? Als sie
in sein lächelndes Gesicht blickte, erhob sie sich, ohne weiter zu überlegen,
und eilte ihm entgegen.
Sie begrüÃten einander förmlich. Lord Fraser hielt einen
BlumenstrauÃ, der offenbar für Lili gedacht war, in der Hand. Jedenfalls
reichte er ihr die Blumen nicht.
»Für Ihre Frau Mutter«, sagte er förmlich.
»Ich habe eine schlechte Nachricht«, entgegnete Isobel mit
gespielter Betroffenheit, und sie hoffte, dass sie beim Lügen nicht rot wurde.
»Um Himmels willen, doch hoffentlich nichts Schlimmes«, fragte Lord
Fraser bestürzt.
»Nein, es ist nichts wirklich Dramatisches. Meine Mutter ist lediglich
unpässlich. Sie hat seit unserer letzten Begegnung das Bett gehütet. Der Magen,
müssen Sie wissen. Der Arzt hatte in Aussicht gestellt, dass sie heute wieder
aufstehen könne. Sonst hätte sie Ihnen mit Sicherheit eine Absage zukommen
lassen, aber nun lässt sie sich vielmals entschuldigen. Sie müssen also mit mir
vorlieb nehmen.«
Lord Fraser musterte Isobel mit einem durchdringenden Blick, der ihr
abwechselnd heiÃe und kalte Schauer über den Rücken jagte.
»Dann darf ich Ihnen wohl das Gastgeschenk für Ihre Frau Mutter
überreichen«, sagte Lord Fraser schlieÃlich und drückte ihr den Blumenstrauà in
die Hand.
»Herzlichen Dank«, hauchte sie und legte die Blumen auf die
Anrichte. »Bonnie wird gleich eine Vase holen«, fügte sie hinzu und deutete auf
die gedeckte Tafel. »Bitte nehmen Sie Platz!«
Als Isobel zu ihrem Stuhl ging, betete sie, dass die entsetzliche
Aufregung endlich weichen würde. Sie hatte Sorge, dass ihre heisere Stimme sie
verraten würde. Es konnte doch nicht angehen, dass sie ein Rendezvous mit einem
Mann derart aus der Bahn warf. Stell dir vor, es wäre eine Aula voller Eltern,
die eine Ansprache von dir erwarten, redete sie sich gut zu. Und tatsächlich,
sie wurde ruhiger. Ihr Herzschlag verlangsamte sich zusehends, und ihre Hände
zitterten nicht mehr.
Sie hatte am Kopf der Tafel Platz genommen, Lord Fraser hatte sich
rechts neben sie gesetzt. Auf den Platz, auf dem bis zu seinem Tod ihr Onkel
Dusten gesessen hatte und der bis heute für jeden anderen tabu gewesen war.
»Ich freue mich, dass wir uns so schnell wiedersehen, Miss Munroy.
Und ich hoffe natürlich, Ihrer Frau Mutter geht es bald besser«, bemerkte Lord
Fraser höflich. Er hatte eine wohlklingende tiefe Stimme, selbst, wenn er nur
Floskeln von sich gab. Das war Isobel beim ersten Mal gar nicht aufgefallen.
Sie hatte nur Augen für sein markantes Gesicht und seine Lockenpracht gehabt.
»Und ich hoffe sehr, Sie nehmen mit meiner Gesellschaft vorlieb?«,
flötete sie und schenkte ihm ein gewinnendes Lächeln.
»Es ist, als hätte jemand meine Gebete erhört. Nichts gegen Ihre
Frau Mutter, aber ich habe mich schon die ganze Zeit über gefragt, wie ich es
heute wohl bewerkstelligen könnte, Sie unter vier Augen zu sprechen«, erwiderte
Lord Fraser mit schonungsloser Offenheit und in charmantem Ton.
Isobel jubilierte innerlich. Das klang von Grund auf ehrlich. Er
wollte wirklich allein mit ihr sein! Sie
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