Die Rose der Highlands
altjüngferlichen Kostüme zu
tragen!«
»Komm her, lass dich in den Arm nehmen. Du siehst umwerfend aus«,
seufzte Lili und breitete ihre Arme aus. Isobel zögerte nicht. Sie fiel ihrer
Stiefmutter um den Hals und gab ihr stürmisch einen Kuss auf die Wange. Dann befreite
sie sich rasch aus der Umarmung und drehte sich noch einmal vor den beiden
Frauen um die eigene Achse. Dieser Ãbermut stand ihr einfach gut.
»Miss Isobel, er muss Ihnen einfach einen Antrag machen. Er muss!«,
entfuhr es Fiona im Ãberschwang der Gefühle, als Isobel leichtfüÃig den Raum
verlieÃ.
Ich hoffe, so weit wird es nicht kommen, schoss es Lili durch den
Kopf. Und sie fragte sich in demselben Atemzug, wann sie endlich von Herzen in
die Begeisterungsstürme einstimmen würde.
»Misses Lili, Sie mögen den Mann nicht, oder?«
Fionas Frage kam so überraschend, dass Lili sich ertappt fühlte und
rot anlief.
»Nein, ja, ich meine, ich kenne ihn doch gar nicht. Aber natürlich
wünsche ich Isobel alles Glück dieser Welt«, stammelte sie.
Fiona musterte Lili prüfend. Lili fühlte sich von der Köchin
durchschaut. Fiona arbeitete inzwischen über siebzehn Jahre für sie, hatte
Isobel aufwachsen sehen und kannte die Familie mitsamt deren problematischer
Geschichte. Und sie hatte Lili in ihr groÃes Herz geschlossen. Lili, die kein Geheimnis
daraus machte, dass sie die Tochter einer Köchin und stolz darauf war.
»Ich weià doch auch nicht, was ich denken soll, Fiona«, seufzte
Lili. »Ich gönne es Isobel wirklich, dass sie ihrer groÃen Liebe begegnet, aber
hier drinnen im Herzen habe ich groÃe Sorge, dass man ihr wehtun könnte.«
»Das ist ganz normal, Misses Lili, das ist die ganz normale Sorge
einer Mutter. Und das sind Sie. Isobels Mutter! Was meinen Sie, wie ich
gelitten habe, als meine Tochter eines Tages aus London schrieb, dass sie einen
Mann kennengelernt habe. Ich war der festen Ãberzeugung, ich müsse jetzt auf
der Stelle dorthin reisen und diesen Kerl auf Herz und Nieren überprüfen. Ob er
auch wirklich gut ist für meine Kleine. Und gerade haben sie mir das dritte
Enkelkind geschenkt.«
Lili warf der Köchin einen dankbaren Blick zu. Endlich hatte sie
eine Erklärung dafür, dass sie so merkwürdig auf Isobels offen zur Schau
gestellte Verliebtheit reagierte. Das war die gesunde Skepsis einer Mutter, die
erlebte, wie ihre Tochter zum ersten Mal für einen Mann entflammt war. Da war
es völlig gleichgültig, ob das Kind achtzehn oder achtundzwanzig war.
»Du hast mir sehr geholfen, Fiona, ich dachte schon, ich wäre
eifersüchtig«, sagte Lili erleichtert.
Die Köchin lächelte wissend. »Unter unsere Sorge mischt sich immer
ein wenig Eifersucht. Dass wir nicht mehr die Nummer eins im Leben unserer
Töchter sind. Das ist normal, dass Sie nicht gleich jubilieren. Das kommt schon
noch, spätestens, wenn das erste Enkelkind da ist.«
Enkelkind? Lili stutzte. Isobel wurde bald dreiÃig. Sie wollte ihrer
Skepsis gerade Ausdruck verleihen, als die Tür zur Küche aufflog und sie Isobel
aufgeregt rufen hörte: »Er kommt, ich habe seinen Wagen in die Einfahrt
einbiegen sehen. Du musst schnell nach oben verschwinden, Lili! Gleich klingelt
die Glocke.«
»Ja, ja, ich mache mich ja schon unsichtbar«, brummte Lili. »Ich wünsch
dir viel Glück«, fügte sie versöhnlicher hinzu.
»Das werde ich brauchen«, erwiderte Isobel und küsste Lili stürmisch
auf die Wange.
Lili blieb einen Augenblick zögernd stehen, bis sie seufzend die
Treppe in die obere Etage hinaufstieg.
10
A ls Isobel die
Haustürglocke hörte, rannte sie wie der Blitz in die Diele und stieà beinahe
mit dem Hausmädchen zusammen.
»Ich bin im Salon, Bonnie. Wenn er läutet, dann bitte ihn ins Haus
und führe ihn zu mir«, ordnete sie atemlos an.
Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie zum Salon eilte und rasch die
Tür hinter sich zuzog. Er sollte auf keinen Fall merken, dass sie ihn bereits
erspäht hatte. Isobel setzte sich hektisch in einen Ohrensessel und griff zum
Schein nach dem Inverness Courier. Sie tat so, als ob
sie eifrig lesen würde. Dabei hielt sie die Augen fest geschlossen und hoffte,
dass sich ihr Herzschlag beruhigen möge. Sie verstand ja selbst nicht, warum
sie so nervös war. Es war gar nicht ihre Art, die Fassung zu verlieren,
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