Die Rose der Highlands
Wort ergriffen.
»Die Geschäfte laufen mäÃig. Lili dachte, wir könnten uns das
Geschäftshaus, das die meiste Zeit des Jahres leersteht, nicht mehr leisten.
Und mich mochte sie offenbar nicht um Hilfe bitten.«
»Und nun?« Rose war blass geworden.
»Nun behalten wir das Haus, und ich kann Lili endlich einmal meinen
Dank dafür zeigen, dass sie mich wie ein eigenes Kind angenommen hat.«
Lili war froh, dass Bonnie in diesem Augenblick mit der Hauptspeise
kam. Isobels Worte hatten sie verlegen gemacht.
»Fiona hat sich wieder einmal selbst übertroffen«, rief Lili
begeistert aus und heftete ihren Blick auf den Hirschbraten, den sie so gern aÃ.
Eigentlich war es in Nialls Familie Tradition, an Weihnachten und Hogmanay
Haggis zu essen, aber diesen Brauch hatte Lili geändert, seit GroÃmutter
Mhairie gestorben war. Deren Haggis war groÃartig gewesen. Und so sehr sich
Fiona bemühte, sich an das uralte Rezept zu halten, es reichte nicht an das
Original heran. So kam die schottische Nationalspeise nur zum Jahreswechsel auf
den Tisch.
Den Hauptgang aÃen sie schweigend. Lili war das mehr als recht, weil
sie weder an weiteren Schwärmereien für Lord Fraser interessiert war, noch an
Diskussionen über ihre desolate finanzielle Lage. Deshalb versuchte sie auch,
ihren Ãrger darüber zu verbergen, dass Isobel ihr Problem so offen auf den
Tisch des Hauses gebracht hatte.
Mit einem Seitenblick auf ihre Töchter stellte sie besorgt fest,
dass Roses Miene plötzlich wie versteinert war. Ob sie Angst um ihren Verbleib
in St.â¯Georges hatte? Lili konnte den Gedanken, dass ihre Tochter etwas
bedrückte, nur schwer ertragen. Das war schon früher bei Isobel so gewesen. Wenn
die Kinder litten, dann litt Lili mit ihnen. Deshalb war sie ja auch froh, dass
kein Mann je Isobels Herz gebrochen hatte. Sie hatte den Gedanken noch nicht
ganz zu Ende gedacht, als sie wieder dieses merkwürdige Gefühl im Magen
verspürte. Diese dumpfe Vorahnung, dass ein Unglück über sie hereinbrechen
würde.
»Rose, mein Schatz, du musst dir keine Sorgen machen, ob wir uns in
der Zukunft noch St.â¯Georges leisten können. Ein Schulwechsel steht nicht zur
Debatte«, bemerkte sie, um sich von diesen mysteriösen Ahnungen abzulenken.
Rose warf ihr einen erstaunten Blick zu.
»Danke, aber daran habe ich noch gar nicht gedacht, dass ich unter
Umständen die Schule verlassen muss. Ich fragte mich nur, wie ich zu einem
Ballkleid für das Fest komme.«
»Das solltest du aber«, mischte sich Isobel ein.
»Was sollte ich?«
»Dir Gedanken darüber machen, welchen Beitrag du angesichts der
veränderten finanziellen Situation bereit bist zu leisten.«
»Isobel, bitte, zieh sie da nicht mit hinein! Es ist mir ohnehin
unangenehm genug, dass ich nun gezwungen bin, deine Hilfe in Anspruch zu nehmen
⦠aber Rose hat damit nichts zu tun. Sie soll sich nicht unnötig mit meinen
Sorgen belasten«, erklärte Lili sichtlich gequält, doch Isobel schien ihre
Einwände schlichtweg zu überhören.
»Im Gegensatz zu Lili bin ich der Meinung, dass du nach den Ferien
die Schule in Inverness besuchen solltest. Die ist wesentlich billiger.«
Rose starrte ihre Stiefschwester mit vor Panik geweiteten Augen an.
»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, fragte Lili entsetzt.
»Sehe ich so aus, als würde ich scherzen?«, gab Isobel bissig zurück.
»Du weiÃt, dass ich dir, wenn es sein muss, mein ganzes Vermögen geben würde,
aber gerade jetzt, wo ich fortgehe, sollte Rose in deiner Nähe bleiben. Mich
habt ihr doch damals auch von der St.â¯Georges genommen. Und ich habe das
schlieÃlich auch überlebt.«
Rose war aufgesprungen und hatte sich zornig vor Isobel aufgebaut.
»Du bist so gemein. Du willst mir heimzahlen, was dir als Kind widerfahren ist!
Du hast mich doch immer schon gehasst!«, brüllte sie.
»Rose, bitte, das geht zu weit.« Lili griff sich an die Schläfen. In
ihrem Kopf begann es entsetzlich zu pochen.
»Du schlägst dich also auf ihre Seite? Du heiÃt es gut, dass sie ihr
Vermögen benutzt, um mich zu verletzen?«, schrie Rose. Ihre Stimme bebte vor
Empörung.
»Nein, ich heiÃe das keinesfalls gut.« Lilis Kopfschmerz wurde
heftiger. Sie wandte sich gequält an Isobel.
»Ich finde es nicht gut, weil ich weiÃ, wie sehr du damals unter
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