Die Rose der Highlands
Mom!«
Lili atmete auf. Das war ganz ihre Kleine. Mom nannte Isobel sie
nur, wenn sie ein schlechtes Gewissen hatte. Also ist doch noch nicht alles
verloren, durchfuhr es Lili erleichtert. Sie drehte sich noch einmal kurz um
und winkte Isobel zu, bevor sie die Suite endgültig verlieÃ.
Sie hatte nur noch einen Wunsch: nach Scatwell Castle zurückzufahren
und sich mit Rose auszusprechen. Sie musste ihr ins Gewissen reden. Ihr Hass
auf Isobel war kein guter Ratgeber und auch völlig untypisch für ihre Tochter.
Und wenn Lord Fraser in Bezug auf den Zusammenhalt der Familie weiterhin einen
so guten Einfluss auf Isobel ausübte, lieà das doch hoffen. Ãberhaupt war ihr
Keith, wie sie den Lord wohl bald nennen musste, noch nie so sympathisch
gewesen wie eben, als er Stellung für Rose und ihr Fest bezogen hatte.
Vielleicht entpuppte er sich ja doch noch als Bereicherung für die Familie. Sie
sah dem Fest jedenfalls wesentlich positiver entgegen. Für sie wäre es das
schönste Geschenk, wenn endlich Harmonie in Scatwell Castle Einzug hielte.
23
L ili war so tief in
ihre Gedanken versunken, dass sie das HotelÂ
bereits verlassen hatte, als ihr siedendheià die Verabredung mit Liam
Brodie einfiel. Erst spielte sie mit dem Gedanken, den Anwalt einfach zu versetzen,
doch eine innere Stimme lieà sie umkehren. Vielleicht war es gar nicht so
verkehrt, sich mit jemandem auszutauschen, der sie offenbar sehr schätzte. Und
dessen warme Worte ihr seit gestern bereits zweimal Trost gespendet hatten. AuÃerdem
gab es einen dringenden geschäftlichen Grund, ihn zu treffen.
Auf dem Weg zum Tearoom bog Lili in die Waschräume ab. Sie stellte
sich kritisch ihrem Spiegelbild und wünschte, sie hätte heute Morgen mehr
Energie auf ihre Morgentoilette verwendet. Zum Glück hatte sie einen Kamm, ein
Puderdöschen und einen Lippenstift bei sich. Lili benutzte alle drei
Utensilien, bis sie halbwegs zufrieden mit ihrem Erscheinungsbild war.
Dann straffte sie die Schultern und betrat wenig später den Tearoom
des Hotels. Als sie Liam vor dem Kamin sitzen sah, beschleunigte sich ihr
Herzschlag. Auch wenn sie ihn gar nicht kennen würde, sie käme nicht umhin
zuzugeben, dass er ein überaus attraktiver Mann war. Sie fühlte sich beinahe
so, als käme sie zu einem Rendezvous.
Lili holte ein paarmal tief Luft, bevor sie schnellen Schrittes auf
seinen Tisch zutrat. Liams Augen leuchteten unübersehbar, als er sie begrüÃte.
»Ich habe schon mal Tee und Scones für Sie bestellt«, gurrte er.
Lili lächelte gequält. »Ich hätte ehrlich gesagt lieber erst einmal
so etwas.« Sie deutete auf sein volles Glas.
Er lachte. »Einen Whisky, bitte!«, rief er der Bedienung zu.
»So schlimm?«
Lili hob die Schultern. »So schlimm, wie es eben sein kann, wenn
eine Glucke wie ich unangemeldet in die Suite ihrer erwachsenen Stieftochter
und deren angehenden Verlobten platzt.«
»Aber Sie haben es überlebt und zwar unbeschadet! Sie sehen
wunderbar aus.«
»Ich habe früher nie gewusst, was für ein alter Schmeichler Sie
sind«, lachte Lili.
»Früher habe ich mich aus Rücksicht auf Ihren Mann zurückgenommen,
im letzten Jahr aus Rücksicht auf Ihre Trauer, aber nun fällt mir kein
vernünftiger Grund mehr ein, warum ich Ihnen meine Verehrung weiter
verheimlichen sollte.« Liam blickte ihr ohne Scheu in die Augen.
Das irritierte Lili. Sie wollte auf keinen Fall, dass dieser Mann um
sie warb. Im Gegenteil, sie konnte sich im Augenblick nicht vorstellen, dass es
jemals wieder einen Mann in ihrem Leben geben würde.
Lili trank den Whisky, den der Kellner ihr brachte, in einem Zug
aus. Dann musterte sie den Anwalt durchdringend. Während sie noch überlegte, ob
sie ihm die Wahrheit so direkt ins Gesicht sagen sollte, hörte sie sich bereits
raunen: »Liam, ich mag Sie wirklich von Herzen, aber machen Sie sich keine
falschen Hoffnungen. Ich denke, ich werde nie mehr in meinem Leben eine
Beziehung zu einem Mann eingehen können.«
»Man sollte nie nie sagen«, erwiderte er verschmitzt lächelnd.
Seine Worte berührten Lili tief im Herzen, aber sie zeigte es ihm
nicht.
»Es ist vergebliche Liebesmüh. Glauben Sie mir! Suchen Sie sich eine
nette Frau und â¦Â« Lili unterbrach sich. Ihr wollten partout nicht die richtigen
Worte einfallen.
Liam lächelte immer noch. »Ich danke Ihnen
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