Die Rose der Highlands
vermied sorgfältig, Leitis anzusehen.
»Er ist noch immer wütend wegen Eurer Flucht«, erklärte Alec ihr, als sein Bursche sich entfernt hatte.
»Habt Ihr ihn bestraft?«
»Sieht er aus, als hätte ich ihn bestraft?«, fragte Alec spitz. »Geschlagen, vielleicht? Oder gefoltert?«
»Es gibt auch andere Strafen als körperliche«, sagte sie.
»Ich kann Euch versichern, dass Donald sich selbst schlimmer bestraft hat, als ich es jemals könnte. Er besitzt ein ausgeprägtes Pflichtgefühl und glaubte, mich enttäuscht zu haben. Selbst die Engländer haben ihre Ehre, Leitis.« Jetzt wirkte er verärgert.
Sie trat, ohne darauf einzugehen, über die Schwelle – und blieb wie angewurzelt stehen. Er folgte ihrem Blick. In seiner Abwesenheit war der Webstuhl hereingebracht worden. Harrison hatte ihn platziert, wo auch er es getan hätte: am Fenster, sodass Leitis genügend Licht bei der Arbeit hätte.
»Woher habt Ihr ihn?«, fragte sie mit schwacher Stimme. Zögernd ging sie darauf zu und streckte die Hände aus, berührte ihn jedoch nicht. Der Webstuhl war ausgesprochen hässlich. Offenbar hatte man nur die Zweckmäßigkeit im Auge gehabt und nicht an Schönheit gedacht. Das Untergestell bestand aus überkreuzten, dicken Leisten, der Rahmen war ein schmuckloses Viereck mit ins Holz getriebenen Zapfen für die Fäden.
»Ich habe ihn nicht gestohlen und auch niemanden getötet, um in seinen Besitz zu kommen«, antwortete er sarkastisch. Es war töricht von ihm gewesen, dieses Ungetüm für sie mitzunehmen, doch er bedauerte es nicht.
Er gab nicht vor zu wissen, wie man damit umging, erinnerte sich nur, dass er Leitis’ Mutter oft am Webstuhl hatte sitzen sehen, wobei sie vor sich hin summte. Ihre Finger flogen förmlich dahin, während sie aus einem in seinen Augen wirren Durcheinander von Fäden ein Muster schuf.
Es war das Einzige, was Leitis an einem Sommertag ins Haus zu locken vermochte. Manchmal wenn er, Alec, Fergus und James abholen kam, saß sie auf der Bank und hörte mit ernster Miene zu, während ihre Mutter sie mit leiser Stimme anleitete, wobei Worte wie
Helfe, Einschlag
und
anscheren
fielen, die er nicht verstand.
Leitis war in einer für sie selbst ungewohnten Sprachlosigkeit gefangen. Sie wischte sich die Hände an ihrem Rock ab, bevor sie die Finger sanft auf den dicken Rahmen legte. Der Webstuhl war alt, das Holz an Stellen, wo Generationen von Händen geruht haben mussten, dunkel geworden.
»Ich habe kein Garn zum Weben«, sagte sie mit schwacher Stimme.
Ein Versäumnis seinerseits, erkannte er, das er gutzumachen hätte.
»Warum habt Ihr das getan?«
Er wünschte, sie hätte ihn mit ihrem üblichen Spott angesprochen und nicht in diesem weichen Ton, der den Wunsch in ihm weckte, sie in die Arme zu nehmen und an sich zu drücken und ihr zuzuflüstern, dass er dafür sorgen würde, dass ihr nichts geschähe.
Er hatte geglaubt, dass seine Gründe dafür, sie hierherzubringen, in der Vergangenheit lägen und in der Verpflichtung gegenüber einer Jungenfreundschaft, doch plötzlich begriff er, dass es weniger mit Fergus und James zu tun hatte als mit
ihr.
Er wollte nicht das Kind Leitis beschützen, sondern die Frau mit den rebellischen Augen.
Stolz war eine Eigenschaft der Highlander, und eine, die Leitis im Überfluss besaß. Mut, Halsstarrigkeit, Loyalität, sie hatte all die Eigenschaften, die diesen Menschen halfen auszuharren, wo andere zugrunde gegangen wären.
Die Antwort, die er ihr gab, war stark vereinfacht, verriet nicht, was sich dahinter verbarg: »Um Euch für den Verlust Eures Heims zu entschädigen.«
»Wart Ihr in Culloden dabei?«, fragte sie, ohne den Blick von dem Webstuhl zu lösen.
»Ja.« Er war entschlossen, ihr die Wahrheit zu sagen, wann immer er konnte. »Warum wollt Ihr das wissen?«
Sie drehte sich zu ihm um, und ihr Blick blieb an der Medaille an seinem Rockaufschlag hängen, die er mehr zum Schutz als aus Stolz trug.
»Weil ich nicht vergessen kann, wer Ihr seid und was Ihr getan habt«, erwiderte sie leise. Sie schaute auf. Ihre Augen waren verschleiert, als weine sie, gestattete den Tränen jedoch nicht zu rollen. »Auch wenn Ihr zu einer freundlichen Handlung fähig seid.«
»Betrachtet es als Bestechung, wenn Ihr wollt«, sagte er. »Als Mittel, Euch hierzubehalten.«
»Dafür benutzt Ihr doch schon meinen Onkel«, gab sie zurück.
Er nickte.
»Was seid Ihr für ein Mensch, dass Ihr mir droht, Hamish aufhängen zu lassen?«
»Ich bin
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