Die Rose des Propheten 1 - Das Buch der Götter
war noch immer benommen, doch allmählich dämmerte ihr, daß ihr abenteuerlicher Plan, die Pferde zu stehlen, weit davon entfernt war, den Zorn ihres Gatten heraufzubeschwören. Statt dessen hatte er dazu geführt, daß Khardan ihr gegen seinen Willen Respekt zollen mußte.
Na ja, überlegte sie, was konnte man von einem Dieb schon anderes erwarten?
»Darum schlage ich vor«, führte Khardan gerade aus, »daß wir den Krieg zwischen unseren beiden Stämmen beenden. Außerdem«, der Kalif bedachte seinen Vater mit einem durchdringenden Blick, »mache ich den Vorschlag, daß wir den Hrana die Pferde verkaufen…«
»Niemals!« entfuhr es Majiid. Der Scheich ballte die Faust. »Ich schwöre, daß ich…«
»… schwöre keinen törichten, unüberlegten Eid, bevor du nicht gehört hast, was ich euch vorschlagen möchte«, unterbrach ihn Khardan energisch.
Majiids Augen funkelten wütend. Er schwieg jedoch, und sein Sohn fuhr fort.
»Wir verkaufen die Pferde an die Hrana und erhalten als Gegenleistung dafür monatlich zwanzig Schafe. Die Hrana dürfen dann zu Pferd die Wüste durchqueren, um zu ihren Herden in die Berge zu gelangen, aber keine Schafe hüten!« Der Kalif wandte seinen durchdringenden Blick nun Jaafar zu. »Würde das deine Zustimmung finden?«
»Ja! Ja! Das kann ich dir versichern!« stotterte Jaafar hervor und betrachtete Khardan zugleich mit einer Mischung aus Erstaunen und tiefer Erleichterung.
Seit der Nacht des Überfalls hatte sich der Scheich damit abgefunden gehabt, seine Tochter wieder in seinem Zelt aufzunehmen und bis ans Ende seiner Tage mit ihr in Schande leben zu müssen. Nun wurden ihm jäh anstelle der eigensinnigen Tochter Pferde angeboten! »Gelobt sei Akhran«, fügte der Scheich demütig hinzu.
Ganz anders dagegen Majiid: Sein Gesicht war von Zornesröte überzogen. Die Augen traten vor Empörung hervor. Er bedachte seinen Sohn mit einem Blick, bei dem viele andere Männer vor Schreck das Weite gesucht hätten. Doch Khardan erwiderte diesen Blick ruhig, standhaft und unerschütterlich. Sein bärtiges Kinn blieb fest und unbeugsam.
Unter gesenkten Lidern beobachtete Zohra das Geschehen und empfand auf einmal Bewunderung für ihren Gatten. Beunruhigt und erschreckt von dieser unerwarteten Regung, versuchte sie sich einzureden, daß sie lediglich den Triumph über ihn genoß.
»Aber… keine… Schafe… hüten!« stieß Majiid zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Nein, nein!« versprach Jaafar.
Majiid focht einen letzten, qualvollen inneren Kampf mit sich aus. Er hatte Schaum vor dem Mund, als hätte man ihn vergiftet. »Bah!« stieß er schließlich hervor und erhob sich. »So sei es denn!«
Majiid schlug die Plane am Eingang zurück und schickte sich an, das Zelt zu verlassen, als sein Sohn noch einmal das Wort an ihn richtete.
»Ich bitte dich, mir noch einen Augenblick zuzuhören, Vater«, sagte Khardan respektvoll.
»Was denn noch? Was willst du ihm noch alles geben?« brüllte Majiid. »Etwa deine Mutter?« Er wandte sich Jaafar zu und fuchtelte wild mit den Armen. »Nimm sie dir! Nimm doch alle meine Frauen!« Er zog seinen Dolch aus dem Gürtel und streckte ihn dem Scheich entgegen. »Hier, nimm meinen Magen! Meine Leber! Schneid mir das Herz aus dem Leib! Reiß mir die Lunge heraus! Mir scheint, mein Sohn möchte, daß du auch alles andere von Wert erhältst!«
Khardan mußte ein Lächeln unterdrücken. »Ich wollte lediglich vorschlagen, Vater, daß ich schon etwas eher als ursprünglich geplant, zur Stadt Kich aufbreche, damit sich die Gemüter hier etwas abkühlen können. Das wird den Heißspornen auf beiden Seiten Gelegenheit geben, etwas anderes zu tun, als vor sich hin zu brüten und ihre Wunden zu lecken. Wir könnten Jaafars Leute bis zu den Hügeln begleiten und von dort aus weiter zur Stadt reiten.«
»Meinetwegen, dann geh doch zu Sul mit ihm!« knurrte Majiid und stolzierte aus dem Zelt.
Seufzend blickte Khardan ihm nach. Dann wandte er sich an Scheich Jaafar. »Mein Vater wird zu seinem Wort stehen. Darüber hinaus werde ich dafür sorgen, daß auch unsere Leute sich an die Abmachungen halten werden.« Die Stimme des Kalifen klang frostig. »Doch merke dir eins: Wir bleiben nach wie vor Feinde. Dennoch geloben wir bei dem Ehrwürdigen Akhran, daß es vorläufig keine weiteren Raubzüge und keine weiteren Überfälle mehr geben wird und kein Akar die Hand gegen einen Hrana erhebt.«
»Ich gelobe das gleiche. Wann bekommen wir die
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