Die Rose des Propheten 1 - Das Buch der Götter
den Dolchen, die in ihren Schärpen steckten, und streichelten die Griffe ihrer Krumm- und Langsäbel. Als man Braut und Bräutigam auf die vorgesehenen Plätze gezerrt und geschoben hatte, ging ein murrendes Raunen durch die Reihen.
»Laßt uns dieses unwürdige Schauspiel zu Ende bringen!« stieß Scheich Jaafar al Widjar keuchend hervor. Schweiß lief unter seinem Kopftuch heraus, während er seine widerspenstige Tochter mit beiden Armen festhielt. »Ich kann sie nicht mehr lange halten, und wenn sich der Knebel von ihrem Mund löst…« Angesichts des dann drohenden Unheils versagte ihm die Stimme.
»Knebel! Wie soll sie das Ehegelöbnis sprechen, wenn sie geknebelt ist?« fragte Majiid al Fakhar.
»Ich werde es sprechen«, raunzte Jaafar al Widjar.
Blutspuren befleckten die Ärmel des Brautkleids, denn die Hände seiner Tochter waren beim Versuch, die Fesseln um ihre Handgelenke abzustreifen, aufgescheuert.
Jaafar bemerkte Majiid al Fakhars zweifelnden Blick, so daß er barsch hinzufügte: »Sie ist die mächtigste Zauberin im Harem meiner Frauen. Wenn man ihr erlaubt zu sprechen, wird sie ihre Magie einsetzen!«
»Pah! Weiber-Magie!« entgegnete Majiid verächtlich, wobei er einen unangenehm berührten Blick auf die tief verschleierte Braut warf. Der Scheich griff nach seinem betrunkenen Sohn und hielt ihn fest, da Khardan bereits bedrohlich wankte. Mit einem heftigen Ruck richtete er ihn wieder auf. »Sond! Wenn Jaafar das Ehegelöbnis seiner Tochter spricht, werden dann sie und mein Sohn in den Augen Hazrat Akhrans vermählt sein?«
»Selbst wenn das Kamel ihres Vaters das Gelöbnis spricht, wäre Zohra im Angesicht Hazrat Akhrans vermählt!« grollte Sond und schaute dabei Fedj wissend an.
Der andere Dschinn machte mit der Hand ein zustimmendes Zeichen und nickte. »Macht weiter!« Goldene Armreifen blitzten an einem muskulösen Arm im Licht der am Zeltdach aufgehängten Öllampen.
»Ausgezeichnet«, stimmte Majiid mit unfreundlicher Miene zu. Er nahm seinen Platz zwischen dem Hochzeitspaar ein, das zu beiden Seiten von den grimmig dreinschauenden Dschinnen flankiert wurde. Der Scheich hob seinen Blick trotzig gen Himmel. »Wir, die Auserwählten des heiligsten und wohltätigsten Gottes Akhran des Wanderers, sind durch eine Botschaft unseres großen Herrn zusammengeführt worden, damit unsere beiden Stämme verbunden werden durch die Vermählung meines Sohnes, Khardan al Fakhar, Kalif seines Volkes, mit dieser Tochter eines Schaf…«
Ein schriller Aufschrei der gefesselten und geknebelten Zohra und ein plötzliches Vorschnellen der Braut in Richtung Majiid al Fakhars führten zu einer vorübergehenden Unterbrechung der Zeremonie.
»Was ist das für eine unverschämte Beleidigung, ›Tochter eines Schafs‹? Ich bin Jaafar al Widjar, und Zohra ist meine Tochter, Prinzessin meines Volkes!« schrie Jaafar, umfaßte seine Tochter an den Hüften und zerrte sie mit aller Kraft zurück.
»Zohra, Prinzessin der Schafe«, fuhr Majiid ungerührt fort.
»Immer noch besser als der vierbeinige Sohn eines Pferds!«
Mit einem Arm hielt Jaafar seine um sich tretende und schreiende Tochter umklammert, mit dem anderen griff er nach dem schwankenden und blöde grinsenden Bräutigam und versetzte ihm einen kräftigen Stoß. In trunkener Wut lief Khardan rot an und taumelte gegen seine Eltern, die er beinahe zu Fall brachte. Dann torkelte, er wieder vorwärts, um zu einem ungebärdigen Schwinger gegen seinen zukünftigen Schwiegervater auszuholen.
Auf beiden Seiten des Festzelts verwandelte sich das unterdrückte Murren jetzt in offenkundige, ungestüme Beleidigungen. Auf der Seite der Braut gellten laute Schreie auf, und das Rasseln blankgezogener Waffen ertönte, was auf der Seite des Bräutigams sofort das Klirren aufeinanderschlagenden Stahls nach sich zog. Sayal, ein Bruder der Braut, stürzte sich auf Achmed, den Bruder des Bräutigams, und die Cousins warfen sich freudig mit in den Kampf. Ein riesiger Krawall bahnte sich an, als die Raufenden plötzlich durch einen blendenden Lichtblitz und eine betäubende Explosion zu Boden geschleudert wurden, die sogar den Mittelpfosten des Zelts in beängstigender Weise zum Schwanken brachte.
Voller Erstaunen, was sie wohl getroffen haben mochten, rieben sich die Brüder und Cousins verblüfft die geblendeten Augen und hielten sich die dröhnenden Ohren. Sonds Turban stieß gegen den höchsten Punkt des gut sieben Fuß hohen Zeltdachs. Die muskulösen Arme vor der
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