Die Rose des Propheten 1 - Das Buch der Götter
unserem Lager im Vorgebirge auftauchten, da haben wir, die Hrana, aus reiner Herzensgüte und aufgrund der Ermahnung unseres lieben Hazrat Akhran, allen seinen Kindern Achtung zu erweisen, uns der armen Tiere angenommen, doch edel, wie diese Geschöpfe nun einmal sind, wollten sie es einfach nicht zulassen, daß wir die Mühe des Fütterns und Pflegens auf uns nahmen, ohne uns als Gegenleistung ihre Dienste anzubieten.« Usti holte tief Luft. Seine letzten Ausführungen hatten ihn vollständig außer Atem gebracht.
»Ich verstehe«, sagte Zohra abwesend, während sie nachdachte und das kalte Metall der Schmuckschatulle gegen die Wange drückte. »Und wie soll ich nun meinen Vater von den Vorzügen dieses Plans überzeugen? Der fromme Narr wird es nie erlauben.«
»Dein Vater, gepriesen sei sein Name, ist ein alter Mann, o Herrin. Man sollte Sorge tragen, ihm seine letzten Tage auf Erden mit Glück und Frieden zu füllen. Deshalb schlage ich vor, ihn nicht mit derart beunruhigenden Angelegenheiten zu behelligen. Ich bin sicher, daß es junge Männer in eurem Stamm gibt, die bereit wären, wenn nicht sogar voller Eifer, an einem solchen Abenteuer teilzunehmen!«
Zohra lächelte. An dem, was Usti gesagt hatte, bestand kein Zweifel. Bei dem letzten säbelrasselnden Scharmützel zwischen den beiden befeindeten Stämmen waren viele junge Hrana – ihr eigener Cousin eingeschlossen – blutend und zerschlagen im Sand des Schlachtfelds zurückgeblieben. Die Hrana hatten ihre Wunden gepflegt und zu Akhran gebetet, er möge ihnen Vergeltung gewähren. Im stillen verfluchten sie Jaafar, der einer offenen Kriegserklärung im Wege gestanden hatte. Für diese jungen Männer wäre ein solcher Streifzug so recht nach ihrem Geschmack gewesen. Und es würde ihnen mit Sicherheit auch keine Gewissensbisse bereiten, diesen Streich vor ihrem Scheich geheimzuhalten.
»Wann soll es losgehen?«
»Genau in einer Woche, Herrin. Dann wird der Mond nicht vom Himmel lächeln, und unsere Taten werden unter dem Mantel der Dunkelheit verborgen bleiben. Das gibt mir außerdem genügend Zeit, die Männer, die du auswählen wirst, mit unserem Plan vertraut zu machen.«
»Anscheinend habe ich dich bisher unterschätzt«, gab Zohra großmütig zu.
»Meine Herrin, du bist zu liebenswürdig!« Usti verneigte sich demütig.
Zohra ließ sich in einer Ecke des Zeltes auf dem einzigen Kissen nieder, das ihrem Zorn entgangen war, und öffnete die Schmuckschatulle. Sie wählte ein goldenes, mit Saphiren besetztes Armband aus, streifte es über und betrachtete es von allen Seiten. Bewundernd sah sie, wie sich die Strahlen der Mittagssonne in den Juwelen brachen.
»Und jetzt«, befahl sie ihm, wobei sie gelangweilt mit einer Hand auf das Chaos in ihrem Zelt wies, »schaff hier Ordnung!«
»Ja, Herrin«, sagte der Dschinn und stieß einen tiefen Seufzer aus.
8
Mit Beginn der Morgendämmerung erglühte der Osten in zartem Gold. Eine einsame Wolke trieb von Süden her an die Zeltlager der Akar und Hrana am Fuß des Tel heran. Die wundersame Wolke kreuzte somit gemächlich den Lauf der Winde, die in östlicher Richtung bliesen. Oben auf der Wolke legten sich zwei Dschinnen so gemütlich zwischen die flüchtigen Nebelschwaden zurück wie auf den feinsten Kissen einer fürstlichen Liegestatt.
Der erste Dschinn war von großer, gutgebauter Statur mit einer Haut so schwarz wie Ebenholz. Er trug ein goldenes Gewand, schwere, goldene Ohrringe, die ihm bis auf die Schultern herabhingen, und Gold an den Armen so reichlich, daß es als Lösegeld für einen Sultan genügt hätte. Sein Gesicht spiegelte die ungestüme Wildheit des Kriegerdschinns vom Stamm der Dschinnkrieger. Neben ihm saß der wendige kleine Pukah vor einem Korb voller Feigen, die er genüßlich verzehrte, während er munter auf ihn einredete.
»Ja, Freund Raja, so hatte also unser Gott, der ehrwürdige Akhran, befohlen, daß sich der Stamm Scheich Jaafar al Widjars mit dem Stamm Scheich Majiid al Fakhars zusammentut und daß sie fortan gemeinsam in Frieden und Harmonie am Fuße des Tel leben. Des weiteren sollte dieses einzigartige Bündnis durch die Ehe der Tochter Jaafars mit dem Sohn Majiids besiegelt werden.«
»Und, haben sie dann geheiratet?« brummte Raja. Er lag ausgestreckt auf der Wolke und schwang einen riesigen Krummsäbel vor sich durch die Luft, dessen Klinge er im Licht der aufgehenden Sonne in Augenschein nahm, um ihre Schärfe zu prüfen.
»Aber gewiß doch!« nickte
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